Hamburg. Trotz des 1:0-Siegs gibt es beim HSV nicht viel zu lachen. Die Fans pfeifen, der Trainer schimpft – und zwei Profis verletzen sich.
Die Erleichterung stand den HSV-Profis ins Gesicht geschrieben, als sie am Montagabend um 22.30 Uhr vor der Nordtribüne mit den Fans feierten. Dank eines späten Treffers von Aaron Hunt (85.) hatten die Hamburger eine Blamage gegen Greuther Fürth gerade noch vermieden. Nach einer größtenteils gruseligen Leistung rettete der Kapitän mit seinem Siegtreffer zum 1:0 (0:0) seine Mannschaft und vor allem die Stimmung sechs Tage vor dem Stadtderby beim FC St. Pauli. „Wir wollen den Derbysieg“, sangen die Fans, denen offenbar egal war, dass der HSV zuvor ein ganz schlechtes Spiel gemacht hatte. Wir haben richtig schlecht gespielt, zu Hause viel zu wenig Druck erzeugt“, sagt Matchwinner Hunt. „Aber eine Spitzenmannschaft gewinnt solche Spiele.“
Die HSV-Profis in der Einzelkritik
Uns so endete ein Tag, der für den HSV alles andere als gut begonnen hatte. Am Nachmittag sickerte zunächst durch, dass Fiete Arp wegen seiner Schädelprellung ausfallen würde. Die Mannschaftsärzte hatten dem Stürmer Spielverbot erteilt. Die wesentlich schwerwiegendere Nachricht ereignete sich allerdings kurz vor dem Anpfiff. Torhüter Julian Pollersbeck hatte sich beim Warmmachen verletzt. Schnell war klar, dass die Nummer eins wegen muskulärer Probleme nicht spielen kann. Für ihn kam Tom Mickel erstmals in dieser Zweitligasaison zum Einsatz – ausgerechnet gegen seinen Ex-Club Fürth.
HSV-Fans pfeifen zur Halbzeit
Die Hoffnungen des HSV ruhten vor allem auf den Schultern des Kapitäns. Hunt feierte vier Wochen nach seinem Faserriss sein Comeback. Für den Spielmacher musste Berkay Özcan zunächst auf die Bank. „Aaron ist eine große Persönlichkeit. Er kann mit seinen Pässen ein Spiel alleine entscheiden“, sagte Orel Mangala vor dem Spiel. Der gelb-rot-gesperrte Belgier wurde im defensiven Mittelfeld von Gotoku Sakai ersetzt.
Der HSV versuchte in der Anfangsphase die Fürther früh unter Druck zu setzen. Stürmer Pierre-Michel Lasogga hatte gleich drei Schusschancen in den ersten 15 Minuten. Die beste davon parierte Sascha Burchert mit einem starken Reflex (13.). Anschließend verloren die Hamburger allerdings total die Linie. Im Spielaufbau lief nichts zusammen. Mickel hatte im Tor mehr zu tun als ihm lieb war. Gegen Maximilian Wittek musste er zum ersten Mal sein Können zeigen (26.). So schwach hatte sich der HSV im Volkspark lange nicht präsentiert.
Die HSV-Fans in der mit 36.560 Zuschauern mäßig besetzten Arena quittierten die Leistung bereits zur Pause mit Pfiffen. Zur ersten Hälfte des HSV gesellte sich zu allem Überfluss auch noch eine weitere Verletzung. Hee-chan Hwang zog sich bei einem Zweikampf eine Muskelverletzung im Oberschenkel zu. Der Südkoreaner musste ausgewechselt werden und droht erneut mehrere Wochen auszufallen. Für ihn übernahm Özcan die Position auf dem rechten Flügel (38.).
Azzouzi witzelt über Sakais Zettelwurf
Kurios: Als Wolf seine Umstellung auf einen Zettel schrieb und sie Sakai reichte, warf der Japaner diesen anschließend zur Außenlinie. Fürths Co-Trainer Andre Mijatovic schnappte sich den Zettel und studierte in aller Ruhe die Notizen des HSV. „Er dachte, da steht ein japanisches Kochrezept drauf“, witzelte Fürths Sportdirektor Rachid Azzouzi bei Sky.
Wolf reagierte in der Halbzeit auf den schlechten Auftritt seiner Mannschaft und stellte erneut um. Gideon Jung kam für den schwachen Lewis Holtby in die Partie und bildete zusammen mit Sakai eine Doppelsechs, während Hunt offensiver agierte. Besser wurde das HSV-Spiel dadurch aber nicht. Im Gegenteil. Die Fürther wurden immer mutiger, Paul Seguin zwang Mickel mit einem Distanzschuss zu einer weiteren Parade (52.). Und der HSV wurde von Minute zu Minute schlechter.
Harter Platzverweis für Julian Green
Hoffnung hatten die Fans, als Fürth Mitte der zweiten Halbzeit nur noch mit zehn Mann spielte. Der frühere HSV-Profi Julian Green versuchte im Strafraum einen Elfmeter herauszuholen, als er von Jung an der Schulter berührt wurde. Schiedsrichter Christian Dingert schickte Green mit Gelb-Rot vom Platz (67.). Eine harte Entscheidung, zumal Green zuvor bereits im Abseits stand. Doch auch in Überzahl ging beim HSV nichts mehr. 12:0 Torschüsse hatte Fürth seit der 17. Minute. Ein absolutes Armutszeugnis.
Doch als alles nach einem enttäuschenden 0:0 aussah, schlug der HSV doch noch zu. Der erste und einzig gute Spielzug über Özcan und Khaled Narey landete bei Hunt, der den Ball aus kurzer Distanz über die Linie drückte (85.). Der Kapitän rettet den HSV – und vor allem die Stimmung kurz vor dem Derby. Allerdings meldete Hannes Wolf hinsichtlich der Leistung seiner Mannschaft bereits Gesprächsbedarf an. "Ich bin nicht bereit, das schönzureden. Im nächsten Spiel müssen wir definitiv besseren Fußball spielen, daran müssen wir arbeiten", sagte der unzufriedene Trainer bei "Sky".