Hamburg. Nach der Regensburg-Pleite steigt der Druck im Volkspark. Trainer Wolf hofft auf die Heimstärke – und Kapitän Hunt.

Bernd Hoffmann lief mehrfach zwischen Campus und Volksparkstadion hin und her. Der Vorstandsvorsitzende des HSV telefonierte und gestikulierte dabei phasenweise wild mit den Armen. Es war Montagvormittag, der Tag nach der 1:2-Niederlage in Regensburg. Ein unerwarteter Rückschlag im Kampf um den Wiederaufstieg in die Bundesliga. Es gab einiges zu besprechen nach diesem Spiel, das Spuren hinterlassen hatte. „Natürlich war das Spiel in jeglicher Hinsicht eine große Enttäuschung“, sagte Hoffmann dem Abendblatt nach der dritten Niederlage im sechsten Rückrundenspiel. Mehr als in der gesamten Hinrunde. Flattern beim HSV jetzt die Aufstiegs-Nerven?

Fast auf den Tag genau fünf Monate ist es her, dass eine Niederlage gegen Regensburg zum großen Knall führte. 0:5 verlor der HSV am 23. September gegen den SSV Jahn. Der Vorstand rückte nach der Blamage von Trainer Christian Titz ab und vollzog drei Wochen später die Trennung, weil er die „Ziele gefährdet sah“. Mit Nachfolger Hannes Wolf stabilisierte sich der HSV, steht nun schon seit fast drei Monaten an der Tabellenspitze.

Doch schon morgen könnten die Hamburger die Position verlieren, wenn der 1. FC Köln das Nachholspiel in Aue gewinnt. Und schon in zwölf Tagen könnte der FC St. Pauli mit einem Sieg im Stadtderby bis auf einen Punkt an den HSV heranrücken. Nach der völlig unnötigen Niederlage in Regensburg ist der Druck auf den HSV, der aufgrund der wirtschaftlichen Schieflage zum Aufstieg verdammt ist, wieder deutlich gestiegen.

Hoffmann: „Dürfen nicht in alte HSV-Reflexe verfallen“

Clubchef Hoffmann ist bemüht, nach der erneuten Regensburg-Pleite die Ruhe zu bewahren. „Wir dürfen jetzt nicht in alte HSV-Reflexe verfallen und nach irgendwelchen Schuldigen suchen“, sagt er in dem Wissen, dass die Schuldverteilung am Sonntag auf mehrere Konten ging. Angefangen bei Pierre-Michel Lasoggas Fehlschuss in Halbzeit eins. Fortgeführt von Orel Mangalas mangelnder Cleverness, die zum Platzverweis und damit zur Wende des Spiels führte. Aufgehört bei Trainer Wolf, der mit der Auswechslung des gelbverwarnten Mangalas zu lange wartete. Hinzu kamen zu viele Spieler, die unter ihrem Leistungslimit blieben.

Schon am Montagmorgen setzte sich Wolf mit seiner Mannschaft im Volksparkstadion zu einer ausführlichen Videoanalyse zusammen. „Wir haben uns über den Verlauf und das Ergebnis sehr geärgert, deswegen ist das Spiel noch nicht ganz verarbeitet“, sagte Wolf drei Stunden später, als er am Trainingsplatz zu den Medien sprach. „Es gibt schon einige Erkenntnisse, die wir nach innen besprochen haben.“ Nach außen tragen wollte der Coach diese verständlicherweise nicht. Seine mediale Zusammenfassung formulierte Wolf letztlich in einem schlichten, verständlichen Satz: „Wir müssen einfach besser spielen.“

HSV-Spieler ziehen sich eigenmächtig nach Führung zurück

Konkret geht es dem Cheftrainer vor allem um das Offensivspiel. Zum wiederholten Mal zog sich seine Mannschaft nach einer Führung zurück, anstatt entschlossener auf das 2:0 zu drücken. Ein Verhalten, das nicht von ihm, dem Trainer, vorgegeben sei, so Wolf. Der 37-Jährige will von seiner Mannschaft künftig wieder mehr Verlangen nach dem Ball sehen. „Wenn wir den Ball haben, müssen wir ihn auch behalten wollen.“

Eine Eigenschaft, die sich der Trainer auch von der Rückkehr des Kapitäns erhofft. Aaron Hunt konnte am Montag wieder das gesamte Spielersatztraining bestreiten und steht Wolf am kommenden Montag gegen Fürth zur Verfügung.

Der Blick geht nach vorn: Trainer Hannes Wolf will das 1:2 in Regensburg schnell abhaken.
Der Blick geht nach vorn: Trainer Hannes Wolf will das 1:2 in Regensburg schnell abhaken. © WITTERS | LennartPreiss

Der Auftrag an seine Mannschaft ist klar definiert. „Wir müssen mehr Tore schießen“, gibt Wolf vor. Von eine Fe­bruar-Depression will der Fußballlehrer nichts wissen. Eine Leistungsdelle hat aber auch er in den vergangenen Wochen erkannt, insbesondere beim 2:2 in Heidenheim und nun in Regensburg. „Die letzten beiden Spiele hat ein Tick gefehlt, da waren wir nicht am Limit. Da müssen wir schnellstmöglich wieder hinkommen“, sagt Wolf.

Fans reagieren panisch auf Negativserie

Während in Fan-Foren nach dem neuerlichen Rückschlag bereits wieder panisch über die Verantwortlichen diskutiert wurde, bleibt Wolf nach außen ruhig. Nach innen hat er seiner Mannschaft klare Botschaften mit auf den Weg gegeben. „Es ist nicht so, dass wir da sitzen und sagen, das kann ja mal passieren. Es geht jetzt darum, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Eine Grundunruhe ist immer da. Das ist auch wichtig. Es ist Hochleistungssport, es geht um viel.“

HSV: Wolf analysiert das 1:2 in Regensburg

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    Wolf kennt sich mit dieser Situation aus. Vor zwei Jahren blieb er mit dem VfB Stuttgart in der Zweiten Liga zwischen dem 23. und dem 27. Spieltag fünf Partien in Folge sieglos. Die Wende schaffte der VfB durch einen Derbysieg gegen Karlsruhe. Den Aufstieg finalisierten die Stuttgarter Schwergewichte erst am letzten Spieltag. Ein gutes Omen auch für den HSV? „Wir können es am Ende schaffen“, sagt Wolf, „aber jeder sieht, dass es kein Selbstläufer wird.“

    Der Coach setzt auf die Hamburger Heimstärke. Und der Clubchef auf starke Nerven von allen Beteiligten. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass diese Zweite Liga für uns ein riesige Herausforderung sein wird“, sagt Hoffmann. „Und wenn wir es schaffen sollten, den Aufstieg am letzten Spieltag im Heimspiel gegen Duisburg klarzumachen, dann würde mir persönlich das auch völlig reichen.“

    HSV verliert auch das Rückspiel gegen Regensburg

    Glücklich sieht anders aus: Hannes Wolf und der HSV haben bei Jahn Regensburg mit 1:2 verloren.
    Glücklich sieht anders aus: Hannes Wolf und der HSV haben bei Jahn Regensburg mit 1:2 verloren. © Witters
    Auch die Reaktionen der Spieler sprachen Bände.
    Auch die Reaktionen der Spieler sprachen Bände. © Witters
    Der Anfang vom Ende: In der 69. Minute flog Orel Mangala nach Handspiel mit Gelb-Rot vom Platz.
    Der Anfang vom Ende: In der 69. Minute flog Orel Mangala nach Handspiel mit Gelb-Rot vom Platz. © Witters
    Die Überzahl nutzte Regensburg gnadenlos aus – in der 81. Minute traf Marco Grüttner zum entscheidenden 2:1.
    Die Überzahl nutzte Regensburg gnadenlos aus – in der 81. Minute traf Marco Grüttner zum entscheidenden 2:1. © Imago/Sven Simon
    Und wieder grüßt das Schreckgespenst: Sargis Adamyan (2.v.l.), mit drei Treffern maßgeblich am 5:0-Hinspielsieg beteiligt, traf zuvor zum Ausgleich (74.).
    Und wieder grüßt das Schreckgespenst: Sargis Adamyan (2.v.l.), mit drei Treffern maßgeblich am 5:0-Hinspielsieg beteiligt, traf zuvor zum Ausgleich (74.). © Witters
    Noch nie dagewesene Gefühle: David Bates wird von Berkay Özcan für das erste Zweitligator geherzt.
    Noch nie dagewesene Gefühle: David Bates wird von Berkay Özcan für das erste Zweitligator geherzt. © Imago/Jan Hübner
    Auch Rick van Drongelen (l.) konnte sich in der 16. Minute für seinen Abwehrkollegen freuen.
    Auch Rick van Drongelen (l.) konnte sich in der 16. Minute für seinen Abwehrkollegen freuen. © Witters
    Auch vor dem Anpfiff in Regensburg gab es schon eine Hamburger Spielertraube.
    Auch vor dem Anpfiff in Regensburg gab es schon eine Hamburger Spielertraube. © Witters
    Im Spiel brachte der Tabellenführer vor allem Jahns Torhüter Philipp Pentke wiederholt in Bedrängnis.
    Im Spiel brachte der Tabellenführer vor allem Jahns Torhüter Philipp Pentke wiederholt in Bedrängnis. © Witters
    In der 25. Minute wäre Pierre-Michel Lasogga am liebsten im Erdboden versunken: Der Top-Torjäger vergab freistehend vor Pentke kläglich.
    In der 25. Minute wäre Pierre-Michel Lasogga am liebsten im Erdboden versunken: Der Top-Torjäger vergab freistehend vor Pentke kläglich. © Imago/DeFodi
    Özcan im Duell mit Andreas Geipl (l.).
    Özcan im Duell mit Andreas Geipl (l.). © Witters
    Tolle Choreo auch ohne Pyro: Die HSV-Fans in Regensburg.
    Tolle Choreo auch ohne Pyro: Die HSV-Fans in Regensburg. © Witters
    Gotoku Sakai durfte nach abgelaufener Rotsperre wieder springen.
    Gotoku Sakai durfte nach abgelaufener Rotsperre wieder springen. © Witters
    Douglas Santos kehrte nach überstandener Oberschenkelzerrung zurück in den Kader.
    Douglas Santos kehrte nach überstandener Oberschenkelzerrung zurück in den Kader. © Imago/kolbert-press
    Auch Pierre-Michel Lasogga meldete sich einsatzbereit.
    Auch Pierre-Michel Lasogga meldete sich einsatzbereit. © Imago/kolbert-press
    Dagegen verzichtete HSV-Trainer Hannes Wolf in Regensburg auf den besten Auswärtstorschützen Khaled Narey.
    Dagegen verzichtete HSV-Trainer Hannes Wolf in Regensburg auf den besten Auswärtstorschützen Khaled Narey. © Imago/kolbert-press
    Vor dem Anpfiff gab es eine herzliche Begrüßung mit Jahn-Coach Achim Beierlorzer.
    Vor dem Anpfiff gab es eine herzliche Begrüßung mit Jahn-Coach Achim Beierlorzer. © Imago/kolbert-press
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