Hamburg. Sönke Niefünd würde die neue Fananleihe nur eingeschränkt empfehlen. Angesichts der Risiken sei der Zinssatz zu niedrig angesetzt.
Sechs Prozent Zinsen, sieben Jahre Laufzeit: Die Konditionen der neuen HSV-Fananleihe sind, soweit bisher bekannt, auf den ersten Blick durchaus verlockend. Doch Sönke Niefünd, Leiter der Vermögensverwaltung der Hamburger Privatbank Otto M. Schröder, rät zur Vorsicht.
Hamburger Abendblatt: Würden Sie Kunden zum Kauf dieser Anleihe raten?
Sönke Niefünd: Wir empfehlen – wie bei jeder Kapitalanlage – stets das Chance-Risiko-Verhältnis zu beachten und sich nicht von einer hohen Rendite in die Anlagen locken zu lassen. Der dabei deutlich über dem Kapitalmarktniveau angebotene Zinssatz verdeutlicht bereits, dass bei dieser Anlage ein erhöhtes Risiko eingegangen wird. Aufgrund des doch sehr geringen Volumens der Anleihe von 17,5 Millionen Euro, im Vergleich zu Unternehmensanleihen mit 500 Millionen Euro, dürfte die Anleihe wenig Umsatz pro Tag an der Börse verzeichnen und so einen schnellen Verkauf bei größeren Beträgen schwieriger werden lassen. Der HSV-Fan, der auch die emotionale Rendite im Auge hat, kann so seinen Verein unterstützen.
Ist aus Ihrer Sicht die neue HSV-Anleihe im Vergleich zu der von 2012 risikoreicher für die Zeichner, da sich die Rahmendaten durch den Abstieg und die zunehmende Verschuldung des Clubs geändert haben?
Neben dem Hamburger SV haben in der Vergangenheit der 1. FC Köln, 1. FC Nürnberg, Hertha BSC, der FC St. Pauli sowie der FC Schalke 04 eine solche Kapitalbeschaffung mit unterschiedlichen Ausgestaltungen gewählt. Die Rahmendaten haben sich verschlechtert, und daher müsste der Kupon der neuen Anleihe eigentlich höher sein.
Ist die Anleihe nur etwas für Fans ohne unmittelbares Gewinnbestreben oder auch etwas für institutionelle Anleger?
Das Beispiel der deutlichen Überzeichnung der börsennotierten Schalke-Anleihe 2016 zeigt, dass bei der Zielgruppe der Fans das Herz, das heißt die Liebe zum Verein, mehr Einfluss auf die Anlageentscheidung haben kann als ein kühler Kopf. Auch hierbei gilt, dass der wirtschaftliche Erfolg des Vereins von sportlichen Ereignissen beeinflusst wird, die künftig gegebenenfalls weniger Einnahmen generieren lassen. Für institutionelle Anleger ist die Anleihe weniger interessant, da diese ein zu geringes Gesamtvolumen aufweist. Für diese Art von Anleger gibt es weitaus bessere Anlagen.
Ist eine Fananleihe ein adäquater Weg für einen Verein, um ein Finanzloch zu stopfen?
Der Jahresetat eines professionellen Fußballvereins wird in der Regel durch folgende fünf Einnahmequellen gespeist: Erlöse aus TV-Rechten, aus dem Verkauf von Eintrittskarten und Fanartikeln, Werbegelder von Sponsoren, Einnahmen beim vorzeitigen Verkauf von Spielern und Einnahmen aus der Verteilungsquote diverser Wettbewerbe wie DFB-Pokal, Europa oder Champions League. Bei über den normalen Etat hinausgehenden Investitionen, zum Beispiel dem Bau eines neuen Jugendleistungszentrums wie damals beim HSV-Campus, werden neben der Aufnahme von Bankkrediten seit einigen Jahren sogenannte Fananleihen aufgelegt. Die Fananleihen sind im Vergleich zu vielen Bankkrediten günstiger. Besonders gehen die Vereine davon aus, dass Anleger der Fananleihe diese lieber eingerahmt an der Wand haben, als zur Fälligkeit einreichen. Bei Unternehmen ist das gängige Praxis, dass fällige Anleihen durch die Neuausgabe von neuen Anleihen bedient werden. Das ist nicht unüblich.
Was müsste der HSV über die bisher bekannten Daten hinaus anbieten, um potenzielle Interessenten zu überzeugen?
Sportlichen Erfolg und Transparenz in den Zahlen. Damit meine ich, dass die Geschäftszahlen häufiger veröffentlicht werden müssten, also in Form von Quartalszahlen. Zudem muss die Bilanz insgesamt transparenter werden. Eine Besicherung könnte auch helfen, damit Anleger gegen einen Totalverlust geschützt sind. Damit würde auch einhergehen, dass der Zins geringer sein könnte.