Hamburg. Hockey-Bundesligaspieler Tobias Lietz arbeitet im Volkspark und in Norderstedt als Leistungssportkoordinator beim HSV e.V.

Irgendwann ist es mal gut. Irgendwann. Das weiß jeder Leistungssportler. Dann steht die berufliche Karriere im Vordergrund. Und nicht mehr die sportliche. Über das Wie und Wann hat sich der Hockeyspieler Tobias Lietz (31) bereits Gedanken gemacht. Möglichst aufhören mit einem „Knaller“, das wäre nach seinem Geschmack. Dann könnte er leichteren Herzens Abschied nehmen von diesem Lebensabschnitt und sich auf das konzentrieren, was seit zwei Jahren schon seinen beruflichen Alltag bestimmt: auf den Job als Leistungssportkoordinator beim Hamburger Sport Verein – verantwortlich für die besten Athleten außerhalb des Profifußballs.

Doch noch ist Lietz auf dem Weg zu seinem vielleicht letzten Höhepunkt im Sport, seinem persönlichen Finale als Spieler auf absolutem Topniveau. In den kommenden Tagen wird es knüppelhart für die Hockeyherren des Harvestehuder THC. Um das Play-off-Viertelfinale zur deutschen Hallenmeisterschaft zu erreichen, müssen sie im Heimspiel (So, 18 Uhr, Barmbeker Straße) gegen den Club an der Alster und dann am 8. Januar (20.30 Uhr) beim Hamburger Polo Club punkten. „Es ist so eng, die Nordliga ist so verdammt stark“, sagt Abwehrspieler Lietz. „Ich bin sehr gespannt, wie es ausgeht.“

Spagat zwischen Arbeit und Leistungssport

Natürlich möchte er noch einmal zur DM-Endrunde. Seit elf Jahren spielt er für die Gelb-Schwarzen, war Kapitän, Nationalspieler, dreimal deutscher Meister in Halle und Feld, EHL-Champion – eine herausragende Karriere. Da möchte man nicht leise nach der Vorrunde zur deutschen Hallenmeisterschaft abtreten. Dennoch ist eine Entscheidung gefallen. „Der Gedanke ist stark da, den Leistungssport zu beenden“, formuliert er etwas spröde. Die Feldrückrunde in der Bundesliga will er nicht mehr spielen: „Trainer und Verein wissen Bescheid.“

Arbeit und Leistungssport gehen dann nicht mehr zusammen, wenn die beruflichen Anforderungen größer werden. Wenn die Abwägungen zwischen sportlichem und beruflichem Aufwand immer schwieriger werden. „In der Halle ist Bundesliga noch einfacher, weil die Reisen nicht so lang sind“, erklärt Lietz, „aber auf dem Feld, mit Fahrten nach Mannheim, Berlin oder Nürnberg – das ist etwas anderes.“

HSV kommt Lietz "sehr großzügig" entgegen

Es überhaupt so lange durchzuhalten, diese Doppelbelastung zwischen Leistungssport und dazu Ausbildung oder Job, ist schwierig genug. Ein Glück also, wenn man einen Arbeitgeber hat, der Verständnis für die Anforderungen eines Topathleten aufbringt. Tobias Lietz hat solch einen Arbeitgeber vor rund zwei Jahren gefunden. Es ist: nur der HSV. „Der Verein kommt mir sehr großzügig entgegen bei Arbeitszeiten oder Freistellungen“, erklärt er. „Sonst ginge das alles gar nicht.“

Seine Erfahrungen als Leistungssportler in der Welt zwischen Ausbildung, Training, dualer Karriere und optimaler Wettkampfvorbereitung sind beim HSV gefragt. Beim e.V. wohlgemerkt, also nicht bei den Profifußballern in der ausgegliederten AG, sondern beim gemeinnützigen Sportverein, in dem die Mitglieder selbst aktiv Sport treiben. Lietz, der Spitzenhockeyspieler, ist als Koordinator für die besten Leistungssportler verantwortlich. „Wir wollen zeigen, dass der HSV mehr ist als Fußball“, sagt er. „Wir wollen, dass auch andere Sportler im HSV Topleistungen bringen können.“

Amateur-Chef gefiel die Initiativ-Bewerbung

Lietz hat sein BWL-Studium mit dem Bachelor abgeschlossen und dann noch den Master in Sportmanagement draufgepackt. Alles neben der Hockeykarriere. Dann hat er im Sommer 2016 per Anzeige beim Hamburger Sportbund (HSB) Werbung für sich gemacht, um einen Praktikumsplatz in einem Sportverein zu ergattern. „Diese Initiative hat mir gut gefallen“, sagt Kumar Tschana, der Leiter Amateursport beim HSV. „Tobias Lietz ist wie viele Leistungssportler sehr gut strukturiert, eigeninitiativ und diszipliniert.“ Seit Anfang 2017 arbeitet er in Vollanstellung. „Ich bin als Schnittstelle zwischen Verein und unseren Abteilungsleitern für alle Belange im Bereich Leistungs- und Spitzensport zuständig. Hierzu gehört natürlich auch das Organisieren von Veranstaltungen sowie die Entwicklung von neuen Ideen, die ich gemeinsam mit den Verantwortlichen der Sportarten umsetzen kann.“

An vier Tagen in der Woche sitzt Lietz in seinem Büro auf dem HSV-Gelände in Norderstedt, einmal fährt er zu Besprechungen in die Geschäftsstelle Nord des Volksparkstadions. Und er ist viel unterwegs. „Ich spreche mit den Sportlern, mit Abteilungsleitern, auch mit Managern von Sportlern“, erzählt er. „Und ich betreue die Mannschaften im Spitzensport.“ Das sind vor allem die Panthers, das Futsalteam, das die Regionalliga Nord anführt. Dort ist die Entwicklung besonders spannend. Der DFB plant die Einführung einer Bundesliga, spätestens in zwei Jahren. Dafür müssen jetzt bereits die Voraussetzungen geschaffen werden.

Junge Leichtathleten sind besonders stark

Im „Junior Top-Team“ befinden sich Athleten und Mannschaften aus dem Nachwuchsbereich, die zum Beispiel in ihrer Sportart die Aufnahme in den Bundeskader erreicht haben oder bei deutschen Meisterschaften aussichtsreich unterwegs sind. Wie das neu aufgenommene Jugendtanzpaar Sandra Kretz (14) und Robin Boger (15). „ Besonders stark sind aber unsere Jugend-Leichtathleten“, sagt Lietz. Drei nationale Kaderathleten aus diesem Bereich sind für den HSV aktiv.

Im „Team Raute“ werden populäre Amateurmannschaften unterstützt. Das sind die Fußballer vom HSV III und das Eishockeyteam. Die Fußballfrauen stehen auf dem Sprung in diese Förderkategorie. „Jährlich einen niedrigen sechsstelligen Betrag“, so die offizielle Sprachregelung, investiert der HSV in seine Topsportler.

„Die Abteilungsleiter schlagen uns Sportler für die Förderung vor“, erklärt Lietz. „Ich mache mir dann ein Bild von ihnen, bevor wir eine Entscheidung treffen.“ Zielvorgaben, wann eine Meisterschaft gewonnen werden muss oder Ähnliches, soll es nicht geben. „Wir wollen unsere Mittel nachhaltig einsetzen. Wir möchten, dass die Athleten die Raute würdig vertreten.“ Und das eben nicht nur auf dem Fußballplatz.