Hamburg. Es wurde ein Antrag eingereicht, die bisherigen Vizepräsidenten Schaefer und Schulz abzuwählen. Die Folgen wären gravierend.
Für die Fußball AG des HSV, da wird es keine zwei Meinungen geben, war der vergangene Freitag ein guter Tag. 2:1 haben die Profis in Duisburg gewonnen – und durften anschließend nach elf Spielen in Folge ohne Niederlage die Hinrundenmeisterschaft feiern. Komplett unterschiedlicher Meinung kann man dagegen sein, ob besagter Freitag auch für den HSV e.V. ein guter Tag gewesen ist. Denn: Bis um Mitternacht hatten Mitglieder Zeit, Anträge für die Mitgliederversammlung am 19. Januar einzureichen. Und nach Abendblatt-Informationen hat zumindest ein Antrag – vorsichtig formuliert – Sprengstoffpotenzial.
Aber alles schön der Reihe nach: Formell gesichtet werden sollen die Anträge eigentlich erst am heutigen Montag, wenn sich im Volkspark die Vizepräsidenten Moritz Schaefer und Thomas Schulz mit der HSV-Geschäftsführung, den Vereinsjuristen und dem Ehrenrat treffen. Am Dienstag sollen dann sämtliche Anträge sowie die voraussichtliche Tagesordnung für die Mitgliederversammlung mit der Wahl des zukünftigen HSV-Präsidenten veröffentlich werden.
Doch genau diese Präsidentenwahl, bei der Aufsichtsrat Marcell Jansen, Ex-Vizepräsident Ralph Hartmann und Ex-Präsident Jürgen Hunke als Kandidaten bereitstehen, könnte nun in Gefahr geraten. Schuld daran hat ein Antrag von HSV-Mitglied Dieter Grzesik, der die Abwahl des amtierenden Restpräsidiums (Schulz und Schaefer) beantragt. Und an dieser Stelle wird die Gemengelage ein wenig kompliziert. Denn sollte Grzesiks Antrag, der bei der Mitgliederversammlung am 19. Januar vorgezogen werden dürfte, tatsächlich eine einfache Mehrheit erhalten, würde dies zwangläufig die Auflösung des Präsidiums und Neuwahlen auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zur Folge haben.
Schulz und Schaefer sind noch für drei Jahre im Amt
Würde, könnte, dürfte. Aus der sehr theoretischen Diskussion im Konjunktiv könnte ganz schnell eine ziemlich große Diskussion im Indikativ werden. Denn spielt man das Gedankenspiel bis zum Schluss durch, würde ein angenommener Grzesik-Antrag am 19. Januar eben auch bedeuten, dass sich Jansen, Hartmann und Hunke nach einer abgebrochenen Mitgliederversammlung gemeinsam mit dem Beirat Gedanken um alternative Vizepräsidenten machen müssten. Der Haken: Auch der Beirat (wie auch der Ehrenrat) soll am 19. Januar neu gewählt werden. Eine feste Frist für eine dann fällige außerordentliche Mitgliederversammlung gibt es im Übrigen nicht.
Hinter den Kulissen ist man sich der Brisanz des Antrags durchaus bewusst, obwohl die wenigsten ernsthaft glauben, dass der Antrag tatsächlich die erforderliche Mehrheit bekommt. Nahezu unmöglich wäre dies gewesen, wenn auf der vergangenen Mitgliederversammlung ein Antrag des Ehrenrats zu später Stunde angenommen worden wäre, nach dem eine Abwahl eines Präsidiums nicht nur eine einfache 50-Prozent-Mehrheit benötigt, sondern eine Zweidrittelmehrheit.
Und wieder: pro oder contra Hoffmann?
Völlig neu ist so ein Abwahlantrag eines Präsidiums aber nicht. Zwei Jahre ist es her, als gegen Ex-Präsident Jens Meier ein ähnlicher Antrag gestellt wurde, der allerdings kurz vor der Mitgliederversammlung zurückgezogen wurde. Anders als diesmal richtete sich 2017 der Antrag aber nicht direkt gegen Meier und sein Vereinspräsidium. Damals war der Hauptkritikpunkt, dass E.V.-Präsident Meier als AG-Aufsichtsrat nicht mehr Druck auf den seinerzeit amtierenden HSV-Vorstandsvorsitzenden Dietmar Beiersdorfer machte.
Diesmal geht es um den Vorwurf, dass die beiden Vizepräsidenten Schaefer und Schulz, die vor einem Jahr zum Team Hoffmann vom mittlerweile beförderten AG-Chef Bernd Hoffmann gehörten, nun auch mit einem möglichen Hoffmann-Kritiker wie Hunke zusammen im Amt sein würden. Im Kern scheint es also wieder einmal um die etwas ermüdende Dauerfrage zu gehen: pro oder contra Hoffmann?
Während sich die Kandidaten Jansen, Hartmann und Hunke bislang um Sachlichkeit bemühen und darum, die Präsidentenwahl eben nicht zu einer verkappten Hoffmannwahl werden zu lassen, wird im Hintergrund längst fleißig mobil gemacht. Doch anders als im vergangenen Winter, als die sportlich desaströse Lage mehr als 1000 Mitglieder zur Hoffmann-oder-Meier-Wahl lockte, dürfte der sportliche Erfolg der vergangenen Monate nun dafür sorgen, dass es in der Wilhelmsburger edel-optics-Arena eher ruhig zugeht. Bleibt am Ende also nur die Frage, ob der 19. Januar nun ein guter oder ein schlechter Tag für den HSV e.V. werden wird.