Hamburg. HSV-Trainer Hannes Wolf will “gewinnen, egal wie“. Er verteilt nach dem 1:0 ein Sonderlob. Neues von Pierre-Michel Lasogga.
Hannes Wolf hatte es eilig nach dem Training. Nicht etwa, um dem wenig einladenden Hamburger Winterwetter mit Nieselregen und sieben Grad zu entfliehen, sondern viel mehr um seine Fans glücklich zu machen. Wie die Spieler des Hamburger SV auch, machte sich der 37 Jahre alte Trainer nach der Einheit im Volkspark auf den Weg zu den traditionellen Fanclubtreffen. Eine besonders lange Anreise hatte der noch immer ungeschlagene HSV-Trainer nicht. Wolf reiste nach Lüneburg, um sich dort den Fragen der Anhänger zu stellen. „Lüneburg soll schön sein, deshalb nehme ich auch meine Familie mit“, erklärte Wolf.
HSV-Spielweise: Dusel oder Stil einer Spitzenmannschaft?
Eine Frage, die den Anhängern auch nach dem 1:0-Sieg gegen den SC Paderborn auf der Seele brennt: Warum muss der HSV die Spiele immer so spannend gestalten? Sieben der zehn Saisonsiege entschieden die Hamburger mit einem Tor Unterschied. Ein Zeichen fehlender Souveränität und Kaltschnäuzigkeit? Oder doch die Charakteristik eine Spitzenmannschaft? Frei nach dem Motto: Ein Pferd springt nur so hoch, wie es muss. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte. „Auch wenn es am Ende eng war, haben wir ein gutes Spiel gemacht. Es war schön und emotional. Gestern haben wir uns gefreut und weiter geht´s“, gab der Erfolgstrainer die Marschroute aus.
HSV-Trainer warnt davor, die Qualität der Liga zu unterschätzen
Wolf macht keinen Hehl daraus, dass er das Thema der unnötig engen Spiele zumindest öffentlich klein halten will. „Ich sehe es überhaupt nicht so, dass das Wasser im Wein ist. Wir haben viel gewonnen in letzter Zeit, was wichtig und gut ist. Ich habe nicht eine Sekunde gedacht, dass es irgendwie einfach ist und wir die Spiele kurz 3:0 gewinnen. Wie kann irgendjemand in Hamburg glauben, dass die Spiele leicht sind?“, erklärte Wolf, der die gewohnt hohe Erwartungshaltung in Hamburg vernimmt, aber nicht anprangert: „Natürlich wollen wir immer besser Fußball spielen. Unser nächster Entwicklungsschritt ist nicht, dass wir das nächste Spiel 3:0 gewinnen, sondern nur, dass wir es gewinnen. Mit allem, was dazu gehört.“
Enge Spiele prägen das Bild der bisherigen HSV-Saison
Die knappen Spiele ziehen sich wie ein roter Faden durch die Saison. Auch die Spieler haben nach dem Paderborn-Spiel angeprangert, dass man die Gegner unnötigerweise am Leben hält und es verpasst, frühzeitig für klare Verhältnisse zu sorgen. Gegen Union Berlin wurde der HSV dafür bestraft, kassierte kurz vor Schluss den Ausgleich und verschenkte so zwei Zähler. „Wenn wir uns das malen könnten, würden wir uns aufschreiben, dass wir jedes Spiel 3:0 gewinnen und eine total entspannte Zeit haben. So funktioniert Fußball aber nicht“, sagte Wolf, der sein Team für die Defensivarbeit lobte.
Ohnehin versucht Wolf, das Positive in den Vordergrund zu stellen. Der nächste Entwicklungsschritt, so sagte es der HSV-Trainer, sei nicht, höher zu gewinnen, sondern das bisher erarbeitete konstant und Woche für Woche auf den Platz zu bringen. „Es geht darum, dass wir genauso viel arbeiten, genauso hart spielen, genauso kompakt zu sein und gut zu verteidigen“, sagte Wolf und ergänzte: „Wenn man über den nächsten Entwicklungsschritt redet, hast du immer die Gefahr, dass du an das nächste denkst, aber das du das verlierst, was wichtig ist. Dann wirst du eher schlechter als besser. Es gilt, die Basis zu erhalten und auszubauen und daraus den Rest zu entwickeln.“
In der bisher noch kurzen Ära Wolf sieht man im spielerischen Bereich durchaus Fortschritte. Aus dem Spiel hat der HSV gegen die so offensivstarken Paderborner wenig Chancen zugelassen und sich selbst immer wieder gute Chancen kreiert. Allein im Abschluss fehlt es häufig an Konzentration und Überzeugung. Gegen die Ostwestfalen ließen Bakery Jatta, Khaled Narey und Hee-chan Hwang beste Chancen liegen, dem Gegner frühzeitig jegliches Momentum zu nehmen. „Trotzdem haben es die Jungs gut gemacht.“
Wolf lobt die Entwicklung von Bakery Jatta
Ein besonderes Lob von Wolf bekam Außenstürmer Jatta, der in seinem dritten Spiel von Anfang an erneut eine starke Vorstellung zeigte. In 84 Minuten zog der Gambier 42 Sprints an, gewann 62 Prozent seiner Zweikämpfe und war an vielen Offensivaktionen direkt beteiligt. „Er macht viele gute Sachen, ist nicht nur laufstark, sondern spielt häufig auch noch den richtigen Pass aus dem Lauf. Er soll gar nichts ändern, einfach so weiterspielen, aber man muss auch immer sehen, dass er erst drei Spiele gemacht hat“, lobte Wolf und bremste gleichzeitig die Jatta-Euphorie.
Lasogga-Rückkehr gegen Holstein Kiel?
Gute Nachrichten konnte der HSV indes von Torjäger Pierre-Michel Lasogga vermelden. Der Stürmer, der aktuell an einem Muskelfaserriss in der Wade leidet, könnte noch im Kalenderjahr 2018 sein Comeback feiern. Der 26-Jährige ist wieder ins leichte Lauftraining eingestiegen. Gibt es keinen Rückfall, könnte Lasogga am ersten Rückrundenspieltag am 23. Dezember bei Holstein Kiel wieder auf dem Platz stehen. „Das könnte realistisch sein. Die Wade musst in ihrer Funktion komplett wiederhergestellt sein, weil es sonst problematisch ist“, so Trainer Wolf.
Mit der Rückkehr des Toptorjägers würden sich vielleicht ja auch bald die Fragen nach den unnötig spannenden Spielen erübrigen.