Das gesamte Team schwärmt über Youngster Bakery Jatta. Dessen Märchen findet seinen vorläufigen Höhepunkt.
Hamburg. Er kam aus dem Strahlen gar nicht mehr heraus. Sichtlich euphorisiert stapfte Bakery Jatta nach dem Abpfiff über den Rasen des Erzgebirgsstadions. Ein Ort, der ihm wohl für immer in Erinnerung bleiben wird. Hier, beim 3:1-Sieg des HSV gegen Aue, schoss er sein erstes Profitor. „Es ist unglaublich. Ich bin sehr glücklich, auch über den Sieg“, sagte der 20-Jährige.
Das Märchen des im Sommer 2015 aus Gambia geflüchteten Angreifers, der in Hamburg die Chance im Profifußball bekam, hat seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Nach 20 Toren in 37 Spielen für die U21 in der Regionalliga Nord hat Jatta in seinem 20. Einsatz nun auch erstmals bei den Profis getroffen. Insgesamt 519 Minuten hat er für diesen Glücksmoment gebraucht. „Ich habe lange auf diesen Moment gewartet, endlich ist es passiert“, sagte Jatta, der zu Saisonbeginn Anlaufschwierigkeiten hatte.
Bakery Jatta menschlich gesehen
Dabei sollte er in der Zweiten Liga durchstarten. Wegen seiner Probleme, die taktischen Vorgaben von Ex-Trainer Christian Titz umzusetzen, musste Jatta zum Saisonstart häufig in der zweiten Mannschaft ran. Erst am 10. Spieltag beim 0:0 gegen Bochum wurde er erstmals für den Profikader nominiert.
Jatta startet unter HSV-Trainer Wolf durch
Nach der Partie wurde Titz von seinen Aufgaben entbunden – und für Jatta begann eine neue Zeitrechnung. Denn Neu-Trainer Hannes Wolf hält große Stücke auf den kräftigen und antrittsschnellen Rechtaußen. In Magdeburg (1:0), Aue und im Pokal bei Wehen Wiesbaden (3:0) wurde Jatta jeweils als erster Spieler eingewechselt. Gegen Köln (1:0) reichte es zumindest zu einem Kurzeinsatz.
HSV-Fan stürzt vom Stadionzaun und verletzt sich schwer
In Aue reichten ihm sogar vier Minuten für sein Premierentor aus spitzem Winkel nach einem optimal getimten Ball von Aaron Hunt über die gegnerische Abwehr. „Ich habe gesehen, dass der Torhüter nicht richtig steht, dann habe ich es einfach versucht und der Ball ist reingegangen. Ich habe nur gedacht: ‘Oooohhh’“, sagte ein strahlender Jatta. Und mit ihm freute sich das gesamte Team.
Lewis Holtby habe Jattas Tor am meisten gefreut. „Der Junge hat so hart gearbeitet, die letzten Spiele immer richtig gut gespielt nach den Einwechslungen, heute hat er sich belohnt, aus einem echt kranken Winkel“, sagte der Mittelfeldspieler. „Das hat er sich verdient“, sagte Stürmer Pierre-Michel Lasogga: „Er ist schon in den vergangenen Wochen immer gut reingekommen und hat Betrieb gemacht. Sein Tor war das Sahnestückchen. So etwas erarbeitet man sich. Manchmal überrascht er uns alle.“
Wolf erklärt den Jatta-Hype
Womöglich auch wegen seiner Unberechenbarkeit genießt Jatta innerhalb der Mannschaft hohe Popularität. „Er ist auch ein witziges Kerlchen, manchmal auch ungewollt“, sagt Lasogga.
Und was sagt sein Förderer Hannes Wolf? Der HSV-Coach ist mit Jattas bisherigen Darbietungen nach seinen Einwechslungen zufrieden. „Er ist sehr körperlich in seinem Spiel, aber er macht auch wenig Fehler. Heute hat er gefühlt keinen Fehler gemacht. Er spielt die richtigen Pässe. Die Kombination aus Tempo und wenig Fehlern ist Gold wert“, sagt der Ex-Stuttgarter über die Vorzüge seines Edelreservisten. „Wenn er dann auch noch einen reinschießt, ist das sehr schön. So ein Tor macht ja auch etwas mit einem.“
Lasogga schießt den HSV in Aue auf die Siegerstraße
Doch Wolf wäre nicht Wolf, wenn er nicht auch mahnende Worte für seinen Schützling, der weiterhin an sich arbeiten soll, parat hätte. „Wir wollen das jetzt aber auch nicht zu groß machen. Er muss jetzt einfach dranbleiben. Da geht noch was“, sagte der Coach.
Jatta wird all die Komplimente mit Freude aufsaugen – und an dem nächsten Kapitel seines Märchens arbeiten.