Hamburg. Großer Vergleich vor dem Duell der Traditionsclubs. Sportlich gibt es viele Parallelen, finanziell hingegen kaum.
Sie haben ligaweit den höchsten Etat, die wertvollsten Spieler und die meisten Zuschauer. Wenn sich die beiden Traditionsclubs HSV und der 1. FC Köln am kommenden Montag (20.30 Uhr/Sky) im Volksparkstadion duellieren, treffen die beiden größten Attraktionen der Zweiten Liga aufeinander. Nachdem gut ein Drittel der Saison gespielt ist, führen die Topfavoriten auf den Aufstieg die Tabelle an. Rein sportlich gibt es viele Parallelen, finanziell trennen die Clubs dagegen Welten. Das Abendblatt hat die Situation der beiden Bundesliga-Absteiger genauer unter die Lupe genommen – und einen großen Vergleich aufgestellt.
1. Spielanlage und Trainer
Die Kader beider Mannschaften sind auf dominanten Offensivfußball ausgelegt. Doch im bisherigen Saisonverlauf fehlte es sowohl Hamburg als auch Köln an Souveränität. Die Problematik ist vor allem zu Hause bei überwiegend tief stehenden Gegnern unverkennbar. In sechs Heimspielen holten die Zweitligagrößen jeweils nur acht Punkte – zu wenig für die eigenen Ansprüche. Der HSV und die Domstädter arbeiten noch an der richtigen Balance zwischen Abwehr und Angriff.
Mit seiner kompromisslosen Offensivtaktik und den hoch stehenden Außenverteidigern, die zu einer Anfälligkeit bei Kontern führen, ist Köln-Trainer Markus Anfang bei den Fans in die Kritik geraten. Die Unzufriedenheit im traditionell unruhigen Umfeld, das häufig nur schwarz und weiß kennt, ist größer geworden. Nach den jüngsten Heimspielen in der Liga gegen Duisburg (1:2) und Heidenheim (1:1) reagierten die Fans mit Pfiffen. Zudem wird die Abhängigkeit von Torjäger Simon Terodde (13 Saisontore), der mehr als die Hälfte aller Kölner Tore (24) erzielt hat, kritisch beobachtet.
Anders als beim HSV, der den Trainer bereits einmal gewechselt hat, genießt Anfang die volle Rückendeckung im Verein. Der 44-Jährige war die Wunschlösung des Geschäftsführer Sport Armin Veh, der wegen seiner eigene Erfahrung als Bundesligatrainer (auch beim HSV) auf Kontinuität setzt. Klar ist aber auch, dass im Falle einer Niederlage der Druck für Anfang und sein dann seit fünf Pflichtspielen siegloses Team größer wäre als für HSV-Neutrainer Wolf, dem es in seiner ersten Woche gelungen ist, die Konteranfälligkeit zu minimieren.
2. Finanzen
Während die Hanseaten schon aus wirtschaftlichen Gründen zum Aufstieg verdammt sind, steht das Kölner Fundament auf deutlich gesünderen Säulen. Auch wenn beide Vereine mit einem Spieleretat von 28,5 Millionen Euro (HSV) beziehungsweise 24 Millionen Euro (Köln) ligaweit das meiste Geld für den angestrebten Wiederaufstieg in die Hand nehmen, wird die Bilanz zum Saisonende unterschiedlich ausfallen. Beide Vereine kalkulieren mit einem erstligareifen Umsatz von um die 100 Millionen Euro, dennoch droht Hamburg im laufenden Geschäftsjahr nach Abendblatt-Informationen ein Rekordminus von weit mehr als 20 Millionen Euro. Mit-Absteiger Köln steuert dagegen auf ein ausgeglichenes Ergebnis zu. „Es wird schwierig, aber wir hoffen im laufenden Geschäftsjahr einen Gewinn zu erwirtschaften“, sagt Geschäftsführer Alexander Wehrle.
Im Gegensatz zum HSV, den mehr als 100 Millionen Euro Verbindlichkeiten plagen, haben sich die Rheinländer durch gutes Wirtschaften in der jüngeren Clubgeschichte saniert. Aktuell stehen ein Darlehen bei einer Bank (17 Millionen Euro) sowie eine Fan-Anleihe (13,5 Millionen Euro), deren Rückzahlung etappenweise bis 2024 vorgesehen ist, auf der Schuldenseite. Dem gegenüber steht ein Eigenkapital von 37,5 Millionen Euro.
Nach jahrelangem Missmanagement in der Ära Wolfgang Overath (Präsident von 2004 bis 2011) und Michael Meier (Manager von 2005 bis 2010) war das nicht immer so. „2012 stand der Verein kurz vor der Insolvenz und musste konsolidiert werden“, erinnert sich Wehrle, der im Januar 2013 für diese Aufgabe geholt wurde.
Bei Nichtaufstieg: Köln könnte vergleichbaren Etat erneut stemmen, HSV nicht
Im Oktober informierte Köln seine Mitglieder über einen Gewinn nach Abzug von Steuern von 17,3 Millionen Euro in der Abstiegssaison – bedingt durch den Verkauf von Stürmer Anthony Modeste für 29 Millionen Euro zu Tianjin Quanjian nach China. Der HSV wird im November die Bilanzzahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr veröffentlichen. Nach Abendblatt-Informationen ist von einem Minus von fünf bis sieben Millionen Euro auszugehen.
Für zusätzliche Nervosität bei den Verantwortlichen sorgen die zum Saisonende auslaufenden Verträge mit Hauptsponsor Emirates (7,5 Millionen Euro pro Jahr) und Investor Klaus-Michael Kühne, der für vier Millionen Euro pro Jahr das Namensrecht am Volksparkstadion hält. Außerdem wird im September 2019 die Fan-Anleihe in Höhe von 17,5 Millionen Euro fällig.
Positiv immerhin: Bei der Auslastung der Logen liegt der HSV mit 90 Prozent nur knapp hinter Köln (97 Prozent).
Die Zahlen belegen, dass die Hamburger im Falle des Nichtaufstiegs ihren Etat drastisch auf das Niveau eines durchschnittlichen Zweitligisten kürzen müssten, während Köln erneut ein vergleichbares Budget zur Verfügung stünde.
3. Tradition
Beide Vereine gehören zu den traditionsreichsten Clubs in Deutschland. Das belegen die Zuschauerzahlen bei den Heimspielen: 50.497 sind es durchschnittlich in Hamburg, 48.917 in Köln. Verglichen mit allen Zweitligisten Europas sind das die Spitzenwerte. Zudem sind beide Bundesliga-Gründungsmitglieder, die den Abstieg am längsten hinauszögern konnten. Köln erwischte es als vorletztes Gründungsmitglied im Jahr 1998.
Seitdem ist der Club eine Fahrstuhlmannschaft. Ein Szenario, vor dem es den Verantwortlichen des HSV graut und das unbedingt verhindert werden soll. Um dieses Ziel zu erreichen, würde ein Heimsieg gegen Köln als nächster kleiner Schritt helfen. Doch die Hamburger sind gewarnt. Beim letzten Aufeinandertreffen im Volkspark siegte Köln 2:0. Doppelter Torschütze an diesem frostigen Abend im Januar: Simon Terodde.