Hamburg. Folgerichtige Entscheidung oder Rückfall in alte Muster? Die Meinungen zur Entlassung von Christian Titz gehen weit auseinander.

Das Aus für Trainer Christian Titz dokumentiert die Panik, die beim HSV – so sieht es Abendblatt-Sportchef Alexander Laux in seinem Leitartikel. Er sieht vor allem finanzielle Gründe hinter der Entscheidung: Die Sorge, angesichts eines drohenden Millionenlochs den Aufstieg zu verpassen, ist groß. Da nimmt man auch in Kauf, bis Saisonende vier Trainer bezahlen zu müssen. Dieser Druck lastet auch auf dem neuen Trainer Hannes Wolf.

Die am Dienstag verkündete Entscheidung hat in der Presse ein geteiltes Echo ausgelöst. Folgerichtige Entscheidung oder Rückfall in alte Muster? Die Meinungen gehen da weit auseinander.

Die HSV-Trainer seit 2008

1. Huub Stevens

2. Februar 2007 bis 30. Juni 2008

2. Martin Jol

1. Juli 2008 bis 26. Mai 2009

3. Bruno Labbadia

1. Juli 2009 bis 26. April 2010

4. Ricardo Moniz

26. April 2010 bis 23. Mai 2010

5. Armin Veh

24. Mai 2010 bis 13. März 2011

6. Michael Oenning

13. März 2011 bis 19. September 2011

7. Rodolfo Cardoso

19. September 2011 bis 10. Oktober 2011

8. Frank Arnesen

10. Oktober 2011 bis 16. Oktober 2011

9. Thorsten Fink

17. Oktober 2011 bis 17. September 2013

10. Rodolfo Cardoso

17. September 2013 bis 24. September 2013

11. Bert van Marwijk

25. September 2013 bis 15. Februar 2014

12. Mirko Slomka

16. Februar 2014 bis 15. September 2014

13. Joe Zinnbauer

16. September 2014 bis 22. März 2015

14. Peter Knäbel

23. März 2015 bis 14. April 2015

15. Bruno Labbadia

15. April 2015 bis 25. September 2016

16. Markus Gisdol

25. September 2016 bis 21. Januar 2018

17. Bernd Hollerbach

22. Januar bis 12. März 2018

18. Christian Titz

12. März bis 23. Oktober 2018

19. Hannes Wolf

23. Oktober 2018 bis 17. Mai 2019

20. Dieter Hecking

29. Mai 2019 bis 30. Juni 2020

21. Daniel Thioune

6. Juli 2020 bis 3. Mai 2021

22. Horst Hrubesch

3. bis 23. Mai 2021

23. Tim Walter

25. Mai 2021 zunächst bis 30. Juni 2023

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Der Sport-Informations-Dienst spricht zynisch vom "Hamburger Weg": "Gerade in einer Phase, in der das nervöse Umfeld der Hanseaten ein wenig zur Ruhe gekommen schien, birgt die Entscheidung von Vorstandsboss Bernd Hoffmann neuen Zündstoff. Klar, die HSV-Auftritte im heimischen Volkspark (0:5, 0:0, 0:0) waren gemessen an den eigenen Ansprüchen zuletzt ziemlich dürftig. Und auch der aktuelle Tabellenplatz fünf stimmt nicht mit dem überein, was sich der einst so stolze Traditionsclub aus dem Norden vor der Saison auf die Fahnen geschrieben hatte. Doch, die Frage muss erlaubt sein: Wie sinnvoll ist es, jetzt, nach zehn Spieltagen schon wieder die Reißleine zu ziehen? Bei einem Club, der nur zwei Punkte hinter der Tabellenspitze liegt. Zumal Titz bei Mannschaft und Fans gleichermaßen sehr beliebt war und seine Bilanz (1,79 Punkte im Schnitt) deutlich besser war als die seiner Vorgänger."

"Morgenpost": Titz hatte nie eine Chance

Der "Kicker" dagegen kann nicht erkennen, dass der HSV in alte Muster zurückfällt: "Ralf Becker und Bernd Hoffmann wissen, dass ihr Nein zu Christian Titz eine bei den Anhängern überaus unpopuläre Entscheidung ist. Eine, mit der sie den Druck auf sich persönlich erhöht haben. Und genau in diesem Punkt unterscheidet sich der neue HSV vom alten HSV: trotz einer ordentlichen Punkteausbeute fehlt den Machern die Überzeugung, dass Titz' Stil ans Ziel führt. Also sehen sie nicht weiter zu oder lassen ihren Coach von Woche zu Woche weiter wackeln, sondern handeln. Der Wechsel von Titz zu Hannes Wolf garantiert natürlich nicht den lebensnotwendigen Aufstieg, aber er garantiert, dass die Bosse am Ende die volle Verantwortung übernehmen können."

Die "Hamburger Morgenpost" glaubt, dass Titz bei HSV-Vorstandschef Bernd Hofffmann und Sportvorstand Ralf Becker nie eine Chance hatte. "Hinter den Kulissen wurde schon länger an der Demontage des sympathischen und kompetenten Fußballlehrers gearbeitet. Aus Hoffmanns Umfeld war schon im vergangenen Sommer zu hören, dass der Ich-bin-dann-mal-wieder-da-Vorstandsvorsitzende am liebsten gar nicht mit Titz in die Saison gegangen wäre, sich aber letztlich dem erdrückenden Fan-Willen beugte. Sportvorstand Becker … zweifelte oft und gerne öffentlich und noch deutlicher hinter vorgehaltener Hand daran, dass Titz den HSV zurück in die Bundesliga führen kann. Rückendeckung? Null! Ein sauberer Umgang mit dem wichtigsten Mitarbeiter des Vereins sieht anders aus. So verunsichert man den Trainer und damit zwangsläufig auch die Mannschaft."

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HSV stellt neuen Trainer Hannes Wolf vor

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    Die "Bild"-Zeitung dagegen verteidigt die Entscheidung als "unpopulär, aber richtig": "Dass man sich von einem Coach trennt, von dem man niemals wirklich überzeugt war, ist verständlich und richtig. Vorwerfen lassen müssen sich Hoffmann und Becker höchstens, dass sie entgegen ihrer Überzeugung zu lange gewartet haben. Wenn man die Reaktionen eines großen Teils der Fans auf den Titz-Rauswurf sieht, erahnt man, warum. … Wenn Hannes Wolf jetzt das aus der Mannschaft rausholt, was tatsächlich in ihr steckt, wird sich der Sturm der Entrüstrung schnell legen."

    Das "Flensburger Tageblatt" meint: "Der Hamburger Sport-Verein hält an seiner Strategie fest: Möglichst einmal im Jahr den Trainer wechseln. Das hat zwar seit einem Jahrzehnt keinen Erfolg gebracht, gehört inzwischen aber fest zum Rhythmus und zur Vereinsphilosophie. Hannes Wolf heißt der neue Mann, der es richten soll. Ein junger Trainer, wie es heute Mode ist im bezahlten deutschen Fußball. Wolf ist mit dem VfB Stuttgart aufgestiegen und wurde wenig später entlassen. Er kennt also das Geschäft nach Hamburger Muster."