Hamburg. Mladen Petric wirbt für ein Ende der Trainerdiskussion. Der Hamburger SV findet in diesen Tagen nicht zur Ruhe.
Uwe Seeler war da. Willi Schulz ebenso. Erwin Piechowiak zeigte sich. Auch Holger Hieronymus, Ditmar Jakobs und Rudi Kargus durften nicht fehlen. Mit Peter Hidien, Caspar Memering und Mladen Petric wurden drei weitere HSV-Legenden geehrt. Und doch war an diesem Dienstagnachmittag im Volkspark vor allem eine Legende ein Thema, die gar nicht anwesend war: Felix Magath. Der Schütze des wichtigsten Tores der Clubgeschichte, des 1:0 im Europapokal-Finale der Landesmeister 1983, sollte eigentlich die Laudatio für seinen damaligen Mitspieler Jürgen Groh halten, der an diesem Nachmittag ebenfalls mit einem Fußabdruck auf dem „Walk of Fame“ (2006 von Unternehmer Andreas Maske gestiftet) geehrt wurde. Aber Groh wollte nicht kommen. Also kam auch Magath nicht.
Dass der frühere Spieler, Trainer und Manager des HSV beim Treffen der Ehemaligen trotzdem das große Gesprächsthema war, lag alleine daran, dass er am vergangenen Freitag selbst für HSV-Legenden ungewöhnlich scharfe Kritik an seinem Ex-Club geäußert hatte. Trainer Christian Titz bezeichnete er bei Sky indirekt als „Märchenerzähler“, auch Vorstandschef Bernd Hoffmann griff er an. „Ein Verein braucht eine Führungspersönlichkeit an der Spitze, die versteht, was auf dem Platz passiert. Das gab es lange nicht mehr.“ Rumms.
Neue Debatte
Magaths Rundumschlag hatte eine neue Debatte rund um die HSV-Legenden angestoßen. Dürfen die das? Wie viel Kritik ist erlaubt? Wo liegt die Grenze des Geschmacks? Hört man sich im Kreise der Ehemaligen um, stößt man auf ein völlig geteiltes Bild. „Ich glaube, dass Felix Magath Ahnung vom Fußball hat“, sagte HSV-Idol Uwe Seeler dem Abendblatt und sprang dem Kritiker Magath damit zur Seite. „In gewisser Beziehung hat er recht. Wir können ja nicht sagen, dass wir souverän spielen. Es ist klar, dass der Trainer etwas verändern muss. Je schneller, desto besser“, sagte Seeler.
Zwei Wochen lang wurde zwischen der 0:5-Blamage gegen Regensburg und dem 2:1-Sieg in Darmstadt rund um den HSV über Trainer Christian Titz diskutiert. Viel zu früh, meint Mladen Petric, mit 37 Jahren der jüngste Neuzugang des „Walk of Fame“ im Volkspark. „Es überrascht und wundert mich, dass hier schon wieder über den Trainer diskutiert wird. Der HSV liegt zwei Punkte hinter Platz eins. Bis auf zwei Ausrutscher läuft es doch ordentlich“, sagte Petric. Der Kroate, der zuletzt das HSV-Spiel gegen St. Pauli am Fernseher schaute, arbeitet in seiner Heimat selbst an der Trainer-A-Lizenz. In seiner Zeit beim HSV erlebte er zwischen 2008 und 2012 acht Trainer in vier Jahren. „Das ist schon unglaublich hier“, sagt Petric. Sein Rat: „Der Club muss in Ruhe arbeiten. Dann wird es auch gut.“
HSV findet nicht zur Ruhe
Doch der HSV findet nicht zur Ruhe. Und das hat auch mit den vielen Ehemaligen zu tun, die sich immer wieder mal über ihren HSV auslassen – und das selten positiv. „Jeder hat das Recht, seine Meinung zu sagen. Aber die Kritik sollte immer konstruktiv ausfallen“, meint Petric. Um die Kommunikation mit den verdienten Größen des Clubs zu verbessern, hat der HSV eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die zusätzlich zum „Walk of Fame“ neue Ideen entwickeln soll. Bislang war es vor allem Clubmanager Bernd Wehmeyer, der sich um die Wertschätzung der Legenden kümmerte.
Einen Felix Magath dürften aber auch neue Ideen künftig kaum daran hindern, seine Meinung öffentlich zu sagen. Dass Magaths Meinung derzeit so drastisch ausfällt, hat auch damit zu tun, dass dem 65-Jährigem erst zu Beginn des Jahres die Möglichkeit verwehrt blieb, beim HSV Verantwortung zu übernehmen. Als sein langjähriger Co-Trainer Bernd Hollerbach im Januar neuer Chefcoach im Volkspark wurde, wäre Magath nach Abendblatt-Informationen gerne Vorstandsvorsitzender geworden. Es kam anders. Heute ist Bernd Hoffmann der alte und neue HSV-Chef – und bekommt von Magath nun regelmäßig dessen Unmut zu spüren. Zum Unverständnis einiger Ehemaliger.
„Ich habe ganz ehrlich gesagt keine Erklärung für seine Aussagen“, meinte Peter Hidien nach seiner Ehrung. Der 64-Jährige gewann zusammen mit Magath 1979 und 1982 die Deutsche Meisterschaft mit dem HSV. „Man hat den Eindruck, dass er vielleicht ein wenig gefrustet ist, dass man ihn nicht wieder gefragt hat, ob er beim HSV einen Job übernehmen will“, sagte Hidien. Ähnlich hatte sich zuvor Ex-HSV-Chef Heribert Bruchhagen geäußert.
Magath ist mit seiner Meinung nicht allein
Doch es gibt auch mindestens so viele Ehemalige, die Magaths Meinung teilen, sie aber öffentlich nicht sagen wollen. Holger Hieronymus oder Horst Hrubesch dürften dazu zählen. In der Bewertung der Lage beim HSV sind die Legenden tief gespalten. Gut für den Club, dass es unter ihnen noch Diplomaten gibt. So wie Willi Schulz.
Der WM-Teilnehmer von 1966 („World-Cup-Willi“) sieht die HSV-Debatten ganz pragmatisch. „Wenn es keine Diskussionen geben würde, wäre der HSV tot“, sagt Schulz gelassen. „Gott sei Dank gibt es sie. Denn Diskussionen halten jung.“ Der seit sechs Tagen 80-Jährige ist für diese These das beste Beispiel.
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