Polizei stuft Derby als Risikospiel ein. Neuer Holstein-Kapitän. HSV setzt Zeichen gegen Homophobie. Keine Cléber-Rückkehr.
Kinsombi beerbt Czichos als Kapitän
Holstein Kiel geht mit David Kinsombi als neuen Kapitän in die zweite Saison in der 2. Fußball-Bundesliga. Einen Tag vor dem Auftaktspiel am Freitag (20.30 Uhr/Sky) beim Nordrivalen HSV wurde der Abwehrspieler als Nachfolger des nach Köln gewechselten Rafael Czichos vorgestellt.
„Ich trete in große Fußstapfen. Aber ich freue mich auf meine Aufgabe“, sagte Kinsombi am Donnerstag in einem Videoclip im Kurznachrichtendienst Twitter. Der 22-Jährige spielt seit 2017 in Kiel. In der vergangenen Saison hatte er mit dem Team in der Relegation den Aufstieg knapp verpasst.
Nach Platzsturm: Schlagen die Holstein-Fans zurück?
30. Mai, Sportplatz Kreuzkirche: Kurz vor Ende des Aufstiegsspiels zur Regionalliga Nord zwischen dem FC Teutonia 05 Ottensen und der zweiten Mannschaft von Holstein Kiel stürmt plötzlich eine Gruppe von 50 teils vermummten HSV-Fans über den Platz und geht auf die mitgereisten Kieler Anhänger, darunter etwa 20 sogenannte Problemfans der Gruppierung „Supside“, los. Die können sich in die Vereinsgaststätte und ins Gebüsch hinter der Trainerbank flüchten. Noch bevor die Polizei eintrifft, haben auch die Aggressoren die Flucht ergriffen.
Es soll sich um einen Racheakt gehandelt haben: Vor Jahren war es auf dem Kieler Bahnhof zu einem Angriff von Holstein- auf HSV-Fans gekommen. Zudem waren Hamburger Anhänger 2007 beim DFB-Pokalspiel in Kiel attackiert worden.
Holen die Holstein-Anhänger an diesem Freitag (20.30 Uhr/Sky) beim zwischen den beiden Nordrivalen im Volksparkstadion nun zum erneuten Gegenschlag aus?
Polizei stuft Derby als Risikospiel ein
Bereitschaftspolizei und Bundespolizei werden mit mehreren Hundertschaften die als Risikospiel eingestufte Begegnung sichern und die An- und Abreise der Fans begleiten. Allein die Bundespolizei, zuständig an den Fernbahn- und S-Bahnhöfen, ist mit mehr als einer Hundertschaft im Einsatz. „Wir haben uns darauf eingestellt, dass Fans Pyrotechnik einsetzen. Wir richten uns aber auch darauf ein, dass wir es mit angetrunkenen oder gewaltbereiten Fans zu tun bekommen werden“, sagt ein Polizist.
Man sei gut aufgestellt. Die Hamburger Polizei ist mit mehreren Hundertschaften sowie zusätzlich Hundeführern und der Reiterstaffel im Einsatz. Wie immer bei solchen Risikospielen werden sogenannte „szenekundige Beamte“ eingesetzt. Alarmhundertschaften werden nicht aufgerufen. „Wir werden darauf achten, dass die gewaltbereiten Fans beider Mannschaften sauber voneinander getrennt bleiben“, sagt Polizeisprecher Timo Zill. Rund 5500 Kieler Fans werden nach Erkenntnissen der Hamburger Polizei anreisen.
Rot-Grün fordert Ausbau der Fanarbeit
Vor dem Hintergrund drohender Ausschreitungen bei den bevorstehenden Zweitliga-Derbys wollen SPD und Grüne künftig mehr in die Gewaltprävention in den Hamburger Stadien investieren. Die Arbeit der Fanprojekte müsse gestärkt werden, die Sicherheitsmaßnahmen in den Stadien „kontinuierlich überprüft und angepasst werden“, heißt es in einem Antrag der beiden Regierungsfraktionen an den Senat.
Zielgerichtete Strafen gegen Einzeltäter seien sinnvoller, als den Verein zu bestrafen. Hierfür würden Maßnahmen wie personalisierte Eintrittskarten und lebenslange Stadionverbote diskutiert. Der Senat wird gebeten, der Bürgerschaft bis Ende des Jahres darzulegen, welche Maßnahmen bereits umgesetzt oder in Planung seien und wie die Fanarbeit insbesondere mit problematischen Gruppierungen ausgebaut werden könne.
"Nach den Ereignissen, die den Abstieg des HSV in die Zweite Liga begleitet haben, wollen wir in der Bürgerschaft die präventiven und sicherheitsrelevanten Maßnahmen auf den Prüfstand stellen", sagte Antje Möller, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Der Schwerpunkt solle "bei der kreativen und gewaltfreien Fankultur liegen. Dazu gehört, sich vor allem im Vorwege von Hochrisikospielen mit den Beteiligten an einen Tisch zu setzen.“
Baffo von HSV-Absage „erschrocken“
Joseph Baffo hat mit Unverständnis auf die Absage durch den HSV reagiert. „Ich war über das Ergebnis erschrocken und halte die Aussagen für unpräzise und ein bisschen gefährlich. Ich habe in Hamburg keinerlei Fitness-, Laktat- oder Sprinttest absolviert. Dafür wurden Bewegungs-, Sprung-, Kraft- und Koordinationstests durchgeführt. Es lief super, wurde mir gesagt“, sagte der Schwede dem Portal „Transfermarkt“.
Baffo (25) war am Montag einen Leistungstest am UKE durchgefallen und wurde deshalb vom vereinbarten Probetraining beim HSV am Dienstag wieder ausgeladen. Der Innenverteidiger brauche nach seinem im Oktober erlittenen Kreuzbandriss noch sechs bis acht Wochen Aufbautraining, um voll belastbar zu sein, hatte der HSV mitgeteilt. Baffo hat es anders in Erinnerung: „Bei der Koordination hätte ich etwas besser abschneiden können. Der Arzt hat mir deshalb empfohlen, dass ich in der Hinsicht noch zwei Wochen individuelles Training machen solle, um danach ins Mannschaftstraining einsteigen zu können und spielbereit zu sein.“
Er respektiere aber die Meinung des Vereins zu den Leistungstests, „auch wenn es sich bloß um die Meinung eines anderen Arztes handelt“. Andere Experten hätten ihm einen besseren körperlichen Zustand bescheinigt. Jetzt will sich der vereinslose Profi nach einem neuen Club umsehen.
HSV zeigt (Regenbogen-)Flagge
Der HSV engagiert sich im Kampf gegen Homophobie. Im Rahmen der sogenannten „Hamburg Pride Week“ mit dem Christopher Street Day am Sonnabend wird der Club vor dem Zweitliga-Auftakt gegen Holstein Kiel zwei Regenbogenflaggen vor der Geschäftsstelle hissen, zudem werden die vier Eckfahnen im Volksparkstadion im Regenbogen-Design aufgestellt. Das gab der HSV am Donnerstag bekannt.
„Wir unterstützen die Pride Week sehr gerne, weil der HSV ein weltoffener Verein ist und wir uns unserer aktiven Rolle in der Gesellschaft bewusst sind“, sagte HSV-Vorstandschef Bernd Hoffmann: „Wir wollen Haltung zeigen und unterstreichen, dass wir uns klar gegen jegliche Art von Diskriminierung, Gewalt und Extremismus positionieren.“
Neururer glaubt nicht an Holtby und Moritz
Trainerlegende Peter Neururer warnt den HSV vor einem Fehlstart in der Zweiten Liga an diesem Freitag (20.30 Uhr) gegen Holstein Kiel und am 12. August in Sandhausen. „Nimmt die Mannschaft die Zweite Liga nicht sofort an, wird der HSV Probleme kriegen“, sagte der 63-Jährige der „Bild“-Zeitung: „Das Umfeld wird unruhig, die Fans werden motzen und Sponsoren um ihr Geld fürchten.“
Zweifel hat Neururer, der in der Zweiten Liga zehn Vereine trainiert hat, an der Struktur der Mannschaft: „Wenn Spieler wie (Lewis) Holtby und (Christoph) Moritz die Hoffnungsträger sind, dann hilft nur kräftiges Daumendrücken.“ Ein Gewinn sei dagegen die Rückkehr von Pierre-Michel Lasogga: „Er hilft dem Team mit seinen Qualitäten im Unterhaus weiter.“
Der HSV müsse sich schnell darauf einstellen, das Spiel zu machen: „Sie gehen als Topfavorit in jedes Spiel, sind so was wie die Bayern der Zweiten Liga. Für jeden Gegner ist es das Spiel des Jahres.“ Sollte der Saisonstart gelingen, werde der HSV „gute Chancen haben, in der Liga bis zuletzt eine führende Rolle zu spielen“.
Als Aufsteiger gesetzt ist für Neururer der 1. FC Köln: „Die Kölner wissen, was auf sie zukommt, sind darauf vorbereitet und haben das Szenario auch schon erlebt.“ Aber auch Union Berlin, dem VfL Bochum und dem FC St. Pauli traue er den Aufstieg zu.
Heiße Vorbereitungsphase: HSV schwitzt vor Zweitligastart
HSV verzichtet auf Cléber-Rückkehr
Der HSV hat das Angebot von Cléber Reis dankend abgelehnt, in der dezimierten Innenverteidigung auszuhelfen. „Wir haben die Cléber-Offerte vernommen. Wir freuen uns über sein Interesse. Doch wir haben andere Vorstellungen.“
Der Brasilianer Cléber (27) hatte von August 2014 bis Januar 2017 beim HSV gespielt und war dann in seine Heimat verkauft worden. Die Ablöse von 2,5 Millionen Euro hat der FC Santos bis heute nicht bezahlt. Cléber ist noch bis Ende des Jahres an Paraná Clube ausgeliehen, hatte den HSV aber wissen lassen: „Der Verein braucht nur anzurufen, und ich bin da.“
Seele: „Alle warten nur auf den HSV“
HSV-Idol Uwe Seeler warnt vor zu überzogenen Erwartungen vor dem Start in die Saison der 2. Fußball-Bundesliga. „Sämtliche Zweitliga-Teams warten nur auf den HSV, gegen uns werden alle ihr Bestes geben. Natürlich hoffe ich auf die Rückkehr in die Erste Liga, aber der Wettbewerb ist kein Wunschkonzert“, sagte der 81-Jährige am Donnerstag in einem Interview bei „Sportbuzzer.de“.
Der Ehrenspielführer der Nationalmannschaft und einstige HSV-Torjäger wird am Freitag (20.30 Uhr/Sky Sport News HD) beim Saisonauftakt im ersten Zweitliga-Spiel der HSV-Geschichte gegen Holstein Kiel im mit 57.000 Zuschauern ausverkauften Volksparkstadion dabei sein. „Der Druck ist groß, denn die enorm vielen Zuschauer will und darf man nicht enttäuschen“, sagte Seeler. „Das Team muss von Beginn an Leistungen zeigen, die das erwartungsvolle Publikum zufriedenstellen.“
Mit dem erstmaligen Abstieg seines HSV aus der Bundesliga nach 55 Jahren tut er sich noch immer schwer. „Darüber bin ich natürlich nicht glücklich“, sagte er. Der Wiederaufstieg werde eine schwierige Angelegenheit, „denn die Zweite Liga ist stark besetzt“. Der HSV habe einen neuen Kader. „Es muss immer eine Mannschaft auf dem Platz stehen, die diese Bezeichnung auch verdient. Das ist das entscheidende Kriterium für den Erfolg.“