Hamburg. Pit Reimers startet heute die Ausbildung zum Fußballlehrer. Der U-17-Trainer des HSV hat viel gemeinsam mit Christian Titz.
Die entscheidende Post lag am 26. April in seinem Briefkasten. Absender: Deutscher Fußball-Bund. Pit Reimers nahm sich einen Moment Zeit. Die Anspannung stieg. Der U-17-Trainer des HSV holte sich ein Glas Wasser. „Dann habe ich mich auf mein Sofa gesetzt und kurz gewartet. Als ich dann den Brief geöffnet habe und die Nachricht las, habe ich mich riesig gefreut“, erzählt Reimers sieben Wochen später. Die Nachricht, die in seinem Postkasten lag, war die Zulassung zum 65. Fußballlehrer-Lehrgang des DFB. Es ist die wichtigste Lizenz für Trainer im deutschen Profifußball.
An diesem Montag um 8 Uhr beginnt für Reimers an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Hennef die zehnmonatige Ausbildung. Geleitet wird der Lehrgang erstmals vom Co-Trainer der deutschen U-21-Nationalmannschaft, Daniel Niedzkowski. Und Reimers ist einer von 25 Teilnehmern – neben Ex-Profis wie Patrick Helmes, Andreas Hinkel oder Daniel Bierofka. Gleich im ersten Versuch hat es Reimers geschafft, das Bewerbungsverfahren erfolgreich zu durchlaufen. Das schaffen nicht viele. „Dass Pit zugelassen wurde, ist für ihn und den gesamten Club eine große Auszeichnung“, sagt Direktor Sport Bernhard Peters, verantwortlich für den HSV-Nachwuchs. „Es zeigt, dass er mit unermüdlichem Engagement und hartnäckiger Akribie in den vergangenen Jahren in unserem Nachwuchsleistungszentrum äußerst erfolgreich gearbeitet hat.“
Spagat zwischen Bonn und Hamburg
Reimers arbeitet seit elf Jahren als Trainer in der HSV-Jugend. Von der U 12 bis zur U 17 hat er alle Mannschaften durchlaufen. Seit Peters 2014 zum HSV kam, ist er in jedem Jahr einen Jahrgang nach oben geklettert. Peters bezeichnet Reimers als großes Trainertalent. „Bernhard Peters ist ein großer Förderer von mir. Ich habe ihm viel zu verdanken“, sagt Reimers. „Im selben Atemzug will ich aber auch Sebastian Harms und Dieter Gudel nennen, die mich seit Jahren begleiten und unterstützen.“ Harms ist der sportliche Leiter des NLZ, Gudel der Gesamtleiter.
Reimers sitzt in der Kabine der U 17 in der Alexander-Otto-Akademie auf dem Campus. Über ihm hängen die Namen seiner Spieler, mit denen er in der B-Jugend-Bundesliga den dritten Platz erreicht hat. Lenny Borges etwa, der deutsche U-17-Nationalspieler, den Reimers seit der U 12 begleitet hat. Während Borges nun in die A-Jugend des HSV wechselt, bleibt Reimers auch in der kommenden Saison B-Jugend-Trainer – parallel zur Ausbildung zum Fußballlehrer. „Es wird eine sehr intensive Zeit, die einer sehr guten Organisation bedarf“, sagt Reimers. Von Montagmorgen bis Mittwochabend wird er in Hennef bei Bonn Kurse belegen, von Donnerstag bis Sonntag dann für den HSV da sein. Ein schwieriger Spagat.
Viel Zeit für sein Privatleben wird Reimers in den kommenden zehn Monaten nicht haben. Doch der 34-Jährige hat große Ziele. „Natürlich wäre es ein Traum, irgendwann in der Bundesliga zu arbeiten“, sagt Reimers. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, den er beim HSV gehen will. „Die Arbeit mit der U 17 bringt mir total Spaß. Taktisch ist das Fußball auf einem hohen Niveau. Ich kann mich hier optimal weiterentwickeln“, sagt Reimers.
Was Reimers und Titz gemeinsam haben
Wie schnell es manchmal gehen kann, hat das Beispiel seines Trainerkollegen Christian Titz gerade erst gezeigt. Vor einem Jahr trainierte Titz noch die U 17, nun ist er Chefcoach der HSV-Profis. Reimers und Titz haben zusammen mit U-19-Coach Daniel Petrowsky sowie Direktor Sport Peters in den vergangenen Jahren maßgeblich die Spielidee im Nachwuchs entwickelt. Ballkontrolle, Dominanz, flaches Spiel von hinten heraus – es ist die Idee, die nun auch bei den Profis angekommen ist. „Ich kann mich total damit identifizieren, wie wir hier mit den Nachwuchsmannschaften Fußball spielen. Es ist durch die Arbeit in einer homogenen Trainergruppe ein roter Faden gewachsen, der sich durch alle Jugendteams zieht“, sagt Reimers.
Der Hamburger Jung startete seine eigene Trainerlaufbahn bereits im Alter von 14 Jahren, als er die Pampers-Mannschaft seines Heimatclubs SV Blankenese betreute. Auch als aktiver Spieler blieb Reimers der Spielvereinigung seit seinem fünften Lebensjahr treu. Am Wochenende ging er zudem regelmäßig in den Volkspark. Reimers hat seit 23 Jahren eine HSV-Dauerkarte. Nach dem Abitur studierte er an der Universität Hamburg Sportwissenschaft und Journalistik. Er wollte sein Hobby zum Beruf machen. Als HSV-Trainer hat das geklappt.
Im NLZ wird Reimers vor allem aufgrund seiner positiven Art geschätzt. „Ich bin ein kommunikativer und emotionaler Typ“, sagt Reimers über sich selbst. „Ich will, dass sich jeder Einzelne wohlfühlt. Jeder in meiner Mannschaft soll sich wertgeschätzt fühlen und das Gefühl haben, dass wir jeden Spieler besser machen.“
Vorbild Jupp Heynckes
Eine Philosophie, die sich Reimers von Jupp Heynckes abgeguckt hat. „Mir imponiert, wie er sein Kadermanagement betrieben hat. Alle Spieler haben sich unter ihm wichtig gefühlt.“ Aber auch Hoffenheims Julian Nagelsmann ist mit seinen 30 Jahren ein Trainer, von dem sich Reimers inspirieren lässt.
„Ich orientiere mich an Trainern, die mit dem Ball arbeiten wollen. Mich beeindruckt, wie souverän Julian Nagelsmann in seinem Alter arbeitet. Wie mutig und nach vorne er seine Mannschaft vom ersten Tag an spielen lassen hat und dabei gleichzeitig innovativ denkt.“ Nagelsmann erhielt vor zwei Jahren die Lizenz zum Fußballlehrer – als Zweitbester des Jahrgangs hinter dem heutigen Schalker Cheftrainer Domenico Tedesco. In zehn Monaten wird auch Reimers zur Liste der deutschen Fußballlehrer gehören. Es wird der nächste Schritt auf dem Weg zu seinem Traum sein. Damit er irgendwann auch in einer Liga mit Nagelsmann und Tedesco arbeiten kann.