Hamburg. Wegweisende Versammlung: An diesem Sonnabend entscheidet der Aufsichtsrat über den Sportvorstand und den Vorstandschef.
Um die Versammlung, auf der es um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunft des ganzen Clubs geht, wird kein großes Geheimnis gemacht. Getagt wird am Dienstag, 19 Uhr, im Hansesaal des Schützenhofes. Natürlich in Paderborn. Denn schließlich geht es um die Ausgliederung der Profiabteilung des SC Paderborn. „Wir werden das schon hinbekommen“, orakelte SC-Sportchef Markus Krösche vor seinem Sylt-Urlaub, den er an diesem Wochenende beenden muss.
Gleiches dürfte der Nordseefan auch von einer anderen Versammlung erwarten, um die zwar ein viel größeres Geheimnis gemacht wird, in der es aber genauso um die Zukunft eines Clubs gehen soll. Gemeint ist nicht Zweitligaaufsteiger SC Paderborn, sondern Bundesligaabsteiger HSV. Und Sylt-Urlauber Krösche, so viel steht vor dem Hamburger Gipfeltreffen fest, soll auch bei dieser Sitzung eine Hauptrolle spielen.
Strauß von Entscheidungen
An diesem Sonnabend ab 15 Uhr tagt also der HSV-Aufsichtsrat um Kontrollchef Bernd Hoffmann – und hat gleich einen ganzen Strauß von Entscheidungen zu treffen. Entscheidung Nummer eins: Wer wird neuer Sportvorstand? Zur Wahl stehen Kiels Noch-Sportchef Ralf Becker und eben Paderborns Krösche. Auch Leipzigs Oliver Mintzlaff soll kontaktiert worden sein, hat nun aber seinen Vertrag bei RB bis 2022 verlängert. Mindestens genauso wichtig ist aber Entscheidung Nummer zwei: Wer wird neuer Vorstandsvorsitzender? Und hier steht, Stand jetzt, nur noch einer zur Wahl: Hoffmann, Bernd.
Etwas mehr als sieben Jahre, nachdem Hoffmanns Vertrag als Clubchef gegen die großzügige Abfindung von einer Million Euro aufgelöst worden war, soll nun also das stets dementierte, aber immer erwartete Comeback im HSV-Vorstand folgen. Wer hätte das gedacht? Oder besser: Wer hätte das nicht gedacht?
Führungsstruktur Schritt für Schritt verändert
In Internetforen wurde bereits vor der zukunftsweisenden Sitzung der Hamburger Sport Verein (HSV) in Hoffmanns Sport Verein umbenannt. Denn tatsächlich hat es der kluge Strippenzieher Hoffmann recht geschickt verstanden, den sportlichen Niedergang des HSV zu nutzen, um die Führungsstruktur Schritt für Schritt zu verändern. Schritt eins: Zunächst ließ sich der frischgewählte HSV-Präsident im März auch zum Aufsichtsratschef küren. Schritt zwei: Als Kontrollchef konnte Hoffmann maßgeblichen Einfluss auf die Suche eines neuen Sportvorstands (Krösche oder Becker) ausüben. Und nach dieser Entscheidung folgt nun Schritt drei: Hoffmanns Beförderung vom Aufsichtsrats- zum Vorstandschef.
Genau an dieser Stelle ist allerdings noch ein wenig Sand im Getriebe. Denn nicht alle Räte im Sechsergremium sind uneingeschränkt davon begeistert, dass der frühere HSV-Chef (2003 bis 2011) auch der zukünftige HSV-Chef sein soll. Besonders Fünf-Wochen-Kontrollchef Michael Krall soll Hoffmanns Ratzfatz-Aufstieg ein Dorn im Auge sein.
Zwei Szenarien
Nach Abendblatt-Informationen sind an diesem Sonnabend deshalb zwei Szenarien denkbar: Entweder Hoffmann erhält für seinen Weg eine klare und überzeugende Mehrheit im Aufsichtsrat – und wird folgerichtig neben dem neuen Sportvorstand und Finanzvorstand Frank Wettstein zum Vorstandschef (zunächst für ein Jahr) ernannt. Oder – im Falle von schwierigen Mehrheitsverhältnissen – die Komplettierung des Vorstands wird „bis auf Weiteres“ verschoben.
Klar ist dagegen, dass Bernhard Peters, der am liebsten selbst in den Vorstand gewechselt wäre, weiterhin Sportdirektor bleiben soll – unabhängig vom neuen Sportvorstand. Das soll Hoffmann auch Kandidat Becker klargemacht haben. Dem sagte man nach, dass er Zweifel an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Peters geäußert haben soll.
Zweifel an Peters mutmaßlicher Erfolgsstory
Zuletzt hatte Vorstand Wettstein, der Hoffmanns angestrebten Wechsel in den Vorstand kritisch beäugt hatte, die Werbetrommel für Peters gerührt. „Der HSV ist in die Spitze des deutschen Fußballnachwuchses (...) aufgestiegen. Das alles ist eine Teamleistung, an der Herr Peters einen sehr großen Anteil hat“, lobte Wettstein und kritisierte: „Zum jetzigen Zeitpunkt, noch bevor überhaupt ein Sportvorstand bestellt ist, eine öffentliche Debatte über Herrn Peters zu führen, verkennt komplett die Leistungen von Herrn Peters in den letzten vier Jahren.“
Dabei hatte Hoffmann selbst noch vor Kurzem Zweifel an Peters mutmaßlicher Erfolgsstory geäußert. „Es ist wichtig, dass möglichst viele beim HSV ausgebildete Spieler den Durchbruch bei den Profis schaffen“, sagte Hoffmann im Gespräch mit dem Abendblatt. „Und da haben wir noch Luft nach oben.“
Interessiert verfolgt man die Entscheidungen beim HSV am Wochenende natürlich auch in Paderborn. Schließlich soll im Anschluss an die Ausgliederung am Dienstag auch beim SC ein neuer Vorstandschef gesucht werden. Einer der Kandidaten übrigens: Krösche, Markus.
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