Hamburg. Holtby bringt das Personalpuzzle mit seinem Verbleib ins Rollen. Hunt könnte als nächster folgen. Und dann ist da noch ein Schweizer.
Was vor wenigen Wochen noch undenkbar gewesen wäre, deutete sich am Donnerstag zur Mittagszeit an. Um 12.30 Uhr kursierte auf Twitter ein unscharfes Handybild, auf dem Lewis Holtby an der Seite von Dino-Maskottchen Hermann auf dem Rasen des Volksparkstadions zu erkennen war. Was zu diesem Zeitpunkt niemand wusste: Holtby hatte soeben einen Einjahresvertrag beim HSV unterschrieben. Letzte Zweifel beseitigte der Club um 14.20 Uhr in Form eines kitschigen Videos, in dem sich Holtby und Dino Hermann herzlich umarmen.
Der Lieblingsschüler von Trainer Christian Titz und Liebling der Fans bleibt also trotz des Abstiegs in die Zweite Liga. Holtby ist überzeugt von dem Weg, den der Verein unter dem Coach eingeschlagen hat. Der gebürtige Rheinländer verzichtet mit seiner Vertragsunterschrift beim HSV auf viel Geld – und die Teilnahme am internationalen Geschäft, womit ihn Clubs aus Spanien, Italien, der Türkei und Russland gelockt haben sollen. Bislang verdiente der 27 Jahre alte Mittelfeldspieler inklusive Prämien mehr als vier Millionen Euro, in Zukunft wird es weniger als die Hälfte sein.
„Für mich war schnell klar, dass ich beim HSV bleiben möchte“, sagte Holtby mit einem breiten Grinsen in eine Vereinskamera. Tatsächlich wurden die Details des neuen Kontrakts in wenigen Gesprächen ausgehandelt. „Ihm war klar, dass eine Verlängerung nur zu angemessenen Zweitligabedingungen gehen wird. Das ist ein tolles Statement von Lewis“, lobt Kaderplaner Johannes Spors.
Kaderplanung: HSV so früh dran wie lange nicht
Nach Innenverteidiger David Bates (Glasgow Rangers), Stürmer Manuel Wintzheimer (FC Bayern) und Mittelfeldspieler Christoph Moritz (Kaiserslautern) unterschreibt nun also auch Holtby beim HSV. Eine vergleichbare Transferbilanz hatte der Club zuletzt in der Saison 2005/06 aufzuweisen, als Ende Mai ebenfalls bereits drei Neuzugänge feststanden.
Die Hanseaten sind in diesem Jahr erstaunlich früh dran mit ihrer Kaderplanung. Und das ohne einen echten Sportchef, der erst am Sonnabend erwartet wird, wenn sich der Aufsichtsrat entweder auf Kiels Geschäftsführer Ralf Becker oder Paderborns Markus Krösche festlegen wird.
Mathenia vor Wechsel, Hunt vor Verlängerung
Der neue Sportvorstand soll vollenden, was Spors bereits vorbereitet hat. Wie zum Beispiel den bevorstehenden Abgang von Christian Mathenia. Der Ersatztorwart soll laut „Bild“ vor einem Wechsel zum Bundesliga-Aufsteiger Nürnberg stehen.
Aber auch Holtbys Verbleib bringt weitere Steine in der Personalplanung ins Rollen. So steht auch Aaron Hunt nach Abendblatt-Informationen vor einer Verlängerung beim HSV. Der 31 Jahre alte Routinier knüpft seinen Verbleib daran, dass die Hamburger eine schlagkräftige Mannschaft für das Ziel Wiederaufstieg zusammenstellen. Dazu zählt neben Holtbys Unterschrift auch der Verbleib von Kumpel Bobby Wood.
Über die Laufzeit von zwei Jahren sind sich Hunt und der HSV bereits einig. Jetzt geht es noch ums Geld. Wie Holtby würde auch Hunt lukrativere Angebote, wie das von Hannover 96, ausschlagen. Der Offensivakteur, mit 3,5 Millionen Euro Jahresgage bislang einer der Topverdiener, ist von seiner ursprünglichen Forderung von zwei Millionen Euro abgewichen und dem HSV entgegengekommen. Eine Entscheidung wird in der kommenden Woche erwartet.
Berns Fassnacht will unbedingt zum HSV
Verlängert Hunt, wäre im Mittelfeld nur noch eine Position zu vergeben: die des Rechtsaußens. Hierfür hat der HSV zwei Kandidaten im Visier. Nicolai Müller (30) und Christian Fassnacht (24) vom Schweizer Meister Young Boys.
Bei Müller, mit dem der Club verlängern will, zieht sich eine Entscheidung noch hin. Unabhängig davon sind die Verhandlungen mit Fassnacht dagegen recht fortgeschritten. Einziger Knackpunkt ist noch die Ablöse.
Bern will seinen Elf-Tore-Mann halten. Die Verantwortlichen um Sportchef Christoph Spycher können nicht nachvollziehen, dass der Offensivspieler die Zweite Liga der Champions League vorzieht und rufen mindestens fünf Millionen Euro Transferentschädigung auf. Zu viel für den HSV, auch wenn genau diese Summe gerade durch den Verkauf von Luca Waldschmidt zum SC Freiburg eingenommen wurde.
Fassnacht noch nicht reif für Topliga
In den anstehenden Verhandlungen mit Bern, die der neue Sportvorstand führen würde, setzen die Hamburger darauf, dass Fassnacht unbedingt zum HSV will. Das hat er seinem aktuellen Club, der am Sonntag im Pokalfinale gegen Zürich erstmals das Double gewinnen kann, auch schon mitgeteilt.
Andere Anfragen von Frankfurt und Wolfsburg sowie aus Italien von Europa-League-Teilnehmer Bergamo und Florenz soll Fassnacht vorerst ausgeschlagen haben. Der dynamische Flügelflitzer traut sich den Sprung in eine europäische Topliga noch nicht zu. Vielmehr will er beim HSV an die Bundesliga heranwachsen.
Jetzt müssen sich beide Vereine nur noch auf eine Ablöse einigen, dann wäre Fassnacht ein weiteres Puzzleteil für den angestrebten Wiederaufstieg.