Hamburg. Ein Abstieg des VfL könnte das Projekt Wiederaufstieg erschweren – und auch die Verpflichtung des neuen Sportvorstands.

Noch am vergangenen Sonnabend waren die Sympathien der HSV-Anhänger sehr einseitig verteilt. Nie haben sie dem VfL Wolfsburg eine Heimniederlage mehr gewünscht als an jenem letzten Bundesligaspieltag der Saison 2017/18 gegen den 1. FC Köln. Nur das hätte den Hamburgern noch die Chance eröffnet, mit einem eigenen Sieg gegen Mönchengladbach auf dem Umweg der Relegation den Klassenerhalt zu schaffen.

Es kam bekanntlich anders: Wolfsburg gewann 3:1, der HSV war trotz eines beeindruckenden Endspurts nicht mehr vor dem ersten Abstieg zu retten. Jetzt ist es also der VfL, der an diesem Donnerstag wie schon im Vorjahr in die Hoffnungsrunde geht. Und zumindest bis zum Rückspiel am Pfingstmontag bei Holstein Kiel wird plötzlich mancher Hamburg- zum Wolfsburg-Fan werden.

VW bliebe auch bei Abstieg

Denn ein Wolfsburger Abstieg würde das HSV-Ziel Wiederaufstieg wohl deutlich erschweren. Zwar würde der Etat des VfL auch im Fall des Klassenerhalts sinken – VW hatte bereits im Winter angekündigt, seine Zuwendungen unter dem Eindruck des Abgasskandals von derzeit 80 bis 90 Millionen auf 60 bis 70 Millionen Euro zu kürzen.

Aber trotz des Stotterns werde der Motor danach schon weiterlaufen, wie Frank Witter, Aufsichtsratschef des Vereins und Vorstandsmitglied des Konzerns, jüngst versicherte. Man stehe „für ein nachhaltiges Engagement und eine langfristige Partnerschaft. Am Ende des Tages gehen wir den Weg gemeinsam – und wenn es die Zweite Liga ist.“

Geteiltes Leid ist in diesem Fall nicht halbes Leid: ein HSV- und ein VfL-Fan beim Bundesliga-Duell in Wolfsburg am 28. April
Geteiltes Leid ist in diesem Fall nicht halbes Leid: ein HSV- und ein VfL-Fan beim Bundesliga-Duell in Wolfsburg am 28. April © imago/Nordphoto | nordphoto / Ewert

Der finanzielle Spielraum der Wolfsburger läge somit wohl auch in der Zweiten Bundesliga immer noch deutlich über dem des HSV. Der will seinen Personaletat von bisher 55 Millionen auf 30 bis 35 Millionen Euro kürzen. Damit läge man etwa im Bereich von Mitabsteiger Köln. Auch der Effzeh hat sich den sofortigen Wiederaufstieg auf die rot-weißen Fahnen geschrieben. Im Fall des Wolfsburger Abstiegs wären es somit schon zwei Finanzriesen, mit denen sich der HSV im Kampf um die beiden direkten Aufstiegsplätze auseinanderzusetzen hätte.

Becker käme auch bei Aufstieg

Dass Geld allerdings nicht immer Tore schießt, dafür sind die beiden Relegationsteilnehmer das beste Beispiel. Nach Berechnungen der Analysten von „Transfermarkt“ ist der Marktwert des Wolfsburger Kaders mit 142,85 Millionen Euro etwa zehnmal so hoch wie der des VfL (14,53 Millionen Euro). Der Kieler Gehaltsetat war sogar der kleinste der Zweiten Liga: 6,2 Millionen Euro. „Das sind etwa zwei Topspieler unseres Gegners“, sagte Kiels sportlicher Leiter Ralf Becker im „Sport-Bild“-Interview.

Becker (47) gilt aktuell als Topkandidat auf den neuen Posten des Sportvorstands beim HSV. Er ist angeblich auch im Fall des Aufstiegs zum Wechsel nach Hamburg bereit. Der Schritt dürfte ihm allerdings deutlich leichter fallen, sollte der Höhenflug der Störche in der Relegation enden und der Durchmarsch in die Bundesliga misslingen. Schon deshalb müssten sie beim HSV den Wolfsburgern die Daumen drücken.

HSV-Bude (Teil 8): Das große Abstiegslatinum

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