Stuttgart. Titz-Elf kann Kölner Klatsche nicht nutzen und bleibt Letzter. Ginczek bringt Jung mit vermeintlichem Müller-Jubel zur Weißglut.
Zum Ende der Fastenzeit hat der HSV zwar seinen Punkteverzicht bei Auswärtsfahrten beendet, durch das 1:1 (1:1) beim VfB Stuttgart aber dennoch kaum Boden im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga gutgemacht. Zwar ließ sich Konkurrent 1. FC Köln zeitgleich mit 0:6 in Hoffenheim abschlachten, doch das eigene Unentschieden bedeutet für den Dino bei noch immer sechs Punkten Rückstand auf Wolfsburg und Mainz weder Fisch noch Fleisch.
Dabei griff Christian Titz bei seinem zweiten Spiel als HSV-Cheftrainer erneut tief in die personelle Überraschungstüte und zog im 19 Jahre alten Innenverteidiger Stephan Ambrosius sogar einen Profi-Debütanten hervor. Auch mit der Rückkehr Mohamed Gouaidas in die Startelf nach drei Jahren hatte nicht unbedingt jeder gerechnet. Dazu durfte Luca Waldschmidt im 4-1-4-1-System von Beginn an als Sturmspitze ran.
Waldschmidt legt für Holtby auf
Und der Retter der Vorsaison rechtfertigte seinen Einsatz mit einigen guten Offensivaktionen, von denen eine zur verdienten Führung führte: In der 18. Minute nutzte Waldschmidt im Strafraum einen Fehler des VfB-Verteidigers Benjamin Pavard und gab einen Schuss ab, den Ron-Robert Zieler nur nach vorne abklatschen lassen konnte. Lewis Holtby schaltete schneller als Holger Badstuber und spitzelte den Ball mit der linken Pieke ins Netz.
Die HSV-Profis in der Einzelkritik
"An guten Tagen kann er ihn vielleicht auch festhalten", urteilte der ehemalige VfB-Profi Andreas Hinkel über den einstigen Nationalspieler im Stuttgarter Kasten. Bereits im Hinspiel hatte Zieler durch einen allerdings tatsächlich schweren Patzer den 3:1-Sieg des HSV begünstigt. Lang, lang ist's her – und dass es am Ostersonnabend nicht zur Hamburger Auferstehung und den ersehnten fünften Saisonsieg reichte, lag auch an Ambrosius.
Die Statistik
Jung fühlt sich von Ginczek-Jubel provoziert
Denn unmittelbar vor dem Pausenpfiff leitete der Neuling (stand zuvor lediglich dreimal im Profi-Kader) den Stuttgarter Ausgleich ein: Im Strafraum köpfte Ambrosius den Ball Erik Thommy vor die Füße, der sofort abzog. Beim nicht sonderlich scharfen Schuss patzte dann auch noch Julian Pollersbeck, der den Ball nicht festhalten konnte. Diesmal sagte Daniel Ginczek danke und staubte ab (44.).
Seinen Treffer feierte der ehemalige St. Paulianer mit einem Drehjubel, der Gideon Jung derart auf die Palme brachte, dass er Ginczek am Nacken packte. Zur Erinnerung: HSV-Angreifer Nicolai Müller hatte sich am 1. Spieltag das Kreuzband gerissen, als er bei einem ähnlich anmutenden Jubel wie nun Ginczek im Rasen hängen blieb. "Er hat uns lächerlich gemacht, er hat Nicolai lächerlich gemacht", sagte Jung anschließend bei Sky.
Die Höhepunkte des Spiels
HSV fängt sich in der zweiten Hälfte wieder
Ginczek wiederum gab sich nach Spielschluss ahnungslos und überrascht zugleich. "Ich bin gerade schockiert, dass er mir das unterstellt", sagte der Torschütze: "Wenn das so verstanden wurde, entschuldige ich mich hierfür." Den Torjubel habe nichts mit Müller zu tun, er sei vielmehr aus einem Playstation-Spiel adaptiert. "Ich habe diesen Jubel in einer WhatsApp-Gruppe versprochen", erklärte Ginczek.
Ungeachtet der Jubel-Debatte war der Ausgleichstreffer der erste Torschuss der Stuttgarter überhaupt – und der psychologisch bedeutsame Zeitpunkt ließ die Schwaben um einiges aktiver aus der Kabine kommen. Nach mehreren Abschlüssen der Gastgeber fing sich der HSV Mitte der zweiten Hälfte dann wieder, konnte trotz Gelegenheiten von Filip Kostic und Gotoku Sakai (62.) sowie Waldschmit (67.) selbst kein weiteres Mal jubeln.
Holtby: "Mund abputzen, weitermachen"
Und so blieb es bei dem einen Zähler, der immerhin den sechsten Auswärtspunkt dieser Spielzeit bedeutet und bei den beteiligten Profis die Hoffnung auf ein Wunder nährt. "Wir haben zuletzt viermal verloren, jetzt müssen wir auch mal mit dem Punkt leben", sagte Jung, während auch Torschütze Holtby Kampfgeist propagierte: "Nach den Misserfolgen der letzten Wochen war es wichtig, wieder Stabilität reinzubekommen. Jeder Punkt tut uns gerade gut, um Selbstvertrauen zu tanken."
Titz indes lobte das Engagement seiner Spieler. "Die Jungs haben weiter alles versucht, aber es hat am Ende nur zum 1:1 gereicht", sagte Hamburgs Trainer in der Pressekonferent. "Wir sind natürlich enttäuscht. Wir wissen, dass wir in einer Situation sind, wo wir unbedingt Punkte holen müssen." Mit Blick auf das kommende Heimspiel gegen Schalke am nächsten Sonnabend (18.30 Uhr/im Liveticker auf abendblatt.de) gab Titz-Kumpel Holtby deshalb schon einmal die Marschroute vor: "Mund abputzen, weitermachen."