Hamburg. Der neue HSV-Trainer versprüht vor dem Heimspiel gegen Hertha BSC Zuversicht – und will die Spieler „als Menschen“ behandeln.

„Guten Tag!“ Laut und vernehmlich für jeden. Da ist kein Zögern und kein Zaudern zu spüren, auch keinerlei Lustlosigkeit an der obligatorischen Fragerunde vor einem Bundesligaspiel. Internetkameras an, die Live­streams laufen: Christian Titz betritt das Podium. „Nur der HSV“, brüllt es in riesigen Lettern von der Rückwand. „Ich fühle mich sehr wohl in dieser Aufgabe“, sagt der neue HSV-Trainer.

Fünf Einheiten hatte er bis dahin geleitet. Eine noch, an diesem Freitag ohne Öffentlichkeit, dann geht es los. Dann kommt am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) Hertha BSC ins Volksparkstadion. „Ich gehe mit mehr Zuversicht und einem guten Gefühl in das Spiel“, behauptet der Fußballlehrer Titz durchaus glaubwürdig nach drei Tagen Arbeit – „die Gruppe hat eine gute Trainingsarbeit abgeliefert.“

Chancen für Steinmann und Seo

Je zwei Einheiten am Dienstag und am Mittwoch standen auf dem Programm, eine am Donnerstag. Jeweils mit einer Gruppe von 29 Feldspielern und drei Torhütern. Vollbetrieb. Sechs Spieler aus „seiner“ alten Regionalligamannschaft sowie aus der U 19 hatte er mittrainieren lassen. „Mir hat gut gefallen, dass die Hinzunahme der Jungen dazu geführt hat, dass die Spieler, die da waren, richtig dran gezogen haben und Bereitschaft für die Veränderungen gezeigt haben“, sagt Titz.

Für Arianit Ferati, Moritz-Broni Kwarteng und Mohamed Gouaida aus der U 21 sowie Josha Vagnoman und Marco Drawz aus der U 19 war dieses Erlebnis am Donnerstag zunächst wieder beendet. Sie sollen am Wochenende in ihren Stammteams spielen. Matti Steinmann und Young-Jae Seo haben im Abschlusstraining noch die Chance, sich für den endgültigen 18er-Kader zu empfehlen. „Es wird Veränderungen in der Startaufstellung geben, und es wird eine Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern sein“. Mehr wollte Titz noch nicht sagen.

Pollersbeck und Wood dürfen hoffen

Der neue Cheftrainer Christian Titz (l.) im Gespräch mit Stürmer Bobby Wood, der zuletzt zweimal nicht im Kader gestanden hatte
Der neue Cheftrainer Christian Titz (l.) im Gespräch mit Stürmer Bobby Wood, der zuletzt zweimal nicht im Kader gestanden hatte © dpa | Daniel Reinhardt

Sehr gut möglich erscheint ein erneuter Wechsel im Tor, Julian Pollersbeck für Christian Mathenia. Einfach weil Pollersbeck der bessere Fußballer ist. Auch die Chancen von Bobby Wood sind wieder gestiegen. Bei Bernd Hollerbach stand der zweifelnde Amerikaner zuletzt zweimal nicht im Kader. Er ist ein typischer Fall für das mentale Aufbauprogramm des neuen Trainerteams. „Er war in den Gesprächen, die wir mit ihm geführt haben, sehr offen und positiv“, erzählt Trainer-Berater Thomas von Heesen.

Der Zugang zum grundverunsicherten Team geht tatsächlich über intensiven Austausch zwischen Trainer und Profi. „Einzelgespräche“ gehören klischeehaft zum Werkzeug jedes neuen Trainers, dennoch können sie etwas bringen, wenn ein Coach sie führt, wie Titz es von sich erzählt: „Wenn man auf Menschen zugeht, wenn man sie als Menschen behandelt, dann bekommt man das Gleiche zurückgegeben.“

Für Titz ist vieles Kopfsache

So ist es dann ein gegenseitiges (Kennen-)Lernen, ein Miteinander für ein Ziel. Es doch noch zu schaffen, irgendwie. Vor allem, den Glauben daran zu stärken und diese Resignation zu vertreiben. „Ich habe den Eindruck, und das war unsere allererste Aufgabe, dass die Mannschaft daran glaubt, dass wir eine reelle Chance haben, das Spiel für uns zu entscheiden.“

Rund 50.000 werden dann im Stadion sitzen beim Spiel der letzten Gelegenheit, zugleich dem Bundesligadebüt von Titz. Spürt man da nicht unglaublichen Druck, auch wenn man mit 46 Jahren kein junger Hüpfer mehr ist? Muss man doch, oder? „Ich habe eine große Freude auf das Spiel“, meint der HSV-Coach. Positiv, zuversichtlich, mutig, nicht ans Scheitern denken, sondern an die Möglichkeiten. Das versucht er seit drei Tagen zu vermitteln. „Fußball entscheidet sich sehr stark im Kopf“, weiß er, „es gibt viele, die Qualität haben, aber nicht die nötigen PS auf den Platz kriegen.“

Und er selbst? Endlich Bundesligatrainer. Die Chance des Lebens? „Das Leben ist mehr als Fußball“, sagt Christian Titz, „aber ja, es ist eine große berufliche Chance.“ Es sind gerade seine Stunden, seine Tage, sein Glück: „Ich darf das machen, was wenigen Menschen vergönnt ist: als Fußballtrainer mit Menschen, die eine hohe Qualität haben, auf den Platz zu gehen.“ Das nimmt er mit, das füllt den Tag mit großer Freude an diesem Abenteuer. „Ich komme zu gar nichts anderem. Außer wenn ich abends nach Hause komme, um noch kurz meine Frau zu treffen.“

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