Frings drückt HSV die Daumen. Rost nennt HSV Selbstbedienungsladen. Kind gibt Tipps für Zweite Liga. Holt Augsburg Hahn zurück?
Müller übt mit Ball, Walace und Mavraj krank
Nach dem trainingsfreien Montag hat am Dienstag um 10 Uhr die Mission impossible des HSV begonnen: Vorbereitung auf das Spiel beim alten und designierten neuen deutschen Meister FC Bayern München am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky, Liveticker auf Abendblatt.de). Da wäre alles andere als ein Debakel schon als Erfolg zu werten.
Statt auf den Platz schickte HSV-Trainer Bernd Hollerbach seine Profis aber erst einmal zum Laufen in den Altonaer Volkspark. Nur die Torhüter übten mit dem Ball – und erstmals wieder Nicolai Müller. 199 Tage nachdem er sich im Saisonauftaktspiel gegen Augsburg beim Torjubel das Kreuzband riss, ist der Angreifer weiter auf dem Weg der Genesung. „Das Knie ist nicht dick, er ist sehr positiv“, sagte Hollerbach. Müller machte mit Rehabilitationstrainer Sebastian Capel Passübungen. Ein konkreter Termin für sein Comeback ist allerdings noch nicht abzusehen.
Auch der am Sprunggelenk verletzte Bjarne Thoelke absolvierte nur ein individuelles Trainingsprogramm. Nicht mitüben konnten die erkrankten Walace und Mergim Mavraj. Der dauerangeschlagene Albin Ekdal arbeitete im UKE an seiner Gesundung.
Am Nachmittag fand eine weitere Trainingseinheit statt, diesmal ging es für alle auf den Platz. Und dort war ein stark verjüngter HSV zu sehen. Neben Stephan Ambrosius (19) und Josha Vagnoman (17), die in den vergangenen Wochen regelmäßig mit den Profis trainierten, wurden auch Marco Drawz (19) und Torwart Bennett Schauer (18) aus der A-Jugend-Bundesligamannschaft hinzugebeten. Berührungsängste gab es nicht, im Gegenteil: Schauer haute bei einem Zweikampf Routinier Sejad Salihovic rustikal um.
Das Programm war naheliegend: Es wurden Torabschlüsse geübt. Der HSV hat in der laufenden Saison erst 18 Tore erzielt, mit Abstand die wenigsten aller Bundesligavereine.
Frings drückt HSV die Daumen
Bremens früherer Star Torsten Frings drückt dem HSV im Kampf gegen den erstmaligen Abstieg aus der Bundesliga die Daumen. "Ich persönlich würde mich freuen, wenn Hamburg drinbleibt. Alleine wegen der Derbys gegen Werder. Das war immer eine hitzige Atmosphäre früher", sagte Frings bei der Präsentation des spanischen Formel-2-Rennstalls Campos Vexatec Racing in Valencia: "Eine Stadt wie Hamburg braucht einen Bundesligisten. Aber ich glaube auch, dass es sehr, sehr schwer wird."
Vom Klassenerhalt seines Exclubs Werder Bremen ist der 79-malige Nationalspieler überzeugt. "Ich rechne fest damit, dass Werder am Ende nicht absteigen wird", sagte der 41-Jährige: "Die Mannschaft hat sich ein bisschen stabilisiert. Trotzdem ist es noch eine gefährliche Situation."
Frings war zuletzt von Januar 2017 bis Anfang Dezember als Cheftrainer bei Darmstadt 98 angestellt. Derzeit arbeitet er unter anderem als Experte für das Schweizer Unternehmen Vexatec, einen Entwickler von Sport-Kompressionshirts mit integrierten Daten-Monitoringsystemen.
Van Marwijk nominiert zwei Bundesligaprofis
Zwei Profis aus den deutschen Bundesligen sollen Bert van Marwijk zu einem erfolgreichen Debüt als australischer Nationalcoach verhelfen. Der frühere HSV-Trainer berief Stürmer Mathew Leckie von Hertha BSC und Robbie Kruse vom VfL Bochum in sein vorläufiges Aufgebot für die beiden Testspiele gegen Norwegen und Kolumbien im März. Auch der 38 Jahre alte Rekordtorschütze Tim Cahill und der frühere Dortmunder Mitchell Langerak stehen im ersten Aufgebot, das van Marwijk nominiert hat.
Der Niederländer hatte das Amt im Januar übernommen, nachdem Ange Postecoglou nach der erfolgreichen WM-Qualifikation im November zurückgetreten war. Bei dem Turnier in Russland im Sommer treffen die "Socceroos" in der Gruppe C auf Frankreich, Peru und Dänemark.
Kommende Woche will van Marwijk seinen endgültigen Kader für die beiden letzten Testspiele vor der WM bekannt geben. „Die Spiele sind eine große Chance für die Spieler, ihre Ansprüche für Russland zu unterstreichen“, sagte van Marwijk. „Aber die Tür bleibt natürlich auch für alle Spieler offen, die bei diesen Partien nicht dabei sind.“ Van Marwijk (65) betreute den HSV von September 2013 bis Februar 2014.
Sammer: Kühnes Engagement wird zum Bumerang
Der erste Bundesliga-Abstieg ist bei sieben Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz kaum noch abzuwenden, aber an guten Ratschlägen mangelt es dem HSV sicher nicht. Der Eurosport-Experte und frühere Bayern-Sportchef hat im Verein ein Strukturproblem ausgemacht. „Dieser rote Faden beim HSV, wie der ganze Verein organisiert ist, erscheint mir das Hauptproblem zu sein“, sagte der Europameister von 1996 im Eurosport-Interview: „Alle Situationen, Positionen, Menschen und Gremien müssen im Sinne des HSV so organisiert sein, dass man handlungsfähig ist und mit der nötigen Qualität agieren kann – aber das ist seit über einem Jahrzehnt das Riesenproblem!“
Neben der Kompetenz sei fehlendes Vertrauen zwischen den Clubgremien ein weiterer Faktor des Misserfolgs. „Du kannst in Hamburg alle Vorschläge schon nachlesen, bevor sie überhaupt entschieden sind. Damit geht so viel kaputt“, sagte Sammer: „Die Folge sind Vertrauensverlust und Handlungsunfähigkeit.“
Das Engagement von Investor Klaus-Michael Kühne befürwortet Sammer, der 2011 vor einem Engagement beim HSV stand. Dies habe jedoch klar koordiniert und kommuniziert werden müssen – vor allem in puncto Handlungsfähigkeit und Vertrauensbasis, was ihm nie gegeben schien. Positives in einer ungeordneten Struktur werde zum Bumerang, sagte der 50-Jährige.
Holt Augsburg Hahn zurück?
Verlässt André Hahn den HSV nach nur einem Jahr wieder? Drei Tore sind dem früheren Nationalspieler in 21 Einsätzen gelungen – nicht das, was sich der HSV versprochen hat, als er Hahn im vergangenen Sommer für eine Ablöse von sechs Millionen Euro von Borussia Mönchengladbach verpflichtet hat. Ob sich der HSV den Topverdiener auch in der Zweiten Bundesliga leisten könnte und wollte, darf bezweifelt werden.
Da kämen anderweitige Interessenten vermutlich gerade recht. Laut „Hamburger Morgenpost“ erwägt der FC Augsburg, den Stürmer zurückzuholen. Hahn spielte von Januar 2013 bis Sommer 2014 erfolgreich für die Schwaben, bevor er für 2,25 Millionen Euro zur Borussia wechselte.
HSV-Kader im Umbruch: Wer bleibt, wer geht?
* Rot: Spieler, die den HSV wohl verlassen. Grün: Profis, die eher bleiben. Schwarz: Zukunft offen. Marktwert-Quelle: transfermarkt.de
Auch die Brasilianer Walace und Douglas Santos könnten im Sommer weg sein. An Linksverteidiger Douglas Santos ist laut „Mopo“ der designierte niederländische Meister PSV Eindhoven weiterhin stark interessiert. Der defensive Mittelfeldmann Walace, der im Winter erfolglos seinen Wechsel erzwingen wollte, stehe bei mindestens einem Club in seiner Heimat auf dem Wunschzettel. Beide dürften wohl auch gehen – wenn ihr Wechsel dem HSV jeweils eine Ablöse von mindestens fünf Millionen Euro brächte.
Rost: HSV ist „Selbstbedienungsladen“
Der langjährige Hamburger Profi und frühere Nationaltorhüter Frank Rost beklagte zudem die große Abhängigkeit von Kühne. „Jeder will immer nur hingehen und sich Geld leihen, das bringt dich aber immer nur tiefer in die Abhängigkeit“, sagte der 44-Jährige in der Sendung „100 Prozent Bundesliga – Fußball bei Nitro“. Damit sei der Club auch teilweise den Launen ausgesetzt: „In den letzten Jahren ist der HSV mehr und mehr zum Selbstbedienungsladen von Beratern und Spielern geworden.“
Trotz der verfahrenen Situation mit sieben Punkten Rückstand auf den Relegationsrang 16 glaubt Rost noch an eine kleine Chance für den Bundesliga-Dino. „Ich glaube, dass es ausgemacht wird zwischen Wolfsburg, Mainz, HSV und Köln“, sagte Rost: „Es bestehen noch für alle Mannschaften realistische Chancen.“
Was wird aus „Hamburg, meine Perle“?
Juve und München, Dortmund und Schalke: Die großen Spielstätten des Fußballs haben in der HSV-Hymne „Hamburg, meine Perle“ einen festen Platz. Von der Realität des designierten Absteigers könnten sie allerdings bald schon weit, weit weg sein. Singt Lotto King Karl also künftig stattdessen von Aue, Sandhausen oder – horribile dictu – dem FC St. Pauli?
Nein, sagte Lotto King Karl der „Hamburger Morgenpost“. Auch im Abstiegsfall bleibe die Hymne, die er und Carsten Pape seit nunmehr 18 Jahren vor jedem Heimspiel live im Volksparkstadion schmettern, die gleiche. „Da der Text ohnehin nie als Bundesligahymne gedacht war, müsste ich auch nichts ändern“, sagte der Barde.
Der HSV bestritt, dass es aktuell Überlegungen gebe, die Hymne zu streichen. Man werde sich mit dieser Frage zu gegebener Zeit beschäftigen.
Kind gibt HSV Tipps für die Zweite Liga
Hannovers Präsident Martin Kind hat den HSV vor den Folgen des drohenden Abstiegs gewarnt. „Es ist brutal! Ein Abstieg ist noch viel schlimmer, als man es sich vorstellt“, sagte der Präsident von Hannover 96 der „Hamburger Morgenpost“. Sein Club war 2016 aus der Bundesliga abgestiegen, nur ein Jahr später gelang der Wiederaufstieg.
Diesen habe man mit aller Macht erzwungen. Kind: „Wir sind ein hohes Risiko gefahren, haben für den Wiederaufstieg auch einen Verlust von zwölf Millionen Euro in Kauf genommen.“ Leistungsträger seien gehalten und Verstärkungen wie Niclas Füllkrug und Martin Harnik geholt worden.
Zwar sei es richtig, dass Spieler verkauft werden müssten, um den Etat zu sichern. Allerdings wisse die Konkurrenz um die Nöte des HSV, was den Preis drücke. Von einem kompletten Neuaufbau, wie ihn einige Experten dem HSV empfehlen, hält Kind nichts: „Das wirft dich um Jahre zurück. Da erkenne ich keine Chancen.“
Der Hörgeräte-Unternehmer selbst würde den Abstieg des HSV bedauern. „Es wäre ein ganz herber Verlust für die Liga“, sagte Kind. Zudem sei Hamburg seine Lieblingsstadt.