Hamburg. Der längste Wahlkampf um das Amt des HSV-Präsidenten ist beendet. An diesem Sonntag wird gewählt: Bernd Hoffmann oder Jens Meier.

Jens Meier atmet einmal tief durch. „Der Wahlkampf ist nun endlich vorbei“, sagt er am Freitagvormittag, „und das ist auch gut so.“ Ein letztes Mal werde er sich den Veranstaltungsort die Kuppel in Lurup an diesem Sonnabend anschauen – und dann will der 51 Jahre alte Familienvater vor der mit Spannung erwarteten Mitgliederversammlung am Sonntag um 11 Uhr nur noch eines: in Ruhe Fußball schauen. „Natürlich werde ich beim Spiel gegen Leverkusen im Stadion sein. Der eine oder andere mag in den vergangenen Tagen vergessen haben, dass es eigentlich um nichts anderes als um unseren HSV gehen sollte.“

Um diesen HSV geht es natürlich auch Bernd Hoffmann. Der Meier-Herausforderer hat auf der Wahlkampf-Zielgeraden Glück im Unglück: Sein Handy hat am Freitag endgültig den Geist aufgegeben. „Es ist auch mal erholsam, wenn man ein paar Stunden mal nicht erreichbar ist“, sagt der Mann, der in den vergangenen Wochen Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hat, um am Sonntag als neuer HSV-Präsident gewählt zu werden. „Nach all den Interviews muss ich gestehen: Es reicht jetzt auch mal“, sagt Hoffmann.

Seit drei Jahren ist Jens Meier als HSV-Präsident und AG-Aufsichtsrat im Amt
Seit drei Jahren ist Jens Meier als HSV-Präsident und AG-Aufsichtsrat im Amt © WITTERS | TimGroothuis

Wer bei dem früheren HSV-Vorstandschef zuletzt zu Hause war, der bekam einen Eindruck davon, wie wichtig der 55 Jahre alte Wahlhamburger diese Wahl nimmt. Das Wohnzimmer glich einer Wahlkampfzentrale. An der einen Wand ein selbst geschriebenes Chart mit dem HSV-Organigramm, an der anderen Wand Zahlen, Zahlen und Zahlen. Die Mitgliederentwicklung seit 1995, die Personalien seit 2011, das Uefa-Ranking seit 1995 und der Umsatz seit 1995.

Hoffmann und Meier geizten bislang mit echten Argumenten

Von all diesen Zahlen der Vergangenheit will Noch-Präsident Meier in der Gegenwart nichts wissen: „Es geht um die Zukunft des e. V. – und wir treten mit einem sehr guten Team an. Am Ende müssen dann die Mitglieder entscheiden, welches Konzept sie überzeugt.“

Wahl zum HSV-Präsident

Uwe Seeler: (Legende, Ex-Präsident)

„Es wird einen harten Kampf geben. Ich wünsche mir, dass mal wieder Ruhe in den HSV einkehren wird. Ich werde aber auf keinen Fall  hingehen.“

Alexander Otto (Ex-Aufsichtsratschef):

„Ich erhoffe mir sehr einen fairen Zweikampf und eine sachliche Debatte. Danach muss sich der Verein dringend wieder den Sachthemen zuwenden. Leider schaffe ich es nicht zur Mitgliederversammlung, ich werde sie aber über den Liveticker des Abendblatts verfolgen.“

Otto Rieckhoff (Ex-Aufsichtsratschef):

„Ich wünsche mir, dass im Zuge der Präsidiumswahl künftig in der HSV-AG bessere Personalentscheidungen getroffen werden als bisher. Der Einfluss des Präsidiums als Hauptanteilseigner in der AG muss deutlich gesteigert werden, besonders was das wirtschaftliche Handeln betrifft.“

Michael Stich (Tennislegende, Mitglied):

„Ich finde es bedenklich und schädlich für den Verein, dass die Themen in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Persönliche Befindlichkeiten und Eitelkeiten dürfen nie über dem Wohl dieses tollen Vereins stehen.“

Manfred Ertel  (Ex-Aufsichtsratschef):

„Es geht um die Zukunft des HSV e. V., deswegen werde ich zur Mitgliederversammlung gehen. Ich wünsche mir, dass die solide Führung des e. V. fortgesetzt werden kann und es nicht neue Unruhe oder sogar eine neue Spaltung im Club gibt.“

David Jarolim (Ex-Profi)

„Leider bin ich kein Mitglied mehr und kann dementsprechend auch nicht wählen. Aber Bernd Hoffmann hätte meine Stimme. Der HSV braucht einen Visionär wie ihn mehr denn je.“

Olaf Kortmann (Mitglied, Personalentwickler):

„Leider kann ich nicht anwesend sein, da ich ein Seminar in München gebe. Aber ich hoffe doch sehr, dass Bernd Hoffmann die Wahl gewinnt – und dann auch eher früher als später Vorstand Heribert Bruchhagen und Sportchef Jens Todt keine Verantwortung mehr im Verein haben.“

Marcell Jansen (Ex-Profi und Neu-Kontrolleur):

„Ich würde mir wünschen, dass die Mitglieder die Gesamtsituation der vergangenen Jahre berücksichtigen und ihr Kreuz nicht nur aufgrund des Tabellenstandes machen. Und nur noch einmal zur Erinnerung: Es steht der Präsident des HSV e. V. zur Wahl ...“

Frederik Braun (Miniatur Wunderland, Mitglied):

„Ob ich zur Mitgliederversammlung gehe, kann ich leider nur spontan entscheiden. Ich wünsche mir aber, dass Bernd Hoffmann gewinnt. Nicht weil ich gegen Jens Meier wäre. Aber meiner Meinung nach ist Hoffmann der beste Mann für den HSV in dieser schwierigen  Situation.“

Jürgen Hunke  (Ex-Aufsichtsrat, Ex-Präsident)

„In der jetzigen Situation braucht die HSV-AG einen planvollen und überlegten Sanierer wie Jens Meier, der charakterlich in Ordnung ist und über ein gutes Netzwerk in der Stadt verfügt. Bernd Hoffmann habe ich in unternehmerischer Hinsicht als einen Zocker kennengelernt. Ich habe viele Jahre lang mit ihm als Aufsichtsrat zusammengearbeitet und dabei erleben müssen, wie er Ausgaben ohne Kontrolle verantwortet hat.“

Klaus-Michael Kühne (HSV-Investor):

„Sowohl mit Hoffmann wie auch mit Meier habe ich eine Zeit lang zusammengearbeitet und erwarte ein spannendes Duell. Derjenige, der den HSV aus dieser existenziellen Krise zu führen vermag, möge gewinnen. Viel muss sich ändern, was die Bereitschaft zu raschem und konsequentem Handeln bedingt!“

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Genau an dieser Stelle wird es spannend. Denn obwohl Meier und Hoffmann in den vergangenen Tagen medial omnipräsent waren, geizten bislang beide Bewerber für das HSV-Präsidentenamt mit echten Argumenten. „Ein paar Dinge sollte man sich ja auch noch für die Mitgliederversammlung aufheben“, sagt Meier, der für das Wahlfinale noch eine Überraschung ankündigte.

Interview-Termin mit HSV-Präsidentschaftskandidat Bernd Hoffmann
Interview-Termin mit HSV-Präsidentschaftskandidat Bernd Hoffmann © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Auf böse Überraschungen will Hoffmann gerne verzichten. Ein paar Sorgen habe er aber schon, gibt der selbst ernannte „Vereinsnerd“ zu. Die Größe des Veranstaltungsortes, die Tagesordnung, das Wahlprozedere – es gibt nichts, das vom Herausforderer nicht noch mal kritisch überprüft wurde. „Herr Hoffmann kann sich entspannen“, sagt Meier. „Es wird nicht die erste und auch nicht die letzte HSV-Wahl sein. Der HSV ist doch keine Bananenrepublik.“

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    Da kann man angesichts manch einer Aussage der vergangenen Tage unterschiedlicher Meinung sein. Aber alles Gesagte und alles Geschriebene ist spätestens Sonntagnachmittag Makulatur. „Natürlich ist es absolut positiv, wenn die Mitglieder eine tatsächliche Wahl mit mehreren Kandidaten haben“, lässt sich Meier noch einmal in seinem letzten Wahlkampf-Interview am Freitag zitieren. Auf der Homepage des HSV e. V. hat sich Meier mit seinen Mitstreitern Henning Kinkhorst und Ralph Hartmann quasi selbst interviewt: „Wichtig ist, dass man sich mit den Inhalten auseinandersetzt und kritisch hinterfragt, was das Beste für den Verein ist. Wir selbst haben unseren Weg vor drei Jahren erst begonnen“, sagt Meier.

    Ob dieser Weg fortgesetzt wird oder es die Abzweigung „Team Hoffmann“ gibt, liegt nun nicht mehr in Meiers und Hoffmanns Händen. Man mag es kaum glauben, aber selbst bei dieser Wahl entscheiden am Ende: die Wähler.

    Es lebe die Demokratie.