Hamburg. Wiedergenesener Jung soll gesperrten HSV-Abwehrchef Papadopoulos vertreten. Auch ein Youngster steht bei Hollerbach hoch im Kurs.
Bernd Hollerbach sah genau hin. Der HSV-Trainer blickte am Mittwochvormittag immer wieder auf den Nebenplatz am Volksparkstadion, wo Gideon Jung nach überstandenem Hexenschuss ein individuelles Programm mit Reha-Trainer Sebastian Capel abspulte.
Jung überstand die Einheit mit Lauf- und Ballübungen ohne Probleme und gab zur Freude seines Coaches grünes Licht für die anstehende Partie am Sonnabend bei Borussia Dortmund (15.30 Uhr/Sky und im Abendblatt-Liveticker). „Es sieht gut aus bei ihm. Er ist eine Alternative für die Abwehr“, sagte Hollerbach.
Jung spielt eine zentrale Rolle in Hollerbachs Planungen für das nächste Endspiel im Abstiegskampf. Denn der Franke muss beim BVB seinen Gelb-Rot-gesperrten Abwehrchef Kyriakos Papadopoulos ersetzen. Anders als Vorgänger Markus Gisdol, bei dem Innenverteidiger Mergim Mavraj stets gesetzt war, sieht Hollerbach Defensiv-Allrounder Jung als ersten Vertreter des griechischen Abwehrkolosses.
Walaces Baby bereitet Hollerbach Kopfschmerzen
Die Frage, wer Papadopoulos in Dortmund ersetzt, wäre also im Normalfall schnell beantwortet, wenn nicht noch ein zweites großes Fragezeichen über dem Volkspark kreisen würde. Denn der Brasilianer Walace sitzt nach wie vor auf gepackten Koffern, weil seine Freundin Kamila hochschwanger in Brasilien auf ihn wartet.
Hollerbach hatte den einstigen Streikprofi zwar von einem Verbleib in der Hansestadt überzeugen können. Doch im Gegenzug gab der HSV-Trainer Walace sein Wort, in seine Heimat fliegen zu dürfen, wenn bei Kamila die Geburt beginnt.
Doch inzwischen führte Hollerbach weitere Gespräche mit Walace, in denen er dem defensiven Mittelfeldspieler deutlich machte, wie wichtig er für die Mannschaft sei. Vor allem für das Auswärtsspiel in Dortmund. Denn sollte der Olympiasieger ausfallen, würde ihn der eigentlich für die Abwehr eingeplante Jung positionsgetreu ersetzen, wodurch Hollerbach im Zentrum der Dreierkette mit Mavraj, also der Alternative der Alternative, agieren müsste.
Der Stichtag der Geburt von Walaces zweitem Kind ist für den 9. Februar, einen Tag vor dem BVB-Spiel, angesetzt. Verläuft alles nach Plan, würde Walace im Krankenhaus bei seiner Familie sein, während seine Kollegen im Signal Iduna Park antreten.
Hollerbach: Zwei Pläne für Walace
Deshalb hofft Hollerbach, dass sich die Geburt verschiebt. „Ich habe zu ihm gesagt, seine Frau soll sich ein bisschen Zeit lassen“, scherzt der Coach. „Der Stichtag war schon in vielen Fällen zu früh angesetzt. Vielleicht kommt das Baby auch zwei Wochen später.“
Sollte Hollerbachs Hoffnung unerfüllt bleiben, will er den Brasilianer überreden, erst nach der Geburt und nicht bereits, wenn bei Kamila die Wehen einsetzen, in seine Heimat zu fliegen. „Darüber muss ich mit ihm noch einmal reden.“
Hollerbach weiß, dass er sich in einer schwierigen Lage befindet. Er muss sowohl die schlagkräftigste Mannschaft in Dortmund aufbieten als auch seinen Schützling Walace bei Laune halten. „Ich habe ihm gesagt, dass er immer zu mir kommen kann. Unser Verhältnis ist sehr gut, er öffnet sich zunehmend und rechtfertigt mein Vertrauen auf dem Platz. Er ist sehr wichtig für uns.“
Deshalb soll Walace auch in Dortmund für seinen Arbeitgber HSV antreten. Bis wann der „Sechser“ seinem Trainer ein Signal geben muss, ob er sich tatsächlich noch vor dem Bundesligaspiel am Sonnabend in den Flieger setzt, wurde intern noch nicht besprochen. „Für meine Planung ist es natürlich schwierig“, gesteht Hollerbach ein.
Rückt HSV-Talent Ambrosius in den Kader?
Um auf einen kurzfristigen Ausfall seines neuen Schlüsselspielers vorbereitet zu sein, hat der Trainer ein Casting zwischen den beiden Youngstern Patric Pfeiffer (18) und Stephan Ambrosius (19) eröffnet. Einer der beiden Nachwuchsverteidiger würde im Falle eines Walace-Ausfalls mit einem Platz im Kader belohnt werden.
Bei seinem ersten Vorspielen unter Hollerbach erarbeitete sich Ambrosius am Mittwoch einen kleinen Vorsprung. Das U-21-Talent arbeitet Fußball ganz nach dem Geschmack seines Chefs. „Der Junge geht intensiv in die Zweikämpfe und spielt mit Herz. Das hat mir sehr gut gefallen“, lobt Hollerbach.
Für den langzeitverletzten Bjarne Thoelke (Syndesmosebandanriss) käme eine erstmalige Berufung in die 18-köpfige Auswahl hingegen zu früh. „Er hat noch nicht den Rhythmus, nachdem er längere Zeit raus war“, sagt Hollerbach, der ohnehin darauf hofft, Jung und Walace einsetzen zu können. „Ich rechne mit beiden.“