Leipzig. Neuer Trainer krempelt kräftig um und feiert gelungenes Debüt. Stürmer Kostic macht Hunts Fehler wett. Todt sieht “Lebenszeichen“.

Gelungenes Debüt für Bernd Hollerbach beim HSV: Bei seinem ersten Spiel als Verantwortlicher des Tabellen-17. nahm der neue Trainer direkt einen Punkt beim Favoriten mit. Bedanken durfte sich Hollerbach bei Filip Kostic, der mit seinem Treffer in der 29. Minute das 1:1 (1:1) bei RB Leipzig sicherstellte. Zu diesem Zeitpunkt kam der Ausgleich überraschend, nachdem die Gastgeber in der Anfangsphase einige vielversprechende Angriffe zu verzeichnen hatten.

Einer davon führte zur frühen Führung – wenn auch unter gütiger Mithilfe Aaron Hunts. Der HSV-Routinier verlor den Ball in der eigenen Hälfte an Kevin Kampl, der schnell umschaltete und Marcel Sabitzer auf dem rechten Flügel bediente. Der Österreicher flankte auf den zweiten Pfosten, wo Bruma von Hamburgs Kapitän Gotoku Sakai ungestört zum 1:0 einköpfen konnte. 8 Minuten und 23 Sekunden waren da gerade einmal gespielt. Christian Mathenia, der von Hollerbach kurzfristig wieder zur Nummer eins gekürt wurde, und Kyriakos Papdopoulos konnten den Treffer trotz Flugeinlagen nicht verhindern. "Das darf mir natürlich nicht passieren. Das Tor geht ganz klar auf meine Kappe, ich hatte einen schlechten ersten Kontakt", gestand Hunt ein.

Die Statistik

RB Leipzig

Gulacsi - Laimer, Orban, Upamecano, Klostermann - Demme (58. Keita), Kampl -  Sabitzer,  Bruma (81. Kaiser) - Timo Werner,  Augustin (71. Poulsen). - Trainer: Hasenhüttl

HSV

Mathenia – Papadopoulos, Diekmeier, van Drongelen – Douglas Santos, Walace (90. Hahn)– Hunt (85. Salihovic), Kostic, Sakai, Jung – Wood (77. Arp). – Trainer: Hollerbach

Schiedsrichter

Benjamin Cartus (Röthenbach a.d. Pegnitz)

Zuschauer

40.000

Tore

1:0 Bruma (9.), 1:1 Kostic (29.)

Gelbe Karten

  – Hunt, Papadopoulos

1/6

Hollerbach vollzieht gleich fünf Wechsel

Der Wechsel im Tor von Julian Pollersbeck zurück zu Mathenia war eine von insgesamt fünf Umstellungen, die Hollerbach im Vergleich zum letzten Spiel von Vorgänger Markus Gisdol gegen den 1. FC Köln (0:2) vollzog. Aus der Startelf weichen mussten außerdem Mergim Mavraj, der in der neuen Dreierkette von Innenverteidiger Rick van Drongelen ersetzt wurde, sowie Vasilije Janjicic, André Hahn und Lewis Holtby, der gleich ganz aus dem Kader gestrichen wurde. Hollerbach begründete diese Maßnahme mit taktischen Überlegungen. Dazu gehörte auch die Begnadigung von Walace, der unter Gisdol wegen des Wechseltheaters nicht mehr berücksichtigt worden war.

Die HSV-Profis in der Einzelkritik

"Er hat eine gute Ausstrahlung", sagte Hollerbach über den Brasilianer, für den es wegen seiner in der Heimat weilenden schwangeren Frau auch familiär nicht einfach gewesen sei. Diese Ausstrahlung brachte Walace auch tatsächlich auf den Platz. Vor allem Mitte der zweiten Halbzeit hatte der HSV auch aufgrund des verdichteten Zentrums das Spiel endgültig im Griff und sogar seinerseits Möglichkeiten zur Führung. Doch die meisten Angriffe blieben wirkungslos – und so scheiterte auch Kostic kurz vor Schluss noch einmal an RB-Torhüter Peter Gulacsi, der sich in dieser Szene nicht ein zweites Mal vom Serben umkurven lassen wollte (81.).

Rund 50 Minuten zuvor hatte dies zum Glück aus Hamburger Sicht noch anders ausgesehen: Nach feinem Zuspiel von Gideon Jung (sein erster echter Assist als Profi überhaupt) brach Kostic Richtung Leipziger Kasten durch, dribbelte an Gulacsi vorbei und ließ sich auch von Konrad Laimer nicht daran hindern, per Rechtsschuss zum Ausgleich einzuschießen und somit dem gelernten Metzger Hollerbach gegen die "Bullen" die ersten Glücksgefühle zu bescheren. Allerdings hatte Kostic Glück, dass er den Angriff überhaupt vollenden durfte – die Ansicht der TV-Bilder ergab eine leichte Abseitsstellung beim Pass von Jung.

Die Höhepunkte des Spiels

9. Minute

Tor für Leipzig – 1:0. Hunt verliert in der eigenen Hälfte den Ball gegen Kampl, der rechts Sabitzer in Szene setzt. Der Österreicher flankt hoch auf den zweiten Pfosten, wo Bruma von Sakai außer Acht gelassen wird und gegen die Laufrichtung von Mathenia einköpft. Papadopoulos wirft sich noch dazwischen – ohne Erfolg.

16. Minute

Um ein Haar das 0:2. Papadopoulos schlägt ein Luftloch, sodass auch Sakai bei Augustin nicht mehr hinterherkommt. Der Franzose verzieht frei vor Mathenia allerdings knapp.

29. Minute

TOOOOOOOOOOOOR für den HSV – 1:1! Da ist der Ausgleich: Wood blockt den Ball, der damit zu Jung durchflutscht. Der Defensivspezialist löffelt den Ball mit der Pieke in den Lauf von Kostic, der Leipzigs Torhüter Gulasci umkurvt und, bedrängt, von einem weiteren Gegenspieler, mit rechts in die Maschen schießt.

43. Minute

Nach längerer Schockstarre kommt Leipzig noch einmal zum Abschluss, doch Werners Kopfball fängt Mathenia sicher.

55. Minute

Mathenia verschätzt sich zunächst beim Herauslaufen, kann dadurch aber dennoch Sabitzer aus dem Strafraum drängen. Anschließend versucht der Österreicher aufs Tor zu lupfen, doch Mathenia faustet zur Ecke.

60. Minute

Erster Strafraumauftritt von Wood: Der US-Stürmer wird von Kostic über links angeflankt, kann den Ball aber aus der Drehung nicht an Abwehrspieler Upamecano vorbei aufs Tor bringen.

77. Minute

Hollerbach wartet lange, bis zu seinem ersten Wechsel. Bei diesem trifft es Wood, der Platz machen muss für Arp.

81. Minute

Kostic beinahe mit der Chance zur Führung! Der Serbe dringt über links in den Strafraum ein und hat nur noch Gulacsi vor sich. Doch am ungarischen Schlussmann kommt der HSV-Angreifer trotz kleinen Tänzchens nicht vorbei.

1/8

Todt freut sich über "Lebenszeichen"

"Die ersten zehn Minuten hat man gemerkt, dass die letzten Wochen nicht spurlos am Team vorbeigegangen sind", sagte Hollerbach hinterher. "Die Jungs haben sich aber total reingehängt und gut gefightet. Sie haben Moral gezeigt nach dem Rückstand. Das war ganz wichtig." Auch Jens Todt freute sich über diesen Aspekt. "Es ist auf jeden Fall ein Lebenszeichen", sagte der HSV-Sportchef bei Sky. "Wir sind immer besser ins Spiel gekommen und hatten über 90 Minuten die besseren Chancen. Wenn wir so weiter machen, dann sind wir optimistisch."

Stimmen zum 1:1 bei RB Leipzig

Bernd Hollerbach (Trainer Hamburger SV)

„Die ersten zehn Minuten hat man gemerkt, dass die letzten Wochen nicht spurlos am Team vorbeigegangen sind. Nach dem Rückstand hat die Mannschaft Moral gezeigt und sich reingebissen. Nach dem 1:1 hat sich die Handbremse gelöst und dann haben wir auch ganz guten Fußball gespielt. Am Ende war es wichtig, dass wir uns als Einheit präsentiert haben. Ich habe ein Team mit Herz und Leidenschaft gesehen. Der Punkt war wichtig, trotzdem haben wir noch viel Arbeit in den nächsten Wochen vor uns.“

Ralph Hasenhüttl (Trainer RB Leipzig)

„Wir sind enttäuscht, dass wir nicht gewonnen haben. Wir haben sehr gut begonnen und den Gegner zu Fehlern gezwungen. Vieles von dem, was wir uns vorgenommen haben, haben wir am Anfang gut umgesetzt. Fakt ist, dass das 1:1 Abseits war und nicht hätte gegeben werden dürfen. Danach haben wir unseren Rhythmus verloren. Das hat an der Mannschaft genagt, danach waren wir zu wenig zwingend. Wir haben versucht, uns bis zum Schluss zu wehren, die letzten Entscheidungen waren nicht immer die richtigen, deswegen habe wir es nicht geschafft und das war heute für uns zu wenig. Wir schaffen es im Moment nicht, mit Souveränität einen Vorsprung über die Zeit zu bringen. Wir haben im Moment nicht die Leichtigkeit in den Aktionen, besonders in den Aktionen nach vorne.“

Jens Todt (Spordirektor Hamburger SV)

„Das war ein echtes Lebenszeichen und ein hoch verdienter Punkt. Wir sind schwer reingekommen. Da hat man gemerkt, dass das Selbstvertrauen nicht so da war. Wir haben sehr entschlossen verteidigt, ganz wenige Torchancen zugelassen und hatten über die 90 Minuten die klarere Chancen. Die beste Nachricht das Tages ist, dass wir nach einem weiteren Nackenschlag uns aufgebäumt und es dann erzwungen haben. Das hilft uns sehr und macht Mut für die nächsten Wochen.“

Gotoku Sakai (Hamburger SV)

„Jeder hat 100 Prozent gegeben. So sind wir von Anfang an aufgetreten. Der Punkt heute war sehr wichtig für uns und ein wichtiger erster Schritt. Wir haben sehr gut verteidigt, der Trainer hat uns Selbstvertrauen gegeben und dass wir einen freien Kopf haben. Wir haben mutig nach vorne gespielt. So müssen wir weiter arbeiten und natürlich auch noch vieles verbessern.“

Dennis Diekmeyer (Hamburger SV)

„Jeder hat für jeden gekämpft und wir waren als Mannschaft da. Wir haben die Woche gut gearbeitet und jeder wollte sich zeigen. Und so müssen wir weiter arbeiten. Wir sind voll im Abstiegskampf und wir brauchen natürlich Punkte."

Heribert Bruchhagen (Vorstandsvorsitzender Hamburger SV)

„Über den Punkt bin ich natürlich total happy. In der zweiten Halbzeit musste man förmlich darauf warten, in welche Richtung das Spiel kippt. Wir hatten gute Anlagen zu Torgelegenheiten. Auf der anderen Seite muss man bei der Qualität der Leipziger Mannschaft immer mit einer Individualleistung rechnen. Wir haben uns mit einem Punkt belohnt.“

Lukas Klostermann (Linksverteidiger RB Leipzig)

„Uns ist nicht mehr so viel eingefallen gegen einen tiefstehenden Gegner. Wir haben uns dann schwer getan. Das müssen wir jetzt analysieren und in den nächsten Spielen besser machen.“

Kevin Kampl (Mittelfeldspieler RB Leipzig)

„Die erste halbe Stunde war überragend von uns. Wir wussten, dass es sehr schwer wird, weil ein Trainerwechsel immer frischen Wind in eine Mannschaft bringt. Wir müssen aber einfach beim Stand von 1:0 den Sack zumachen mit dem 2:0. Dann passiert nix mehr. Das ist etwas, das uns noch fehlt. Es ist bitter, aufgrund der ersten Halbzeit hätten wir durchaus zwei oder drei Tore schießen können, dann wäre das Spiel in eine andere Richtung gelaufen. Wir haben unnötigerweise zwei Punkte liegenlassen.“

Yussuf Poulsen (Stürmer RB Leipzig)

„Es war nicht unser Tag. Wir haben es 20 Minuten lang gut gemacht, dann einfach zu wenig Druck nach vorn aufgebaut.“

Diego Demme (Defensivspieler RB Leipzig)

„Wir haben gut begonnen und das 1:0 gemacht. Das Gegentor war bitter. Danach haben wir nicht mehr viel zugelassen, aber auch selbst nicht mehr viele Chancen herausgespielt.“

1/10

Auch Heribert Bruchhagen sah erste Fortschritte unter dem neuen Trainer. "Die Geschlossenheit kommt zum Ausdruck. Alle versuchen, das Spiel eng zu halten", erkannte Hamburgs Vorstandschef schon zur Halbzeitpause. Hunt indes gestand auch Anpassungsprobleme an das neue System ein. "Am Anfang war es schwierig für uns, dann haben wir aber die Vorgaben gut umgesetzt und sind zurückgekommen", sagte der 31-Jährige. Von Hollerbach habe er einen "sehr guten" Eindruck: "Aber wir müssen es jetzt richten."

Dennis Diekmeier freute indes vor allem der Umstand, dass seine Mannschaft in dieser Saison zum ersten Mal überhaupt nach einem 0:1-Rückstand (13-mal) noch einen Punkt mitnahm. "Der Punkt war wichtig, trotzdem haben wir noch viel Arbeit in den nächsten Wochen vor uns", erkannte Hollerbach, der nun mehr als eine Woche Zeit hat, seinen ersten Dreier vorzubereiten: Zum Abschluss des 21. Spieltages feiert der neue Trainer am kommenden Sonntag sein Heimdebüt gegen Hannover (18 Uhr).