Leipzig. Van Drongelen spielte so spektakulär wie Ferien in Holland – und legte plötzlich den Turbo ein. Der HSV in Leipzig in der Einzelkritik.

Mit seiner überraschenden Startaufstellung hat der neue HSV-Trainer Bernd Hollerbach beim 1:1 in Leipzig den ersten Akzent gesetzt. Seine Spieler ließen weitere folgen. Die Einzelkritik.

Mathenia: Mit seinem schnellen Comeback hat kaum einer gerechnet – mit Brumas schnellem Führungstor nach nicht einmal neun Minuten auch nicht. Vorsichtig formuliert sah Hamburgs alte, neue Nummer eins da nicht gut aus.

Jung: Muss in der E-Jugend krank gewesen sein, als der Coach den Dreikäsehochs damals eintrichtern wollte, niemals vor dem eigenen Sechzehner zu fummeln. Konnte aber mit seiner schönen Vorlage zum 1:1 und einer schönen Priese Aggressivität punkten.

Papadopoulos: Der griechische Philosoph zitierte vor dem Spiel via Instagram Al Pacino mit dem Filmspruch „Entweder wir schaffen es als Team oder wir gehen als Einzelpersonen unter“. Die Wahrheit liegt manchmal in der Mitte. Aber: Keiner kämpft so leidenschaftlich wie der Papa.

Van Drongelen: Lange Zeit so spektakulär wie sechs Wochen Ferien in Holland: Man weiß halt, was man bekommt. Dann legte der ruhige Niederländer plötzlich den Turbo ein und erhielt sogar Szenenapplaus.

Diekmeier: Der Dauerbrenner feierte sein 200. Bundesligaspiel unter dem gefühlt 100. HSV-Trainer. Sehr ordentlich.

Die Höhepunkte des Spiels

9. Minute

Tor für Leipzig – 1:0. Hunt verliert in der eigenen Hälfte den Ball gegen Kampl, der rechts Sabitzer in Szene setzt. Der Österreicher flankt hoch auf den zweiten Pfosten, wo Bruma von Sakai außer Acht gelassen wird und gegen die Laufrichtung von Mathenia einköpft. Papadopoulos wirft sich noch dazwischen – ohne Erfolg.

16. Minute

Um ein Haar das 0:2. Papadopoulos schlägt ein Luftloch, sodass auch Sakai bei Augustin nicht mehr hinterherkommt. Der Franzose verzieht frei vor Mathenia allerdings knapp.

29. Minute

TOOOOOOOOOOOOR für den HSV – 1:1! Da ist der Ausgleich: Wood blockt den Ball, der damit zu Jung durchflutscht. Der Defensivspezialist löffelt den Ball mit der Pieke in den Lauf von Kostic, der Leipzigs Torhüter Gulasci umkurvt und, bedrängt, von einem weiteren Gegenspieler, mit rechts in die Maschen schießt.

43. Minute

Nach längerer Schockstarre kommt Leipzig noch einmal zum Abschluss, doch Werners Kopfball fängt Mathenia sicher.

55. Minute

Mathenia verschätzt sich zunächst beim Herauslaufen, kann dadurch aber dennoch Sabitzer aus dem Strafraum drängen. Anschließend versucht der Österreicher aufs Tor zu lupfen, doch Mathenia faustet zur Ecke.

60. Minute

Erster Strafraumauftritt von Wood: Der US-Stürmer wird von Kostic über links angeflankt, kann den Ball aber aus der Drehung nicht an Abwehrspieler Upamecano vorbei aufs Tor bringen.

77. Minute

Hollerbach wartet lange, bis zu seinem ersten Wechsel. Bei diesem trifft es Wood, der Platz machen muss für Arp.

81. Minute

Kostic beinahe mit der Chance zur Führung! Der Serbe dringt über links in den Strafraum ein und hat nur noch Gulacsi vor sich. Doch am ungarischen Schlussmann kommt der HSV-Angreifer trotz kleinen Tänzchens nicht vorbei.

1/8

Sakai: Der Kapitän blieb der Kapitän – rückte aber erstmals rein, beziehungsweise zurück als rechtes Teilglied der neuformierten Dreierkette. In seiner neuen Rolle hatte der gemütliche Japaner zunächst Probleme mit den Transrapid-Leipzigern, stellte sein Spiel dann aber rechtzeitig in den Modus „Kämpfen bis zum Umfallen“ um.

Walace: Hätte vor einer Woche wohl kaum gedacht, noch einmal für den HSV in der Startelf zu stehen. In Leipzig dann mal ganz ohne Theater.

Douglas Santos: Leipziger Allerlei. Nicht wirklich spektakulär, aber sehr nahrhaft.

Stimmen zum 1:1 bei RB Leipzig

Bernd Hollerbach (Trainer Hamburger SV)

„Die ersten zehn Minuten hat man gemerkt, dass die letzten Wochen nicht spurlos am Team vorbeigegangen sind. Nach dem Rückstand hat die Mannschaft Moral gezeigt und sich reingebissen. Nach dem 1:1 hat sich die Handbremse gelöst und dann haben wir auch ganz guten Fußball gespielt. Am Ende war es wichtig, dass wir uns als Einheit präsentiert haben. Ich habe ein Team mit Herz und Leidenschaft gesehen. Der Punkt war wichtig, trotzdem haben wir noch viel Arbeit in den nächsten Wochen vor uns.“

Ralph Hasenhüttl (Trainer RB Leipzig)

„Wir sind enttäuscht, dass wir nicht gewonnen haben. Wir haben sehr gut begonnen und den Gegner zu Fehlern gezwungen. Vieles von dem, was wir uns vorgenommen haben, haben wir am Anfang gut umgesetzt. Fakt ist, dass das 1:1 Abseits war und nicht hätte gegeben werden dürfen. Danach haben wir unseren Rhythmus verloren. Das hat an der Mannschaft genagt, danach waren wir zu wenig zwingend. Wir haben versucht, uns bis zum Schluss zu wehren, die letzten Entscheidungen waren nicht immer die richtigen, deswegen habe wir es nicht geschafft und das war heute für uns zu wenig. Wir schaffen es im Moment nicht, mit Souveränität einen Vorsprung über die Zeit zu bringen. Wir haben im Moment nicht die Leichtigkeit in den Aktionen, besonders in den Aktionen nach vorne.“

Jens Todt (Spordirektor Hamburger SV)

„Das war ein echtes Lebenszeichen und ein hoch verdienter Punkt. Wir sind schwer reingekommen. Da hat man gemerkt, dass das Selbstvertrauen nicht so da war. Wir haben sehr entschlossen verteidigt, ganz wenige Torchancen zugelassen und hatten über die 90 Minuten die klarere Chancen. Die beste Nachricht das Tages ist, dass wir nach einem weiteren Nackenschlag uns aufgebäumt und es dann erzwungen haben. Das hilft uns sehr und macht Mut für die nächsten Wochen.“

Gotoku Sakai (Hamburger SV)

„Jeder hat 100 Prozent gegeben. So sind wir von Anfang an aufgetreten. Der Punkt heute war sehr wichtig für uns und ein wichtiger erster Schritt. Wir haben sehr gut verteidigt, der Trainer hat uns Selbstvertrauen gegeben und dass wir einen freien Kopf haben. Wir haben mutig nach vorne gespielt. So müssen wir weiter arbeiten und natürlich auch noch vieles verbessern.“

Dennis Diekmeyer (Hamburger SV)

„Jeder hat für jeden gekämpft und wir waren als Mannschaft da. Wir haben die Woche gut gearbeitet und jeder wollte sich zeigen. Und so müssen wir weiter arbeiten. Wir sind voll im Abstiegskampf und wir brauchen natürlich Punkte."

Heribert Bruchhagen (Vorstandsvorsitzender Hamburger SV)

„Über den Punkt bin ich natürlich total happy. In der zweiten Halbzeit musste man förmlich darauf warten, in welche Richtung das Spiel kippt. Wir hatten gute Anlagen zu Torgelegenheiten. Auf der anderen Seite muss man bei der Qualität der Leipziger Mannschaft immer mit einer Individualleistung rechnen. Wir haben uns mit einem Punkt belohnt.“

Lukas Klostermann (Linksverteidiger RB Leipzig)

„Uns ist nicht mehr so viel eingefallen gegen einen tiefstehenden Gegner. Wir haben uns dann schwer getan. Das müssen wir jetzt analysieren und in den nächsten Spielen besser machen.“

Kevin Kampl (Mittelfeldspieler RB Leipzig)

„Die erste halbe Stunde war überragend von uns. Wir wussten, dass es sehr schwer wird, weil ein Trainerwechsel immer frischen Wind in eine Mannschaft bringt. Wir müssen aber einfach beim Stand von 1:0 den Sack zumachen mit dem 2:0. Dann passiert nix mehr. Das ist etwas, das uns noch fehlt. Es ist bitter, aufgrund der ersten Halbzeit hätten wir durchaus zwei oder drei Tore schießen können, dann wäre das Spiel in eine andere Richtung gelaufen. Wir haben unnötigerweise zwei Punkte liegenlassen.“

Yussuf Poulsen (Stürmer RB Leipzig)

„Es war nicht unser Tag. Wir haben es 20 Minuten lang gut gemacht, dann einfach zu wenig Druck nach vorn aufgebaut.“

Diego Demme (Defensivspieler RB Leipzig)

„Wir haben gut begonnen und das 1:0 gemacht. Das Gegentor war bitter. Danach haben wir nicht mehr viel zugelassen, aber auch selbst nicht mehr viele Chancen herausgespielt.“

1/10

Hunt (bis 85.): Sein Fehler leitete das frühe Gegentor ein, war anschließend um Wiedergutmachung bemüht.

Salihovic (ab 85.): Ließ nichts mehr anbrennen.

Kostic: Hat bei Muttern aufgepasst, die dem kleinen Filip eingebläut hat: Wer fleißig ist, der wird belohnt.

Wood (bis 77.): Sein Ballstreichler führte zum 1:1. Ansonsten hatte der Amerikaner durchaus Luft nach oben.

Arp (ab 77.): Kam für Heldentaten einen Tick zu spät.