Hamburg. Das 0:2 gegen den 1. FC Köln besiegelte das Ende der Ära Markus Gisdol beim HSV. Nun soll Hollerbach den HSV retten.
Bringt das die Wende im Bundesliga-Abstiegskampf? Die Trennung des HSV von Markus Gisdol als Trainer ist besiegelt. Sportchef Jens Todt und Club-Boss Heribert Bruchhagen haben Gisdol und seine beiden Co-Trainer Frank Fröhling und Frank Kaspari am Sonntagmorgen über die Freistellung informiert. Und auch sein Nachfolger steht bereits fest: Ex-Profi Bernd Hollerbach wird neuer HSV-Coach. Er soll einen Vertrag bis Sommer 2019 erhalten.
Gisdols Freistellung schien unausweichlich nach dem erschütternden 0:2 gegen den 1. FC Köln, einen Mitkonkurrenten im Kampf gegen den Abstieg oder den Relegationsplatz in der Bundesliga. Der Rückstand auf das rettende Ufer beträgt mittlerweile bereits fünf Punkte.
Gisdol: "Ich hätte gern weitergemacht"
"Ich hätte gerne weitergemacht", sagte Gisdol traurig, als er um 10.35 Uhr die Geschäftsstelle verließ. Zuvor hatte er sich von der Mannschaft verabschiedet. "Ich möchte jetzt erst einmal nach Hause und das sacken lassen." Der Verein zitierte ihn mit den Worten: "Die Mannschaft kann es dieses Jahr wieder schaffen. Davon bin ich total überzeugt." Während seiner Amtszeit verlor der HSV exakt 50 Prozent seiner Bundesligaspiele (24 von 48).
Bruchhagen: "Neue Impulse notwendig"
Kurz darauf äußerste sich auch Vorstandsvorsitzender Bruchhagen zu der Entscheidung. „Vorzeitige Trennungen von Trainern sind grundsätzlich nicht gewollt, aber wir glauben, dass neue Impulse zwingend notwendig sind, um das nach wie vor angestrebte Ziel Klassenerhalt zu erreichen. Es gab keine Alternative zu diesem Schritt." Die Eintscheidung sei einstimmig zwischen Bruchhagen, Finanzvorstand Frank Wettstein und Sportdirektor Jens Todt gefallen.
Zudem erhoffe man sich durch den Trainerwechsel, dass die Verunsicherung innerhalb der Mannschaft gelöst werde. "Wir haben Gisdol unseren Dank ausgesprochen. Er hat in der Rückrunde der vergangenen Saison den Klassenerhalt geschafft."
Nachfolger vor Gisdol-Freistellung kontaktiert
Wer die neuen Impulse geben soll, ist schon entschieden. Auch wenn Bruchhagen einzelne Kandidaten nicht kommentieren wollte, soll Hollerbach den HSV vor dem ersten Abstieg der Vereinsgeschichte bewahren. Der Aufsichtsrat muss seinen Vertrag in einer Sitzung am Sonntagnachmittag um 15 Uhr noch absegnen. Dann soll Hollerbach bereits am morgigen Montag um 15 Uhr sein erstes Training beim HSV leiten.
Der HSV kontaktierte Hollerbach bereits vor der Freistellung Gisdols, um auf das letztlich eingetretene Szenario einer Niederlage vorbereitet zu sein. "Der neue Trainer hat sich bereits ein intensives Bild von der Mannschaft gemacht", sagte Bruchhagen. Das Vormittagstraining am Sonntag leitete noch Athletik-Trainer Daniel Müssig. Die Einheit fand im Kraftraum statt.
Hollerbach absolvierte in seiner aktiven Karriere als Spieler 224 Pflichtspiele für den HSV. In seiner Cheftrainer-Vita steht erst ein Verein: die Würzburger Kickers, mit denen Hollerbach in zwei Jahren von der Regionalliga Bayern in die Zweite Liga durchstartete. Nach dem Abstieg in die Dritte Liga wurde er im Mai 2017 entlassen.
Hollerbach war einst langjähriger Co-Trainer von Felix Magath beim VfL Wolfsburg (2007 bis 2009 und 2011 bis 2012) und auf Schalke (2009 bis 2011). Im Jahr 2009 wurde Hollerbach als Co-Trainer Deutscher Meister bei den Wölfen. Als Sohn eines Metzgers hatte der Franke Hollerbach ursprünglich geplant, den Betrieb seines Vaters nach dessen Ruhestand zu übernehmen.
Gisdol folgte 2016 auf Labbadia
Nun könnte ihn seine zweite Trainerstation zurück zum HSV führen, wo Trainer Gisdol die Entwicklung der vergangenen Monate zum Verhängnis wurde. Nur zwei der vergangenen 17 Bundesligaspiele gewann der HSV unter seiner Regie, wobei das 0:2 gegen Köln spielerisch und kämpferisch den Tiefpunkt zeigte. In der Folge hatte Sportchef Jens Todt nach der Heimniederlage ein klares Bekenntnis zum Trainer vermieden.
So hatte Gisdol bereits bei der Pressekonferenz nach dem Spiel den Eindruck erweckt, als ahnte er, dass seine Entlassung bevorstand. Seine Aussage zur aktuellen Situation klang wie eine Abschiedsrede. "Ich kann nur sagen, dass ich vom ersten Tag mit unglaublicher Leidenschaft und mit Herz versucht habe, alles herauszuholen."
16 Trainer in 14 Jahren beim HSV:
15 Trainer in 14 Jahren beim HSV
Der 48-Jährige hatte den Trainerposten im September 2016 als Nachfolger von Bruno Labbadia übernommen. Davor mussten in den vergangenen fünf Jahren bereits Josef Zinnbauer, Mirko Slomka, Bert van Marwijk und Thorsten Fink gehen. Und so muss der HSV nach der Entlassung von Gisdol wieder einmal eine Abfindung zahlen.
HSV zahlte 15,2 Millionen Euro Abfindung seit 2009
Transfers: Wird der HSV noch aktiv?
Am Dienstag wird sich Hollerbach mit Sportchef Todt zusammensetzen und den aktuellen Kader analysieren. Dabei wird auch besprochen, ob der HSV bis 31. Januar noch einmal auf dem Transfermarkt aktiv werden sollte und wie es mit dem Brasilianer Walace weitergehen soll. Hollerbach ist bekannt für einen fairen, aber auch strengen Umgang mit seinen Spielern. So lustlos, wie sich der wechselwillige Streikprofi Walace zuletzt in Hamburg präsentierte, wird er wohl auch unter Hollerbach keinen leichten Stand beim HSV haben.
Unabhängig von der Personalie Walace stand in den vergangenen Wochen Dominik Kaiser ganz oben auf dem Wunschzettel für den Winter. Ob der 29 Jahre alte Leipziger auch von Hollerbach als Verstärkung eingeschätzt wird, ist noch nicht bekannt. Feststeht, dass Kaiser, dem mehrere unterschriftsreife Angebote vorliegen, nach Abendblatt-Informationen weiterhin zum HSV wechseln will. Einen möglichen Transfer zu den Hanseaten macht der Mittelfeldspieler nicht von Gisdol, mit dem er bereits in der U23 Hoffenheims zusammengearbeitet hatte, abhängig.
HSV ist sich mit Kaiser einig
Sollte sich Hollerbach für Kaiser entscheiden, könnte es ganz schnell gehen. Denn der HSV ist sich mit Kaiser bereits einig. Nach Abendblatt-Informationen wurde ein Vertrag bis 2020, der zu reduzierten Bezügen auch für die Zweite Liga gilt, ausgehandelt. Zu einem Transfer käme es aber erst nach dem Leipzig-Spiel (27.1.). Diese Einigung traf der HSV mit den RB-Verantwortlichen.
Beim kommenden Gegner muss Hollerbach also voraussichtlich mit dem vorhandenen Kader auskommen. Ihre Bundesligatauglichkeit ließen die HSV-Profis allerdings in den vergangenen Monaten vermissen.