Hamburg. FC-Angreifer erzielt beide Treffer zum 2:0-Sieg. Gisdol stellt den HSV anfangs ohne gelernten Stürmer auf. Drastische Calmund-Worte.

Das Abstiegsspiel des HSV gegen den 1. FC Köln im Volksparkstadion war noch nicht angepfiffen, da musste die Hamburger Polizei bereits Fangruppen trennen. An der Holstenstraße waren HSV-Fans und Kölner Anhänger aufeinandergetroffen. Wie ein Sprecher der Hamburger Polizei dem Abendblatt sagte, waren wegen des Fußballspiels und der zu erwartenden Randale zwei Hundertschaften im Einsatz, dazu eine Reiterstaffel und Dutzende Peterwagen.

Eine Stunde vor dem Anpfiff wurden an der S-Bahnstation Holstenstraße dann rund 70 Kölner Fans von der Polizei festgesetzt. "Diese Gruppe wird das Spiel nicht sehen", sagte eine Sprecherin dem Abendblatt. Auch für den S-Bahnverkehr hatte der Einsatz Folgen: Die Linien S21 und die S31 mussten über den City-Tunnel nach Altona umgeleitet werden.

Bruchhagen weicht Trainerfrage aus

Das Spiel könnte in der Trainerfrage beim HSV vorentscheidend sein. Durch die 0:2 (0:1)-Niederlage droht Markus Gisdol das Aus. Namen wie Felix Magath werden bereits gehandelt. Fragen nach der Zukunft des Trainers umschiffte HSV-Vorstandschef Heribert Bruchhagen kurz vor Beginn des Spiel indes ein weiteres Mal. "Wir wollen die Wende schaffen, und wir wollen die Wende zusammen schaffen. Dafür ist dieses Spiel heute geeignet", sagte Bruchhagen bei Sky. "Mit Durchhalteparolen oder Treueschwüren ist die Bundesliga noch nie gut gefahren." Gisdol selbst sagte: "Ich spüre totales Vertrauen."

Die Höhepunkte

1 . Minute

Blitzstart für den HSV: Nach 28 Sekunden prüft Aushilfsstürmer Hahn Kölns Schlussmann Horn per artistischem Seitfallzieher zu einer Glanztat.

3. Minute

Was ist denn hier los?! Die nächste dicke Chance für den HSV: Kostic tankt sich auf links energisch bis zur Grundlinie durch und passt nach innen, wo Diekmeier den Ball zwar erwischt, aber nicht mehr aufs Tor bringen kann.

6. Minute

Erste FC-Chance durch einen Standard, doch Jojic zieht den Freistoß aus 16 Metern über das Tor. Papadopoulos hatte zuvor einen Konter unterbunden und dafür Gelb gesehen.

11. Minute

Pollersbeck behält die Nerven! Beim nächsten Kölner Konter läuft Osako auf das HSV-Tor zu. Papadopoulos gewährt Geleitschutz, doch der entscheidende Eingriff kommt vom Hamburger Torhüter, der dem Japaner das Leder wegschnappt.

12. Minute

Und im Gegenzug ballert Kostic! Doch Horn kann den strammen Schuss des Serben parieren, die anschließende Ecke bringt nichts ein. Es geht hin und her!

27. Minute

Tor für Köln – 0:1. Nach einigem Leerlauf gerät der HSV durch einen Standard in Rückstand. Jojic tritt die Ecke von links, Osako streichelt den Ball per Kopf in die Mitte und lässt dabei nacheinander Holtby, Jung und Papadopoulos alt aussehen. Im Fünfmeterraum setzt sich dann noch Terodde gegen Diekmeier durch und stochter den Ball ins Netz.

41. Minute

Kostic meldet den HSV wieder im Spiel an, doch auch mit seinem zweiten Schussversuch im Strafraum scheitert er an Horns Fäusten. "Da fehlt die Überzeugung beim Abschluss", urteilt Sky-Experte Lothar Matthäus.

43. Minute

Auf der anderen Seite vergibt Hector das 2:0 mit einem Schuss in die Wolken.

49. Minute

Terodde eröffnet die zweite Hälfte mit einem Schuss, den er von der Strafraumgrenze aus aber unbedrängt verzieht.

67. Minute

Tor für Köln – 0:2. Gisdol reagiert und verstärkt mit Wood die Offensive. Doch das Schreckgespenst spielt beim FC: Unmittelbar nach dem Hamburger Wechsel ist Terodde auf und davon und spitzelt den Ball mit links ganz cool durch Pollersbecks Hosenträger.

76. Minute

Hunt darf noch einmal sein feines Füßchen demonstrieren und zirkelt einen Freistoß aus zentraler Position an Lattenkreuz.

83. Minute

Özcan tanzt im Strafraum und zwingt Pollersbeck zu einer Parade.

1/12

Holtby überraschend in der Startelf

Im Spiel fehlte Jung-Star Fiete Arp (18; zwei Tore). Der Stürmer fiel wegen einer Grippeerkrankung aus. Dennoch verzichtete Gisdol auf Bobby Wood und entschied sich somit eine Aufstellung ganz ohne gelernten Stürmer. An vorderster Front agierte stattdessen Flügelspieler André Hahn. Überraschend auch diese Personalie: Erstmals seit dem 21. Oktober fand sich Lewis Holtby in der Startelf wieder – und das, obwohl der Mittelfeldspieler zuletzt angeschlagen und zuvor von Gisdol sogar gänzlich missachtet worden war.

Die HSV-Profis in der Einzelkritik

"Er hat im Trainingslager sehr auf sich aufmerksam gemacht und hätte letzte Woche schon gespielt", sagte Gisdol über Holtby kurz vor dem Anstoß bei Sky. Weiteres Argument für Holtby: Der 27-Jährige ist mit Toren aktuell der erfolgreichste Schütze im Hamburger Kader gegen den FC. Auch beim 3:1-Sieg im Hinspiel machte Holtby den Deckel drauf. Kapitän Gotoku Sakai musste stattdessen erneut auf der Bank Platz nehmen.

Die Statistik

HSV

Pollersbeck, Diekmeier, Papadopoulos, Mavraj, Santos - Janjicic (66. Wood), Gideon Jung - Hunt, Holtby (67. Ito), Kostic - Hahn. Trainer: Gisdol

1. FC Köln

T. Horn - Sörensen , Jorge Meré , Heintz , J. Hector - Höger , S. Özcan - Clemens (68. Klünter), Jojic (88. Pizarro) - Osako (64. Lehmann), Terodde. Trainer: Ruthenbeck

Schiedsrichter

Guido Winkmann (Kerken)

Zuschauer

52.000

Tore

0:1 Terodde (27.), 0:2 Terodde (67.)

Gelbe Karten

Papadopoulos, Jung, Janjicic – Sörensen, Hector, Meré

Torschüsse

14:9

Ecken

9:3

Ballbesitz

51:49 %

Zweikämpfe

109:99

1/10

Calmund wählt drastische Worte

Die Partie war vom Pay-TV-Sender Sky als Topspiel ausgewählt worden. Die Kölner (durchschnittlich 630.000 Zuschauer) und der HSV (580.000) zählen als Dritter und Sechster der Sky-Quotentabelle zu den beliebtesten Teams. Durchschnittlich sahen 4,04 Millionen Zuschauer die Sonnabend- und und Sonntagsspiele, 35 Prozent mehr als in der Vorsaison.

"Es ist ein Sechs-Punkte-Spiel", sagte Reiner Calmund in der Expertenrunde des Senders vor dem Anpfiff: "Wenn der HSV verliert, dann ist die Stimmung dort auch im Arsch." Und auch beim Thema Hamburger Transferpolitik redete sich der Ex-Manager in Rage. Während abgegebene Spieler wie Matthias Ostrzolek (jetzt Hannover), Michael Gregoritsch (Augsburg) oder Kerem Demirbay (Hoffenheim) jetzt durchstarteten, sehe dies bei den Neuzugängen komplett anders aus. "Alle, die zum HSV kommen, spielen beschissen", ätzte "Calli".