Hamburg. Die Investoren sind komplett unterschiedlich – und haben trotzdem viele Gemeinsamkeiten. Eines hat Hopp Kühne voraus.
Ein paar Minuten waren am vergangenen Sonntag auf Schalke gespielt, als quer über den Gästeblock der HSV-Fans ein großes Transparent ausgerollt wurde. „Investoren unerwünscht“, stand auf dem schwarz-blauen Plakat in weißen Buchstaben. Namen wurden nicht genannt. Wer gemeint war, dürfte trotzdem allen klar gewesen sein: Klaus-Michael Kühne natürlich, der streitbare HSV-Investor. Vielleicht aber auch Leipzigs Dietrich Mateschitz, Hannovers Martin Kind oder Hoffenheims Dietmar Hopp. Letzt- und Erstgenannter geben sich nun am Sonntag die Ehre: Kühne und Hopp. Hamburg gegen Hoffenheim – das ist auch das Duell zweier Milliardäre, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Und die gleichzeitig so viele Gemeinsamkeiten haben.
Hier Kühne, 80 Jahre alt, kinderlos, impulsiv und HSV-Fan seit Kindesbeinen. Im Garten seines Elternhauses an der Bellevue, so erzählt er es gerne, konnte der kleine Klaus-Michael bei günstigem Wind sogar den Torjubel an der Rothenbaumchaussee hören. Dort Hopp, 77 Jahre alt, zweifacher Familienvater, besonnen und einst erster „bezahlter“ Fußballer Hoffenheims: Das Sturmtalent („Ich war beidfüßig“) erhielt für jedes Tor eine Dose Leberwurst. Hier der Unternehmersohn aus der großen Stadt, dort das Arbeiterkind aus der Provinz. Miteinander gesprochen haben sie nie – und übereinander reden wollten die beiden auf Nachfrage auch nicht. „Je weniger Hopp und Kühne in der Presse, desto besser“, ließ Kühne lediglich ausrichten.
Hopp hält sich im Gegensatz zu Kühne zurück
Nun denn. Kühnes frommer Wunsch konnte in der jüngeren Vergangenheit nur selten erfüllt werden. Hauptgrund hierfür ist natürlich Kühne selbst. Der streitbare Anteilseigner polarisiert, gibt gerne Interviews und hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Hopp hält sich dagegen lieber zurück – und Interviews gibt er kaum noch.
Das Abendblatt hat der gebürtige Heidelberger vor ziemlich genau zehn Jahren mal zum ausführlichen Gespräch gebeten. „Geld schießt nicht unbedingt Tore“, sagte Hopp in seinem Golfclub in St. Leon-Rot, wo der SAP-Gründer auch heute noch sein Büro hat. „Aber kein Geld schießt noch weniger Tore.“
Es ist dieser nachgeschobene Satz, der auch von Klaus-Michael Kühne hätte sein können. Der Hamburger hat sich immer geärgert, dass andere Clubs mehr Geld als sein HSV zur Verfügung hatten. „Ich würde es begrüßen, wenn es zumindest mal Chancengleichheit in der Bundesliga geben würde“, sagte Kühne mal in einem Abendblatt-Interview. „Es wäre nur gerecht, dass ein Individuum wie ich den HSV unterstützt, wenn Leverkusen oder Wolfsburg von Firmen gesponsert werden.“ Oder Hoffenheim von Hopp.
Seit 1998 soll der mehr als 350 Millionen Euro in seinen Herzensclub gepumpt haben. Allein 90 Millionen Euro gab Hopp für zwei Stadien und ein hochmodernes Trainingszentrum aus. Der heimatverbundene Kurpfälzer investierte viel Geld, wollte aber gleichzeitig etwas schaffen, das sich irgendwann auch ohne seine Hilfe trägt. Und am Dienstag war das erreicht: Bei einem Umsatz von 111 Millionen Euro erwirtschaftete der „Retortenclub“ einen Gewinn von einer Million Euro. Der Hamburger Traditionsverein veröffentlichte am gleichen Tag seine Bilanz – mit einem Jahresfehlbetrag von 13,4 Millionen Euro.
Kühne fehlt eine Idee für die Praxis
In der Theorie will auch Kühne, dass der HSV nicht mehr auf seine Hilfe angewiesen ist. In der Praxis hat der Wahlschweizer aber keine Idee, wie dieser Traum Realität werden soll. Kühne hat mehr als 100 Millionen Euro für seinen HSV ausgegeben – und ein wirkliches Ende ist trotz mehrfacher Androhung nicht in Sicht. Bis 2019 zahlt der Logistik-Unternehmer noch jährlich vier Millionen Euro für die Namensrechte am Volksparkstadion, er besitzt mittlerweile 20,5 Prozent der AG-Anteile, und zuletzt gingen der Edelfan und sein HSV eine Transfervereinbarung in Höhe von 50 Millionen Euro ein – wovon 19,8 Millionen Euro aber durch einen Forderungsverzicht nie zurückgezahlt werden müssen.
Doch trotz aller Kühne-Gelder betonen sämtliche HSV-Verantwortlichen immer wieder, dass man langfristig gerne unabhängig vom explosiven Milliardär sein will. „Es ist die Absicht aller Verantwortlichen, auf Finanzierungen von außen zu verzichten“, sagt Finanzvorstand Frank Wettstein, der gleichzeitig weiß, wie unverzichtbar Kühne mittlerweile für den HSV ist: „Ich glaube, dass es viele Clubs gibt, die uns um einen Gönner wie Herrn Kühne beneiden.“
Hopp bekommt Anerkennung, die Kühne fehlt
Hoffenheim gehört nicht dazu. In der baden-württembergischen Provinz freut man sich über „Vadder Hopp“. Als er 1998 als SAP-Chef zurücktrat, ließen Tausende Mitarbeiter vor der Walldorfer Zentrale SAP-blaue Luftballons steigen und sangen: „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht.“
Hopp bekommt in Hoffenheim die Anerkennung, die Kühne wohl gerne auch in Hamburg hätte. Gleichzeitig bekommt Hopp in ganz Deutschland die Ablehnung, auf die auch Kühne nur allzu gerne verzichten würde. Doch während der Big Spender aus Hamburg Nehmerqualitäten hat („Ich habe ein dickes Fell“), wird dem Mäzen aus der Provinz in der Manege Bundesliga eher ein Glaskinn attestiert.
Als Hopp Anfang November beim Auswärtsspiel in Köln erneut von den FC-Fans übel beleidigt wurde, forderte sein Anwalt sogar Spielabbrüche. „Das darf nicht mehr akzeptiert werden“, sagte Christoph Schickhardt bei „bild.de“: „Wenn in Zukunft solche Plakate in den Kurven hängen, darf das Spiel nicht mehr angepfiffen werden.“
Spiel läuft auf Mallorca und in den USA
Im Volksparkstadion wird am Sonntag keiner der beiden Milliardäre anwesend sein. Der eine (Kühne) wird die Partie via Sky von Mallorca oder von der Schweiz aus verfolgen. Der andere (Hopp) will die Partie via Satelliten-TV im Urlaubsdomizil in den USA gucken. Während Kühne HSV-Spiele grundsätzlich auch wegen der HSV-Fans im Stadion meidet, verzichtet Hopp immer öfter auf Auswärtsspiele, weil dort eben nicht nur Hoffenheimfans auf der Tribüne sitzen.
Was hüben wie drüben kaum bedacht wird: Hopp und Kühne geben nicht nur Geld für ihre Bundesligaclubs aus. Beide haben Stiftungen, spenden auch Millionen für Kultur, Bildung und Soziales.
Ihr größtes Hobby ist und bleibt aber der Fußball. Oder wie Kühne gerne sagt: „Die teuerste Liebe meines Lebens.“