Hamburg. Nur ein Punkt aus sechs Spielen – und jetzt kommt der Rekordmeister. Wie der HSV-Trainer sich und seine Mannschaft stark redet.

Als Markus Gisdol am Mittwochabend nach dem Champions-League-Spiel des FC Bayern gegen Celtic Glasgow den Fernseher abschaltete, war er beeindruckt, aber nicht überrascht. Es sei „richtig gut“ gewesen, was Jupp Heynckes’ Bayern da gespielt haben, sagte Gisdol, die Schotten könnten von Glück reden, nur 0:3 und nicht 0:6 verloren zu haben. Nur war es nicht genauso, als vor gut einem Jahr Carlo Ancelotti als neuer Bayern-Trainer angetreten war? „Auch damals hieß es doch: Jetzt ist der Spaß wieder da.“ Und Ancelotti? Ist schon wieder weg.

Gisdol weiß um die Schnelllebigkeit seines Geschäfts. Zwei Siege wie zu Saisonbeginn, und du wirst gefeiert. Sechs Spiele mit nur einem Punkt wie zuletzt, und du wirst – stopp! Nein, der HSV des Jahres 2017 sei nicht der, den der Trainer vorfand, als er vor gut einem Jahr seinen Job angetreten hat. „Wir haben ein großes Vertrauensverhältnis zueinander aufgebaut und arbeiten im Verein jeden Tag eng und sehr geschlossen zusammen, mit der nötigen Stärke und Gelassenheit“, sagte Gisdol am Donnnerstag. „Das ist vielleicht eine ungewohnte Situation in Hamburg, weil es nicht immer so war.“

Dass es eine schwierige Saison werden könnte, dass „du hinten reinrutschen kannst“, wie Gisdol sagt, das sei doch allen im Verein schon vor Saisonbeginn bewusst gewesen. Und alle seien bereit, „diesen Weg gemeinsam zu gehen“. Egal wie es gegen die Bayern am Sonnabend (18.30 Uhr, Volksparkstadion/Sky, Liveticker auf Abendblatt.de) auch ausgehen mag.

Drei Dinge, die es gegen die Bayern braucht

Gisdols Vorgänger Bruno Labbadia musste vor einem Jahr nach einer 0:1-Niederlage gegen den Rekordmeister am fünften Spieltag gehen. Der letzte HSV-Sieg gegen die Bayern liegt acht Jahre zurück. Und der Gegner spielt seit Heynckes’ Rückkehr wie im Rausch. Andere Trainer würden da vom leichtesten Spiel der Saison sprechen, einem, in dem man nichts zu verlieren hat. Gisdol aber sagt: „Zu verlieren hast du immer etwas. Ich sträube mich total dagegen, auch nur im Ansatz zu denken, dass man keine Chance hat.“ Nur welche?

Im Training baute Gisdol in dieser Woche ein Abwehrbollwerk auf, mit einer Dreierkette im Zentrum, zwei Außenverteidigern und zwei defensiven Mittelfeldspielern. „Das ist eine Option, die du gegen die Bayern draufhaben solltest.“ Ob er davon Gebrauch machen will, ließ sich der Trainer nicht entlocken. Viel wichtiger als das System scheinen ohnehin andere Qualitäten zu sein.

Die „Bild“-Zeitung hat die Spiele analysiert, die die (Ancelotti-)Bayern in dieser Bundesligasaison nicht gewonnen haben: gegen Hoffenheim (0:2), Wolfsburg und Hertha (je 2:2). Auffällig war dreierlei: Der Gegner hat jeweils seine Chancen genutzt, viel gefoult und ist überdurchschnittlich viel gelaufen. Ersteres hat viel mit Glück zu tun, der Rest vor allem mit Willen. Und daran soll es am Sonnabend nicht mangeln. Er sei zuversichtlich, dass seine Mannschaft mutig auftrete, sagte Gisdol, er ja wisse um ihre Qualität, ihre Mentalität auch.

Janjicic fällt aus, Salihovic fraglich

Jetzt braucht es vorn nur noch jemanden, der die Chancen reinmacht. In der vergangenen Saison war es Bobby Wood. Der HSV hat den Vertrag des US-Stürmers deshalb im Sommer verlängert und das Gehalt verdoppelt. Jetzt trifft Wood nicht mehr, sondern reibt sich stattdessen in Zweikämpfen auf. „Er arbeitet unheimlich hart für die Mannschaft“, sagte Gisdol, „vielleicht verliert er dadurch den Tick Energie, der ihm dann im Abschluss fehlt.“ Andererseits erarbeite er sich dadurch auch Torchancen. „Da sind wir alle gefordert, ihn zu unterstützen.“

Vasilije Janjicic kann es nicht. Der Nachwuchsmann muss wegen seiner Virusinfektion voraussichtlich noch bis Sonnabend im Krankenhaus bleiben. Im besten Fall könne Janjicic am Montag wieder mit leichtem Training beginnen. Auch bei Sejad Salihovic, der am Dienstag einen Schlag gegen das Schienbein abbekommen hatte, „könnte es für das Wochenende kritisch werden“, wie Gisdol sagte. Ansonsten stehen ihm bis auf Nicolai Müller (Kreuzbandriss) und Jann-Fiete Arp (bei der U-17-WM) alle zur Verfügung. Gisdol: „Das gibt mir Zuversicht.“