Hamburg. Fünf Spiele ohne Treffer – in Mainz soll die schwarze HSV-Serie enden. Gisdol fordert Vollgas. Nicht alle scheinen dazu in der Lage.

Markus Gisdol hat eine recht genaue Vorstellung davon, was seiner Mannschaft am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky, Liveticker auf Abendblatt.de) bevorsteht. „Wir erwarten in Mainz einen Gegner, der voll Power spielen wird und mit unglaublichem Engagement auftritt, unglaublich aggressives Pressing spielt“, sagt der HSV-Trainer: „Da brauchen wir Spieler, die Vollgas gehen können.“ Eigentlich ganz einfach, oder?

Da ist nur ein Problem: Viele Hamburger Spieler scheinen derzeit gar nicht in der Lage, Vollgas zu gehen – wenn sie überhaupt gehen können. Denn auch wenn sich die Verletztensituation in den vergangenen Wochen „etwas entspannt“ hat, wie Gisdol sagt: Die Mannschaft ist weit entfernt davon, im Vollbesitz ihrer Kräfte zu sein, auch und gerade im Angriff. Wer also soll den nun schon fünf Spiele oder 450 Minuten währenden Torfluch beenden?

Bobby Wood vielleicht? Angeknockt und angefressen nach dem WM-Aus mit den USA und einem strapaziösen Rückflug nach Hamburg. André Hahn? Wurde in den vergangenen Tagen von einem Magen-Darm-Infekt flachgelegt. Tatsuya Ito? Dito. Sejad Salihovic? Konnte nur leichtes Lauftraining bestreiten, weil sich eine tiefe Fleischwunde entzündet hatte. Gisdol sagt: „Bei ihm bin ich skeptisch, was das Wochenende angeht.“

Bruchhagen duldet keine Ausreden

Also weiter: Filip Kostic? Hat bei der erfolgreichen WM-Qualifikation der Serben erstmals nach vier Wochen Oberschenkelverletzungspause wieder für fünf Minuten auf dem Platz gestanden. „Für den Kader sieht es gut aus“, sagt Gisdol. Für mehr aber wohl nicht. Nicolai Müller? Fällt nach seinem Kreuzbandriss noch lange aus. Jann-Fiete Arp, die größte Sturmhoffnung des HSV? Ist mit der U-17-Nationalmannschaft bei der WM in Indien im Einsatz. Und Luca Waldschmidt, der HSV-Retter der vergangenen Saison? Verpasste die letzten Trainingseinheiten, weil er mit der deutschen U21 um die EM-Teilnahme kämpfte.

„Es ist schade, dass wir auch die Länderspielpause nicht dazu nutzen können, den besten Nachwuchsspielern eine Chance zu geben, weil sie dann selbst international im Einsatz sind“, sagt Gisdol. Er hätte allen Anlass, vor dem richtungweisenden Spiel beim punktgleichen Tabellen-13. eine Sturmwarnung auszugeben. Er tut es nicht. Wohl weil er weiß, dass sie ihm das im Verein nicht durchgehen ließen.

Auch Vorstandschef Heribert Bruchhagen kam am Donnerstag auf die Personalmisere zu sprechen. Ja, Wood und Kostic hätten mit ihrer Schnelligkeit im Konterspiel dem HSV in der vergangenen Rückserie die lebenswichtigen Heimsiege ermöglicht. „Aber ein Bundesligaverein muss immer darauf eingestellt sein, dass auch zwei Leistungsträger ausfallen.“ Punkt.

HSV-Boss Bruchhagen: "Tabellarisch schwierige Situation"

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    Skeptischer Blick in den Spielplan

    Vergangene Woche hat der HSV wieder getroffen. Beim 13:1-Sieg im Testspiel gegen die Oberligamannschaft des SV Rugenbergen erzielten Hahn und Sven Schipplock je fünf Tore. „Das hat uns gutgetan“, sagt Gisdol. An irgendetwas muss man die Hoffnung ja knüpfen. Oder daran, dass René Adler im Mainzer Tor steht. Warum soll es nicht gerade gegen den langjährigen HSV-Kollegen klappen? Gisdol: „Der Fußball schreibt ja manchmal ungewöhnliche Geschichten.“ Auch, dass sich der HSV zuletzt beim 0:0 im Nordderby gegen Werder Bremen eine Vielzahl Chancen herausgearbeitet hat, darauf könne man doch aufbauen. Hart arbeiten, weiterkämpfen, dann fallen auch die Tore wieder, so ungefähr sieht es der Trainer.

    Eine bessere Gelegenheit als in Mainz wird sich so schnell nicht bieten. Nächste Woche kommen die von der Heynckes-Rückkehr euphorisierten Bayern ins Volksparkstadion, anschließend geht es zur heimstarken Hertha nach Berlin. 18 Punkte wünscht sich Bruchhagen von Gisdol bis zur Winterpause, das wären fünf mehr als in der Vorsaison. Derzeit steht der HSV bei sieben und auf Relegationsplatz 16.

    Insgeheim hat sich Bruchhagen wohl schon auf eine neue Zittersaison eingestellt. Er habe die Ergebnisse des Vorjahrs mit dem aktuellen Spielplan abgeglichen. „Da haben wir in den Partien der kommenden Rückrunde weitaus mehr Punkte geholt.“

    Quintett zurück auf dem Platz

    Immerhin: Ito, Hahn, Kostic, Wood und Salihovic mischten am Donnerstag im Training wieder mit, wobei Wood wie auch Abwehrspieler Bjarne Thoelke die Einheit vorzeitig beendete. Einzig Kyriakos Papadopoulos wurde auf dem Platz vermisst. Aber der Innenverteidiger fehlt in Mainz ohnehin aufgrund der fünften Gelben Karte – und ist fürs Toreschießen auch gar nicht zuständig.