Gisdol verteidigt Jatta und Schipplock. Mathenia erhält Rückendeckung nach Patzern. Erster Rückschlag für Lasogga. Hoffen auf Wood.

Gisdol stützt Mathenia

Christian Mathenia war der Unglücksrabe beim 0:2 in Hannover. In einem der schlechtesten Spiele der noch jungen Bundesligasaison strahlten weder Aufsteiger 96 noch der HSV viel Torgefahr aus. Doch nachdem der HSV-Torhüter kurz nach der Pause wie angewurzelt auf der Linie klebte, anstatt die für gefühlte Ewigkeiten durch die Luft segelnde Flanke des Ex-Hamburgers Matthias Ostzrolek abzufangen, konnte Hannover die erste Torchance der gesamten Partie nutzen. Ausgerechnet der gebürtige Hamburger Martin Harnik, der im Sommer 2016 zum HSV wechseln wollte, nutzte den Lapsus in der Defensive.

Mathenia nahm beide Gegentore auf seine Kappe
Mathenia nahm beide Gegentore auf seine Kappe © imago/Nordphoto

Als der HSV dann besser ins Spiel fand – ohne dabei dem 1:1 nahe zu sein – war es erneut Mathenia, der mit seinem Patzer für die Entscheidung sorgte. Der 25-Jährige ließ einen Freistoß von Felix Klaus nach vorne abklatschen, sodass Ihlas Bebou ohne Probleme nur noch einschieben musste. „Es war ein gebrauchter Tag für mich“, gestand Mathenia hinterher ein.

Für Trainer Markus Gisdol bleibt er dennoch die unumstrittene Nummer eins. „Seine selbstkritischen Worte zeichnen ihn aus. Er weiß, wenn er eine Situation nicht richtig eingeschätzt hat. Aber dann muss man den Fehler auch abhaken“, so der Coach. „Man muss auch berücksichtigen, dass er schon sehr gute Spiele für uns gemacht hat. An den ersten beiden Spieltagen war er herausragend gut. Gestern hat er in zwei Szenen nicht so gut ausgehen, aber das gehört bei einem Torwart auch mal dazu. Er ist unsere Nummer eins.“

Salihovic überrascht Gisdol

Gerade mal zwei Trainingseinheiten mit der Mannschaft reichten schon aus, um sich zu einem der wenigen Lichtblicke im Spiel der Hanseaten zu mausern. Etwas überraschend wechselte Gisdol in der 60. Minute Sejad Salihovic für den indisponierten Bakery Jatta ein. Dabei war der zuletzt vereinslose Bosnier erst am Mittwoch zum HSV gewechselt.

Salihovic schlug in seiner kurzen Einsatzzeit drei Flanken in den gegnerischen Strafraum und erreichte damit den Spitzenwert unter allen HSV-Spielern
Salihovic schlug in seiner kurzen Einsatzzeit drei Flanken in den gegnerischen Strafraum und erreichte damit den Spitzenwert unter allen HSV-Spielern © Witters/TimGroothuis

„Seine Präsenz, die er sofort aufs Feld gebracht hat, hat mich positiv überrascht. Vor allem weil er wenig Spielpraxis hatte“, sagte Gisdol am Sonnabend. Tatsächlich riss Salihovic das Spiel sofort an sich. In seinen ersten 30 Minuten für den HSV sammelte er 32 Ballkontakte, brachte 14 Pässe an den Mitspieler und schoss zweimal aufs Tor. Häufiger versuchte es auf Hamburger Seite nur André Hahn (6). „Sali hat einen körperlich sehr guten Eindruck gemacht. Er ist ein Spieler, der uns auf jeden Fall guttun wird“, sagt Gisdol.

Der Ex-Hoffenheimer Salihovic analysierte sein Bundesliga-Comeback dagegen ganz bescheiden. „Ich habe versucht, der Mannschaft mit meiner Erfahrung zu helfen. Ich hätte aber auch gerne einen Punkt mitgenommen“, sagte der 32-Jährige.

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Adlers Horror-Bilanz gegen Bayern hält an

Der perfekte Kopfball von Lewandowski zum 4:0 für die Bayern war für Adler nicht zu erreichen
Der perfekte Kopfball von Lewandowski zum 4:0 für die Bayern war für Adler nicht zu erreichen © imago/Jan Huebner

Die 0:4-Niederlage des 1. FSV Mainz 05 beim FC Bayern war besonders für Ex-HSV-Keeper René Adler, der trotz guter Leistung viermal hinter sich greifen musste, frustrierend. In 17 Bundesligaspielen schenkten die Bayern dem Mainzer Schlussmann bereits 54 Gegentore ein. Im Durchschnitt kassierte Adler somit über drei Treffer in jedem Spiel. Die höchste Niederlage erlebte der Ex-Nationaltorwart im März 2013 im HSV-Dress (2:9). Vergangene Saison geriet Adler mit den Hamburgern in München 0:8 unter die Räder.

HSV hofft auf Wood, van Drongelen fällt länger aus

Welcher verletzte HSV-Profi kehrt gegen Borussia Dortmund zurück ins Team? „Die größte Chance besteht bei Bobby“, sagt Gisdol. „Wir müssen nach seiner Kniereizung aber noch abwarten.“ Für Aaron Hunt (Muskelfaserriss) kommt die Partie dagegen auf jeden Fall noch zu früh. Der Spielmacher könnte in einer Woche gegen Leverkusen (Sonntag, 24. September) wieder zur Verfügung stehen.

Einzelkritik: Jatta verwirrt sich selbst

Noch länger ausfallen wird neben Nicolai Müller (Kreuzbandriss) und Filip Kostic (ausgeprägter Muskelfaserriss) auch Rick van Drongelen (Knochenödem im Becken). „Er fällt wohl bis zur Länderspielpause (1. Oktober-Wochenende; Anm. d. Red.) aus.“ Bis er wieder trainieren kann, wird der Niederländer mit Spritzen behandelt.

Gisdol verteidigt Schipplock und Jatta

Obwohl der HSV mit zwei Spitzen agierte, war die Mannschaft in Hannover so harmlos wie noch nie in der laufenden Saison. Sven Schipplock und Bakery Jatta rieben sich zwar auf, sorgten aber zu keiner Phase der Partie für Torgefahr. Gisdol nahm seine beiden Angreifer am Sonnabend dennoch in Schutz und fand aufmunternde Worte. „Wir können Schippo und Jatta keinen Vorwurf machen. Sie haben so auch noch nie zusammengespielt. Es war schwierig für sie, weil unser Offensivspiel auf sie ausgerichtet war“, sagte der HSV-Coach.

Das kleine Nordderby in Bildern:

HSV im Nordduell bei Hannover 96

Die Entscheidung: Hannovers Ilhas Bebou staubt einen Freistoß zum 2:0 ab, den HSV-Torhüter Christian Mathenia nicht festhalten konnte
Die Entscheidung: Hannovers Ilhas Bebou staubt einen Freistoß zum 2:0 ab, den HSV-Torhüter Christian Mathenia nicht festhalten konnte © Imago/Team 2
In der 50. Minute durfte Martin Harnik zur Führung für Hannover 96 einstochern
In der 50. Minute durfte Martin Harnik zur Führung für Hannover 96 einstochern © dpa
HSV-Torhüter Christian Mathenia flutschte der Ball unter den Händen durch
HSV-Torhüter Christian Mathenia flutschte der Ball unter den Händen durch © Imago/Team 2
Mathenia nahm hinterher beide Tore auf seine Kappe
Mathenia nahm hinterher beide Tore auf seine Kappe © Imago/Team 2
Und so freute sich der gebürtige Hamburger Harnik über seinen Treffer gegen den HSV
Und so freute sich der gebürtige Hamburger Harnik über seinen Treffer gegen den HSV © Getty Images
Auch der ehemalige St.-Pauli-Profi Philipp Tschauner ballte im Strafraum der Gastgeber die Fäuste
Auch der ehemalige St.-Pauli-Profi Philipp Tschauner ballte im Strafraum der Gastgeber die Fäuste © Witters
Vor dem Treffer hatten Kampf und Krampf das Nordduell geprägt
Vor dem Treffer hatten Kampf und Krampf das Nordduell geprägt © Witters
Spontan-Neuzugang Sejad Salihovic bewies nach seiner Einwechslung in der zweiten Halbzeit direkt Ballgefühl
Spontan-Neuzugang Sejad Salihovic bewies nach seiner Einwechslung in der zweiten Halbzeit direkt Ballgefühl © Imago/MIS
Am Ende ging der Daumen des Bosniers aber nur für die HSV-Fans nach oben
Am Ende ging der Daumen des Bosniers aber nur für die HSV-Fans nach oben © Witters
Törles Knöll kam am Ende noch zu seinen ersten Bundesliga-Minuten
Törles Knöll kam am Ende noch zu seinen ersten Bundesliga-Minuten © Imago/MIS
Nordduell, Baby: Hannovers Niclas Füllkrug (l.) und Hamburgs Kyriakos Papadopoulos im Nahkampf
Nordduell, Baby: Hannovers Niclas Füllkrug (l.) und Hamburgs Kyriakos Papadopoulos im Nahkampf © WITTERS | TimGroothuis
Einen Zweikampf mit fataleren Folgen gab es zwischen Sven Schipplock und Felipe
Einen Zweikampf mit fataleren Folgen gab es zwischen Sven Schipplock und Felipe © WITTERS | TayDucLam
Hannovers brasilianischer Verteidiger musste anschließend verletzt ausgewechselt werden
Hannovers brasilianischer Verteidiger musste anschließend verletzt ausgewechselt werden © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Drin blieb dagegen André Hahn – hier angewiesen von HSV-Trainer Markus Gisdol
Drin blieb dagegen André Hahn – hier angewiesen von HSV-Trainer Markus Gisdol © WITTERS | TimGroothuis
Wenige Minuten nach Anpfiff des Nordduells Hannover gegen HSV zog dichter Rauch aus der Gästekurve gen Spielfeld
Wenige Minuten nach Anpfiff des Nordduells Hannover gegen HSV zog dichter Rauch aus der Gästekurve gen Spielfeld © Witters
Die Übeltäter waren vermummt
Die Übeltäter waren vermummt © Imago/MIS
Der Stadionsprecher ermahnte die HSV-Fans mehrmals
Der Stadionsprecher ermahnte die HSV-Fans mehrmals © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Hamburgs Finanz-Vorstand Frank Wettstein (l.) und Clubchef Heribert Bruchhagen registrierten die Nebelschwaden missmutig
Hamburgs Finanz-Vorstand Frank Wettstein (l.) und Clubchef Heribert Bruchhagen registrierten die Nebelschwaden missmutig © WITTERS | TimGroothuis
Sven Schipplock rutschte nach dem Ausfall von Bobby Wood in die Startelf
Sven Schipplock rutschte nach dem Ausfall von Bobby Wood in die Startelf © Getty Images
Bakery Jatta kam zu seinem zweiten Startelf-Einsatz seiner noch immer jungen Bundesligakarriere
Bakery Jatta kam zu seinem zweiten Startelf-Einsatz seiner noch immer jungen Bundesligakarriere © Witters
Und Douglas Santos (hier gegen Martin Harnik) kehrte nach seiner zwischenzeitlichen Ausbootung zurück
Und Douglas Santos (hier gegen Martin Harnik) kehrte nach seiner zwischenzeitlichen Ausbootung zurück © Imago/MIS
Matthias Ostrzolek wiederum traf erstmals wieder auf seine alten Kameraden
Matthias Ostrzolek wiederum traf erstmals wieder auf seine alten Kameraden © Imago/MIS
Sejad Salihovic nahm dagegen vorerst auf der Bank Platz
Sejad Salihovic nahm dagegen vorerst auf der Bank Platz © Witters
Fachgespräche vor dem Anpfiff: Die Manager-Kollegen Jens Todt (l., HSV) und Horst Heldt (Hannover 96)
Fachgespräche vor dem Anpfiff: Die Manager-Kollegen Jens Todt (l., HSV) und Horst Heldt (Hannover 96) © Getty Images
Sportlich musste HSV-Trainer Markus Gisdol einige Ausfälle verkraften
Sportlich musste HSV-Trainer Markus Gisdol einige Ausfälle verkraften © Getty Images
Auch sein Gegenüber André Breitenreiter musste kurzfristig auf Top-Zugang Jonathas verzichten
Auch sein Gegenüber André Breitenreiter musste kurzfristig auf Top-Zugang Jonathas verzichten © Getty Images
Shake-Hands gab es natürlich auch noch
Shake-Hands gab es natürlich auch noch © Witters
Die Augen gerichtet waren auch auf die Technik von Eurosport, das diesmal eine störungsfreie Übertragung im kostenpflichtigen Player versprochen hatte
Die Augen gerichtet waren auch auf die Technik von Eurosport, das diesmal eine störungsfreie Übertragung im kostenpflichtigen Player versprochen hatte © Getty Images
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Erste England-Pleite für Lasogga

Nach seinem Senkrechtstart auf der Insel musste HSV-Leihgabe Pierre-Michel Lasogga den ersten Rückschlag hinnehmen. Mit dem englischen Zweitligisten Leeds United verlor der bullige Stürmer 0:1 beim FC Millwall. Da der Traditionsclub aber weiter von der Tabellenspitze grüßt, dürfte der Frust über die Niederlage nicht allzu lange anhalten. Für Lasogga gibt es ohnehin keinen Grund zur Trauer: Der 25-Jährige ist noch am Sonnabendabend wieder nach Hamburg geflogen, wo seine Freundin Salina eine Tochter erwartet.

Wie Gisdol der Verletztenmisere trotzt

Erst in der Nachspielzeit, als das Spiel in Hannover (0:2) bereits entschieden war, tauchte der HSV das eine oder andere Mal vorm gegnerischen Tor auf. Die wenigen Abschlüsse kurz vor Schluss verbessern allerdings nicht den harmlosen Eindruck, den die Hamburger hinterließen. Für alle Zuschauer war erkennbar, dass den Hanseaten ohne ihre Top-Offensivkräfte Müller, Kostic, Wood und Hunt die Durchschlagskraft fehlt. Wie will der HSV nun gegen Dortmund (Mittwoch, 20.30 Uhr) für Torgefahr sorgen?

Gisdol: „Die personelle Situation wird sich nicht schlagartig verbessern. Auf der anderen Seite haben wir sechs Punkte im Rücken, die uns nach wie vor guttun. Wir wissen, dass wir schwierige Spiele vor der Brust haben, aber wir sind bislang auch in schwierigen Situationen immer in der Lage gewesen, zu punkten. Wir werden unabhängig von den Gegnern eine schlagkräftige Mannschaft auf den Platz bekommen. Vielleicht haben wir dann auch wieder das Spielglück in den entscheidenden Momenten auf unserer Seite."

HSV II neuer Tabellenführer

Die U21 des HSV schwebt weiter auf der Erfolgswelle: Auch ohne Toptorjäger Törles Knöll siegte die zweite Mannschaft der Hamburger im Topspiel der Regionalliga Nord 2:0 gegen den VfB Lübeck durch einen Doppelpack von Matti Steinmann (21./FE und 29.). Neben dem 22-Jährigen war auch der 1,66 Meter kleine Japaner Tatsuya Ito überragender Mann auf dem Platz. Der quirlige Mittelfeldspieler holte den Elfmeter raus und bereitete das zweite Tor nach einer klasse Einzelaktion vor.

Der HSV (19 Punkte) zieht bei einem Spiel weniger damit an den nun zweitplatzierten Lübeckern (18), wo der Ex-Hamburger Stefan Schnoor als Sportchef tätig ist, vorbei.

Bundesligadebüt mit 20 Jahren: Knöll war im Anschluss überglücklich – trotz der Niederlage
Bundesligadebüt mit 20 Jahren: Knöll war im Anschluss überglücklich – trotz der Niederlage © Witters/TimGroothuis

Knöll (bislang sieben Tore in sechs Spielen) musste sich nach seinem Bundesliga-Debüt in Hannover unter die Zuschauer reihen. "Es hätte keinen Sinn ergeben, ihn mit Schlafmangel spielen zu lassen", erklärte Gisdol die Maßnahme. Über Knölls Kurzeinsatz am Freitagabend sagte der Trainer: „Es war schwierig gewesen für ihn, ins Spiel reinzukommen. Ich hatte gehofft, dass er den Torjägerinstinkt aus der Regionalliga mitbringen kann, wo er am laufenden Band trifft."

Gisdol erklärt Mavrajs Bank-Platz

Als HSV-Stadionsprecher Lotto King Karl die Aufstellung in der HDI-Arena in Hannover vorlas, wurde Gewissheit, was sich bereits beim Abschlusstraining angedeutet hatte. Mergim Mavraj saß nach abgesessener Gelbsperre nur auf der Ersatzbank und wurde wie schon gegen Leipzig (0:2) von Gideon Jung vertreten. „Papa und Gidi haben es davor gut gemacht. Dieses Gespann wollte ich nicht auseinanderreißen“, erklärte Gisdol am Sonnabend die Maßnahme. „Mergim ist aber natürlich jederzeit ein Kandidat für die erste Elf.“