Hamburg. Der Präsident der erfolgreichsten Ära des Hamburger SV starb am Freitag im Alter von 76 Jahren an Krebs.

Der langjährige HSV-Präsident Wolfgang Klein ist tot. Der promovierte Rechtsanwalt starb am Freitag im Alter von 76 Jahren an Krebs. Unter Kleins Führung (Dezember 1979 bis November 1987) feierte der Verein seine erfolgreichste Ära mit dem Gewinn zweier deutscher Meistertitel (1982 und 1983) und dem Triumph im Europapokal der Landesmeister am 25. Mai 1983 in Athen gegen Juventus Turin (1:0). Im Februar war Klein noch beim Spiel gegen Bayer Leverkusen (1:0) zu Gast im Volksparkstadion. Danach war er in der Öffentlichkeit kaum mehr zu sehen. Der viermalige deutsche Weitsprungmeister (Bestweite: 7,90 Meter) und Olympiateilnehmer 1964 in Tokio (Platz zehn) hatte die Ausgliederung der Fußball-Abteilung aus dem Gesamtverein öffentlich unterstützt und die Initiative „HSVPlus“ juristisch beraten.

„Wir trauern um einen ganz großen HSVer“, sagte der amtierende HSV-Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen. „Dr. Wolfgang Klein hat nicht nur als Präsident der erfolgreichsten Zeit der Vereinsgeschichte, sondern auch als erfolgreicher Sportler große Spuren in unserem Verein hinterlassen.“

Klein, der in seiner Studienzeit in den 1960er-Jahren als Journalist für das Abendblatt und als TV-Moderator für die „Sportschau der Nordschau“ beim NDR freiberuflich arbeitete, war stets ein streitbarer Geist. Wenn ihm als HSV-Präsident die Berichterstattung im Abendblatt nicht passte, griff er nach dem einen oder anderen Glas besten französischen Cognacs schon mal zum Telefonhörer und schimpfte: „Was schreiben Sie schon wieder für einen Mist! In Ihre Zeitung können Sie Fische einwickeln, aber höchstens Heringe!“ Am nächsten Tag war alles wieder in Ordnung. „Das musste doch mal gesagt werden“, entschuldigte er sich – „nur für den Ton“ – und lud zum Essen ein.

Die erfolgreichen drei des HSV: Klein, Happel und Netzer

Im ehemaligen Restaurant Osteria Due an der Badestraße (Rotherbaum) war für Wolfgang Klein immer derselbe Tisch reserviert, rechts in der Ecke, fünf Meter vom Tresen entfernt. Hier saß der HSV-Präsident schon in den 1980er-Jahren sonntags nach den Bundesligaspielen mit dem damaligen HSV-Trainer Ernst Happel (1981–1987) zusammen und arbeitete den Spieltag vom Sonnabend akribisch auf. „Happel“, erzählte Klein einmal, „bestellte immer dasselbe: Bohnensuppe mit Nudeln. Die stand zwar nicht auf der Karte, für Happel wurde sie aber eigens zubereitet.“

Die Verpflichtung Happels war Kleins wichtigste Personalentscheidung. Mit dem ehemaligen Nationalspieler Günter Netzer, den Klein-Vorgänger Paul Benthien 1978 nach Hamburg holte, bildeten die drei eine starke Führungsriege. Den Vorwurf, den Club wie ein Diktator geführt zu haben, widersprach Klein vehement in einem seiner letzten Interviews mit dem Abendblatt.

Früher habe jeder den Aufgabenbereich des anderen respektiert

„Auch rückblickend sehe ich mich nicht als Diktator, wir waren ein starkes Präsidium. Richtig ist, dass wir klare Strukturen im Verein hatten. Ich trug damals als Präsident die Gesamtverantwortung, Günter Netzer war als Manager für den sportlichen Bereich zuständig, mit Ernst Happel und zuvor Branko Zebec hatten wir in dieser Phase zwei außergewöhnliche Trainer, und die Mannschaft hatte sich über Jahre entwickeln können.“ Das Entscheidende sei aber gewesen, dass jeder den Aufgabenbereich des anderen respektierte, ohne zu murren. „Das scheint mir bis heute anders zu sein. Happel, Netzer und ich waren drei unterschiedliche Charaktere, die jedoch größten Wert auf eine vernünftige Zusammenarbeit legten.“

Die späteren Schwierigkeiten des HSV führte Klein vor allem darauf zurück, „dass sich keine Hamburger Persönlichkeit für meine Nachfolge finden ließ. Ernst Naumann, ein absolut honoriger Mensch und erfolgreicher Verleger, hat es dann gemacht, nicht aus Überzeugung, sondern allein aus Verantwortung gegenüber dem HSV. Daraus wurde ein Verwalten statt eines Gestaltens.“

Klein kritisierte die mangelnde Kontinuität an Fachleuten

Beim HSV, kritisierte Klein, mangelte es nach 1987 an Kontinuität wie an ausgewiesenen Fachleuten. Trainer, Manager, Präsidenten wechselten alle naslang. „In München, aber auch in Bremen standen über viele Jahre dieselben Personen in der Verantwortung. Das zahlte sich aus, wie es sich beim HSV in den 1980er-Jahren ausgezahlt hatte. Die Bayern hatten zudem rechtzeitig ihre Fußballabteilung ausgegliedert und dadurch einen viel größeren Handlungsspielraum erlangt, konnten Anteile an ihrer AG an Unternehmen verkaufen, ohne dabei die Kon­trolle zu verlieren.“

Unter Klein war der HSV ein Universalsportverein. Neben dem Fußball ließ er über Sponsoren wie Sharp auch die Leichtathletik, Eishockey und Volleyball fördern. 1981 holte er die Bundesligamannschaft des Hamburger Schachklubs zum HSV, verpflichtete Großmeister Dr. Robert Hübner, damals die Nummer drei der Welt, weil der nur 60.000 Mark pro Saison kostete. „Das war doch ein Schnäppchen“, sagte Klein, ein Franz Beckenbauer, 1980 bis 1982 beim HSV, sei 20-mal so teuer gewesen – und zu dem Zeitpunkt längst keine Weltklasse mehr.

In seinen letzten Jahren hatte Wolfgang Klein, immer ein großzügiger Mensch, der anderen stets half, viel Geld spendete, nicht nur gesundheitliche, sondern auch – unverschuldet – größere finanzielle Probleme. Jürgen Hunke, einer seiner Nachfolger als HSV-Präsident, lieh ihm privat eine größere Summe, damit er seinen wichtigsten Verpflichtungen nachkommen konnte. Nach der Trennung von seiner langjährigen Ehefrau Renate, einer Lehrerin, lebte Klein 15 Jahre lang mit der 39 Jahre jüngeren Galeristen Ewa Helena Dulic zusammen.

Als Wolfgang Klein 1987 abtrat, feierte der HSV nicht nur sein 100-jähriges Bestehen, er war im Sommer des Jahres auch deutscher Pokalsieger geworden, hatte im Finale in Berlin die Stuttgarter Kickers mit 3:1 besiegt. Es war der bisher letzte Titelgewinn des Vereins – und das Ende der bislang erfolgreichsten Ära der Clubgeschichte.