Hamburg. HSV-Trainer musste wegen Rockkonzerts Besprechung abbrechen. Den nächsten Gegner Köln nennt er als Vorbild.

2009 stand der HSV letztmals ganz oben in der Fußball-Bundesliga. Acht Jahre später könnte es am Freitag wieder so weit sein. Bereits ein Unentschieden im Spiel beim 1. FC Köln (20.30 Uhr/Eurosport Player, Liveticker auf Abendblatt.de) würde dem HSV die Tabellenführung bringen – mindestens für einige Stunden. Für Trainer Markus Gisdol ist diese Aussicht allerdings nur „eine schöne Randerscheinung. Es hat keinen Einfluss darauf, wie wir dieses Spiel angehen“, sagte er bei der Pressekonferenz am Donnerstag.

Gisdol verhehlte aber auch nicht, welch wohltuende Wirkung der 1:0-Saisonauftaktsieg gegen den FC Augsburg hatte: „Es tut jedem gut, Spiele zu gewinnen, auch wenn dieser Sieg vielleicht nicht so glanzvoll ausgefallen ist. Es ist ein ganz anderes Gefühl, als wenn du von Anfang an hinterherlaufen musst.“

Durfte man die drei Punkte zu Hause gegen Augsburg noch erwarten, kämen sie auswärts in Köln etwas überraschend. In der Vorsaison schoss FC-Torjäger Anthony Modeste den HSV allein mit 3:0 ab. Inzwischen spielt Modeste in China. „Für die Kölner ist das sicher eine gravierende Veränderung“, sagte Gisdol, „er hat ja letzte Saison fast jeden Ball reingemacht, der irgendwie nach vorn kam.“

Gisdol erwägt zweite Spitze

Zugleich habe sich seine eigene Mannschaft auch taktisch weiterentwickelt. Gisdol schloss nicht aus, in Köln mit einer zweiten zentralen Spitze neben Bobby Wood zu agieren – „wir wissen alle, wen wir da als Kandidaten zur Verfügung haben“. André Hahn? Sven Schipplock? Oder doch Luca Waldschmidt? Sehr überraschend wäre, wenn der zuletzt ver- und geschmähte Pierre-Michel Lasogga wieder ins Spiel käme.

Wahrscheinlicher ist, dass der Ausfall von Nicolai Müller anders kompensiert wird. „Für die Zehner-Position gibt es bei unss vier, fünf Spieler“, sagte Gisdol, „ich habe da großes Vertrauen in unseren Kader.“ Gegen Augsburg durfte sich nach Müllers Ausscheiden Aaron Hunt versuchen – mit mäßigem Erfolg.

Dass der HSV noch Ersatz verpflichtet, ist nicht sehr wahrscheinlich, so zumindest war Gisdols Aussage zu verstehen. Ein gleichwertiger und bezahlbarer Spieler sei „sehr schwer“ zu finden. Bis auf Müller und den ebenfalls längerfristig verletzten Bjarne Thoelke stehen Gisdol alle Profis zur Verfügung.

Arp noch nicht so weit

Gut möglich also, dass Douglas Santos es wieder nicht in den Kader schafft. Gegen Augsburg hatte Gisdol den wechselwilligen Brasilianer gestrichen, „weil ich nicht den Eindruck hatte, dass er mit dem Kopf 100-prozentig bei der Sache und beim Spiel ist“. In dieser Woche aber habe Santos „ganz normal“ trainiert und „sich nichts anmerken lassen“. Sein 18er-Aufgebot wird Gisdol erst nach dem nicht öffentlichen Abschlusstraining am Donnerstag bekannt geben.

Toptalent Jann-Fiete Arp (17) wird auch diesmal nicht unter den Nominierten sein. „Er wird über kurz oder lang hier Bundesligaspiele machen“, versprach Gisdol, „aber ich werde ihn erst aufstellen, wenn ich überzeugt bin, dass er weit genug ist. Er soll seine Zeit bekommen.“ Man dürfe nicht vergessen, dass der Juniorennationalspieler noch zwei Spielzeiten bei der U19 bestreiten dürfe. In der Profimannschaft seien vergangene Saison schon mehrere 18-Jährige ins Spiel gebracht worden – Bakery Jatta etwa und Vasilije Janjicic. Gisdol: „Sie müssen sich erst mal weiterentwickeln. Jetzt gleich den nächsten reinzuwerfen und den nächsten und den nächsten, so viele gute Spieler in der Jugend hat kein Bundesligaclub.“

Volbeat sorgt für Störgeräusche

Fragen zu Investor Klaus-Michael Kühne musste Gisdol am Donnerstag nicht über sich ergehen lassen. Ruhe im Umfeld – für den Trainer ein Punkt, in dem der nächste Gegner dem HSV voraus ist. „Ich erinnere mich an sehr turbulente Zeiten in Köln“, sagte Gisdol. Inzwischen habe sich das Bild völlig gewandelt – “das ist vorbildhaft für viele Clubs. In Köln und auch bei Borussia Mönchengladbach wurde vieles richtig gemacht. Der Erfolg gibt ihnen recht.“

Ein wenig gestört wurde zwar auch diese Trainingswoche des HSV, aber ausnahmsweise sind daran keine aktuellen oder ehemaligen Haupt- und Nebendarsteller des Clubs verantwortlich, sondern das Konzert der Metal-Rocker Volbeat am Mittwoch im Volksparkstadion. Während des Soundchecks habe er sich gefühlt wie am Hauptbahnhof, erzählte Gisdol. Es sei so laut gewesen, dass er eine Besprechung abbrechen musste. „Optimal war das sicherlich nicht“, sagte Gisdol, „aber ich akzeptiere, dass der Verein Geld verdienen muss.“