Hamburg. Der Wettbewerb bietet dem klammen HSV große wirtschaftliche Chancen. Trainer Gisdol warnt vor Drittligist Osnabrück.
Markus Gisdol macht kein großes Geheimnis daraus, wie ernst er das DFB-Pokalspiel am Sonntag (15.30 Uhr) beim Drittligisten VfL Osnabrück nimmt. Man könnte auch sagen: Er macht ein großes Geheimnis daraus. Drei Tage Geheimtraining hat der HSV-Trainer ab heute angesetzt, um sich in aller Ruhe auf das Duell an der Bremer Brücke vorzubereiten. Ein großes Geheimnis ist es damit nicht: Gisdol nimmt den DFB-Pokal mehr als ernst. „Für jeden Bundesligisten ist es eine undankbare Aufgabe, gegen einen Drittligisten zu spielen, der im Spielrhythmus ist“, sagt der Hamburger Trainer vor dem Pflichtspielauftakt der neuen Saison.
Seit 35 Tagen läuft die Vorbereitung des HSV nun schon. Fünf Wochen, in denen nicht alles rundlief rund um den Hamburger Bundesligisten. Verletzungen, Verzögerungen in der Kaderplanung, vier Vorbereitungsspiele ohne Sieg. Und nun geht es zum Start gleich gegen einen Drittligisten, der sich schon seit drei Wochen im Spielbetrieb befindet. Für den HSV gibt es viel zu verlieren. Ein Ausscheiden könnte erheblich auf die Stimmung schlagen. Daher spricht Gisdol eine Warnung aus: „Osnabrück wird eine sehr schwierige Aufgabe. Aber der müssen wir uns stellen.“
DFB-Pokal kann wertvoll sein
Zu gewinnen gibt es für den HSV allerdings auch mehr als nur ein Spiel bei einem Drittligisten. Die vergangene Saison hat gezeigt, wie wertvoll der DFB-Pokal für den Club sein kann. Der unerwartete Einzug in das Viertelfinale des Wettbewerbs hat dem HSV durch Prämien aus Fernseh- und Vermarktungserlösen Mehreinnahmen von rund 2,4 Millionen Euro beschert. Hinzu kamen Zuschauereinnahmen von 1,7 Millionen Euro durch zwei Heimspiele. Finanzvorstand Frank Wettstein hatte in seinem Lagebericht für das gerade abgelaufene Geschäftsjahr nur mit dem Einzug in die dritte Runde und einem Heimspiel kalkuliert.
Da der Club die Ziele in der Bundesliga – im Geschäftsbericht wurde ein zehnter Platz eingeplant – klar verfehlt hat, sorgte der DFB-Pokal zumindest für ein wenig Entlastung in der klammen Kasse des Clubs. Weil der HSV durch Platz 14 in der Liga auch eine Verbesserung in der TV-Tabelle und dadurch Mehreinnahmen von bis zu zehn Millionen Euro verpasste, könnte der DFB-Pokal auch in dieser Saison eine lukrative Einnahmequelle werden.
Die Hamburger besiegten in der vergangenen Pokalsaison zunächst den Drittligisten FSV Zwickau durch das Tor von Alen Halilovic mit 1:0. Anschließend hatte es der HSV vor allem Bobby Wood zu verdanken, dass er auch beim Halleschen FC (4:0) und daheim gegen den 1. FC Köln (2:0) gewann. Das Viertelfinalheimspiel gegen Borussia Mönchengladbach verloren die Hamburger dann nach zwei unglücklich verursachten Elfmetern mit 1:2.
Der große Gewinner des Pokals war schließlich Eintracht Frankfurt. Die Hessen verloren zwar das Endspiel gegen Borussia Dortmund, kamen durch den Halbfinalsieg in Mönchengladbach aber zu Prämien von insgesamt acht Millionen Euro. Hinzu kamen 3,2 Millionen Euro Zuschauereinnahmen. Dadurch konnte sich der Club um Trainer Niko Kovac den Transfer von Linksverteidiger Jetro Willems leisten. Den 23-jährigen Niederländer, den auch der HSV gerne verpflichtet hätte, holte die Eintracht für fünf Millionen Euro von PSV Eindhoven. Als Ersatz für Willems will der holländische Erstligist nun den HSV-Brasilianer Douglas Santos verpflichten.
HSV braucht Geld für Stafylidis-Transfer
Die Hamburger werden Santos wiederum nur abgeben, sollte sich gleichwertiger Ersatz finden. Wunschkandidat ist Augsburgs Konstantinos Stafylidis (23). Doch der griechische Nationalspieler kostet viel Geld. Ohne eine Investitionsbeteiligung von Gesellschafter Klaus-Michael Kühne wird der HSV einen Stafylidis-Transfer kaum realisieren können. Gut möglich, dass Trainer Markus Gisdol den Investor überzeugen kann. „Herr Kühne gibt uns als Club Möglichkeiten, die wir sonst nicht hätten. Und um die auszuschöpfen, sind wir, ich betone wir, als Verantwortliche, in einem regelmäßigen und konstruktiven Dialog mit ihm“, sagte Gisdol im Interview mit der „Bild“.
Um nicht immer wieder bei Kühne um Unterstützung bitten zu müssen, ist der HSV zu sportlichem Erfolg verdammt. Helfen könnte entsprechend ein erneut weites Kommen im Pokal.
DFB will erste Runde des Pokals modifizieren
Die Hamburger werden am Sonntag in Osnabrück zum 70. Mal an diesem Wettbewerb teilnehmen. Die finanziellen Chancen sind in der neuen Saison dieselben wie im Vorjahr. Erst zur Spielzeit 2019/2020 wird ein neuer TV-Vertrag für den DFB-Pokal in Kraft treten. Dann sollen in der ersten Runde bis zu drei Spiele der sieben Topclubs aus der Bundesliga an einen frei empfangbaren Sender verkauft werden. Zudem soll es laut „Bild“ einen Kompromiss geben. Die Clubs, die im Europapokal antreten, müssen ihre Erstrundenspiele dann erst vier Wochen später austragen, um im Sommer etwa auf Sponsorenreisen gehen zu können.
Will der HSV in zwei Jahren zu diesen Clubs gehören, muss er sich allerdings ziemlich strecken. Ein Erstrundenerfolg in Osnabrück wäre für dieses große Ziel ein erster kleiner Schritt.