Hamburg. Van Drongelen, Janjicic, Jatta – der HSV könnte das jüngste Team der vergangenen Jahre aufbieten. Wird aus der Not jetzt eine Tugend?
Eine Hürde muss Rick van Drongelen noch überwinden. An diesem Donnerstag wird der 18 Jahre junge Niederländer im Athleticum des UKE den Medizincheck absolvieren, danach kann er beim HSV seinen Fünfjahresvertrag unterschreiben. Der U-19-Nationalspieler von Sparta Rotterdam wird den HSV rund drei Millionen Euro Ablöse kosten. Am Freitag soll van Drongelen erstmals mit seiner neuen Mannschaft trainieren, nachdem er am Mittwochabend aus Amsterdam kommend in Fuhlsbüttel gelandet war.
Wie wichtig die Verpflichtung des Innenverteidigers für den HSV ist, verdeutlichte die erneute Trainingspause von Kyriakos Papadopoulos. Der Grieche wurde wegen seiner Beschwerden in der Wade nach der Rückkehr aus dem Trainingslager in Längenfeld medizinisch untersucht. Zwar wurde keine ernsthafte Verletzung diagnostiziert, doch klar ist auch, dass der verletzungsanfällige Abwehrspieler in der kommenden Saison aufgrund seiner Knieproblematik immer mal wieder fehlen wird.
Große Chancen für van Drongelen
Für van Drongelen, der beim HSV als Herausforderer der etablierten Papadopoulos und Mergim Mavraj startet, bieten sich dadurch große Chancen, schnell zu einer festen Größe aufzusteigen. Jens Todt traut ihm das zu. „Er ist für sein Alter schon sehr reif und sehr robust“, sagte der Sportchef des HSV.
Ähnliche Attribute gelten für Vasilije Janjicic. Der Schweizer, der sein erstes Sommertrainingslager mit den HSV-Profis bestritten hat, könnte in der neuen Mannschaft ebenfalls eine gewichtige Rolle im Team von Trainer Markus Gisdol einnehmen. Janjicic ist wie van Drongelen erst 18 Jahre alt, die beiden trennen nur zwei Monate. Körperlich gehört der Mittelfeldmann aber bereits zu den kräftigsten Spielern der Hamburger. Sein Markenzeichen sind die massiven Waden. „Ich weiß gar nicht, woher ich die habe“, sagt Janjicic im Gespräch mit dem Abendblatt und lacht: „Ich bin ja nicht der Einzige. Lasso hat auch so kräftige Waden.“
Lasso – Pierre-Michel Lasogga – ist allerdings auch sieben Jahre älter und sechs Kilogramm schwerer als Janjicic und im Gegensatz zu seinem Teamkollgen einer der Verlierer der bisherigen Vorbereitung. Janjicic dagegen könnte zur großen Überraschung der Saison aufsteigen. Vor einem Jahr hatte ihn der damalige Club- und Sportchef Dietmar Beiersdorfer vom FC Zürich abgeworben.
Janjicic war zunächst für die U21 vorgesehen, doch bereits im November zog ihn Gisdol zu den Profis hoch. In der Rückrunde gab er am 32. Spieltag sein Startelfdebüt – ausgerechnet im Nervenspiel gegen Mainz 05, als es um den Klassenerhalt ging. „Meine Entwicklung hat mich selbst überrascht. Der Trainer setzt mich häufig ein, er vertraut mir“, sagt Janjicic.
Jatta könnte verletzten Kostic ersetzen
Und das tut Gisdol auch weiterhin. Der Youngster fühlt sich zwar im defensiven Mittelfeld am wohlsten, doch der Trainer hat auch noch andere Ideen im Kopf. „Ich sehe Vasi auch als Option auf der Außenverteidiger-Position“, sagt Gisdol. Und nicht nur das. Sogar in der defensiven Dreierkette, die Gisdol als taktische Variante immer mal wieder trainieren lässt, kann sich Gisdol den Schweizer U-19-Nationalspieler vorstellen. „Er könnte den spielerischen Part der Verteidiger übernehmen“, so Gisdol. Eine Aussage, die seine Wertschätzung für den Jungprofi unterstreicht.
Neben Janjicic hat sich auch Bakery Jatta, seit zwei Monaten 19 Jahre alt, im Trainingslager in den Fokus gespielt. In den beiden Testspielen gegen Sparta Rotterdam und Antalyaspor schoss der Gambier das einzige HSV-Tor. Mit seinen schnellen, unorthodoxen Bewegungen bringt Jatta für die Gegner etwas Unberechenbares mit. „Seine mentale Stärke ist die Unbekümmertheit. Er spielt einfach sein Spiel“, sagt HSV-Nachwuchschef Bernhard Peters.
Gisdol versteht sich selbst als Entwickler
Weil Filip Kostic zum Ligastart gegen den FC Augsburg (19. August) wegen seiner Kapselverletzung im Knie noch auszufallen droht, gilt Jatta als Startelfkandidat für die linke Außenbahn. Theoretisch könnte der HSV dann mit van Drongelen, Janjicic und Jatta von Beginn an spielen. Es wäre die wohl jüngste Startformation des HSV in den vergangenen Jahren.
Für den Moment könnte man meinen, die Hamburger würden den Weg verfolgen, den die Reforminitiative HSVPlus vor drei Jahren einleiten wollte. Junge, entwicklungsfähige Spieler an den Club binden und sich durch die Wertsteigerung der Talente Stück für Stück entschulden. Ein Weg, den der Vorstand nach der Ausgliederung jedoch missachtete. Der nun aber aus der Not heraus eingeschlagen werden könnte. Mit Gisdol hat der HSV einen Trainer, der sich selbst als Entwickler versteht und der nachgewiesen hat, dass er jungen Spielern eine Chance gibt.
Janjicic schon bemerkenswert cool
Vasilije Janjicic hat er diese Chance gegeben. Und der Junge aus Zürich nutzte sie. „Es ging alles ein bisschen schneller als gedacht. Ich bin glücklich beim HSV. Es könnte eine gute Saison für mich werden“, sagt der Schweizer mit serbischen Wurzeln. Seine Eltern stammen zwar aus Serbien, er selbst sieht sich als Schweizer. Mit Kostic, seinem Kumpel im HSV-Kader, spricht er allerdings serbisch. Die beiden sind auch ein gutes Tischtennis-Doppel.
Trainer Gisdol schätzt an Janjicic aber in erster Linie seine Spielweise auf dem Fußballplatz. Für sein Alter wirkt der schon bemerkenswert cool und selbstbewusst. „Das ist meine Art. Ich kenne keine Angst“, sagt Janjicic. Eine Aussage, die er bereits untermauert hat. Und die zeigt, dass es beim HSV auch mit jungen Spielern geht.