Hamburg. Wie in den Vorjahren muss der Club die Lücke in der Innenverteidigung schließen. Brügges Abwehrmann Denswil würde viel Geld kosten.

Mergim Mavraj war am Montagmittag anzumerken, dass ihm die sechs Wochen Urlaub gut getan haben. Nach seiner zweiten Trainingseinheit mit dem HSV präsentierte sich der Albaner in einem Mediengespräch so entspannt wie lange nicht. Kaum ein Satz verging, in dem Mavraj nicht mit einem lockeren Spruch auf die Fragen antwortete. So auch, als es um die Situation in der Innenverteidigung des HSV ging. Was für ein Spielertyp bei der Suche für die zentrale Defensive die beste Lösung sei, wurde Mavraj gefragt. Seine humorvolle Antwort. „Am besten gar keine. Ich würde die Suche einstellen“, sagte Mavraj und lachte.

Der 31-Jährige weiß natürlich, dass der HSV zeitnah noch einen Innenverteidiger verpflichten will, um den Konkurrenzkampf und die Alternativen auf den beiden Positionen im Abwehrzentrum zu erhöhen. „Für einen Trainer ist es wichtig, vier gestandene Innenverteidiger zu haben“, sagte Mavraj, diesmal ernst gemeint.

Aktuell ist er an der Seite von Kyriakos Papadopoulos gesetzt – so wie in der Rückrunde der Vorsaison. Mit Bjarne Thoelke wurde zudem ein Backup verpflichtet. Doch weil Papadopoulos und auch Mavraj wegen Verletzungen mehrfach ausfielen, will der HSV auf Nummer sicher gehen und einen weiteren Innenverteidiger holen.

Was für Denswil-Transfer spräche

Sportchef Jens Todt hat die Liste der Kandidaten eingegrenzt. Einer von ihnen ist der Niederländer Stefano Denswil. Der 24-Jährige vom FC Brügge aus Belgien ist eine realistische Option auf einen Transfer, nach Abendblatt-Informationen aber nicht der Topkandidat. Zudem würde dem HSV der Wechsel viel Geld kosten. Im Raum steht eine Ablösesumme von bis zu sieben Millionen Euro. Für den bei Ajax Amsterdam ausgebildeten Denswil spricht, dass er auch als Linksverteidiger spielen kann. Auf dieser Position sucht der HSV ebenfalls Verstärkung.

Vier Wochen vor dem ersten Pflichtspiel ist der HSV mit zwei offenen Planstellen in jedem Fall spät dran. Trainer Markus Gisdol hofft, zumindest zum Start des zweiten Trainingslagers im österreichischen Leogang am Sonnabend den vierten Innenverteidiger dabei zu haben. Doch die Marktlage ist nicht einfach – insbesondere auf dem deutschen Markt. Deswegen suchen viele Clubs in den Niederlanden und in Belgien.

HSV kennt Spieler aus Beneluxstaaten

Auch der HSV hat mit Abwehrspielern aus den Beneluxstaaten überwiegend gute Erfahrungen gemacht. Joris Mathijsen, Vincent Kompany, Khalid Boulahrouz, Daniel van Buyten oder Jeffrey Bruma spielten in den vergangenen elf Jahren in der Innenverteidigung des HSV. Zuletzt hat sich aber auch hier der Kampf um die besten Spieler intensiviert. „Auch in Holland ist der Markt an Links- und Innenverteidigern schwierig geworden“, sagt Nico Hoogma im Gespräch mit dem Abendblatt.

Der frühere Verteidiger war 1998 der erste Niederländer, der beim HSV eine Erfolgsgeschichte einleitete. Heute kennt er als Sportchef des holländischen Erstligisten Heracles Almelo die Probleme bei der Suche nach Defensivspielern. Dabei hat der 48-Jährige gerade selbst eines der größten niederländischen Verteidigertalente nach Deutschland vermittelt: Sein 19 Jahre junger Sohn Justin wechselte vor Kurzem zu 1899 Hoffenheim. „Er passt in die Philosophie des Clubs. Hoffenheim hat ihn lange beobachtet“, sagt Hoogma Senior.

Die Konkurrenz kauft fleißig ein

Der HSV ist nicht einzige Bundesligist, der in der Innenverteidigung sucht. Auch der 1. FC Köln, der im Winter zunächst Mavraj verloren hatte, braucht nach dem Ende des Leihgeschäfts mit Neven Subotic einen neuen Mann für die Abwehrmitte.

Andere Clubs konnten die Lücke schließen. Borussia Mönchengladbach hat gerade erst den vor einem Jahr vom HSV umworbenen Matthias Ginter für 17 Millionen Euro von Borussia Dortmund geholt. Der VfL Wolfsburg sicherte sich U20-Nationalspieler Felix Uduokhai von 1860 München sowie Herthas US-Nationalspieler John Anthony Brooks für 17 Millionen Euro. Mainz 05 gelang mit der Verpflichtung von Frankreichs U21-Kapitän Abdou Diallo für fünf Millionen Euro vom AS Monaco ein echter Transfercoup.

Beiersdorfer brachte HSV is missliche Lage

Nun will auch der HSV nachziehen. Den Fehler, den Dietmar Beiersdorfer vor einem Jahr machte, wollen die Hamburger nicht noch einmal begehen. Damals hatte der Sportchef nach langer Suche auf einen Transfer im Abwehrzentrum verzichtet und damit einen großen Anteil am Fehlstart in die Saison gehabt. Am Ende hatten nur Werder Bremen (64) und Darmstadt 98 (63) mehr Gegentore kassiert als der HSV (61).

Aber auch in den Vorjahren hatten die Hamburger immer wieder große Schwächen in der Defensive. Innenverteidiger kamen und gingen – das Problem blieb. 2013/14 hatte der HSV ligaweit zwar die meisten Innenverteidiger (sechs), am Ende aber auch die meisten Gegentore (75).

In der kommenden Saison will der HSV wieder zurück zur defensiven Stabilität finden. Mergim Mavraj ist in jedem Fall überzeugt, dass diese Mission gelingen wird – auch wenn kein Neuer mehr dazu kommt. „Auch Gideon Jung hat auf der Position gut gespielt“, sagt Mavraj. Die Suche nach dem vierten Innenverteidiger wird der HSV entgegen seines humorvollen Vorschlags allerdings nicht einstellen.