Hamburg/Buchholz. HSV will seine Kaderplanung finalisieren. Kapitän Sakai erklärt derweil, nicht mehr im defensiven Mittelfeld spielen zu wollen.
Im Laufschritt eilten Pierre-Michel Lasogga und Aaron Hunt am Sonntagmorgen auf den Trainingsplatz, um noch rechtzeitig auf das neue Mannschaftsfoto zu kommen. Es musste schnell gehen. Um 10 Uhr standen die Fotografen bereit, um den Kader für die kommende Bundesligasaison abzulichten. Als das offizielle Bild nach wenigen Minuten fertig war, hatten sich auch die beiden Offensivspieler auf dem 28 Spieler umfassenden Foto für die Spielzeit 2017/18 verewigt.
Ob Lasogga und Hunt auch noch dabei sind, wenn der HSV in vier Wochen zum ersten Pflichtspiel im DFB-Pokal beim VfL Osnabrück antritt, gehört allerdings noch zu den Fragezeichen in der Kaderzusammenstellung des HSV. „Uns liegen derzeit weder Angebote noch Anfragen für unsere Spieler vor“, sagte Sportchef Jens Todt am Sonntag am Rande der Trainingseinheit.
Dass sich der Club noch im Offensivbereich reduzieren will, hatte Trainer Markus Gisdol noch am Sonnabend nach dem Benefizspiel in Buchholz zugunsten der Familie von Timo Kraus verdeutlicht. „Unser Kader ist noch etwas unausgewogen. Für die hinteren Positionen haben wir einen Tick zu wenig Spieler und für die vorderen vielleicht den einen oder anderen überzählig. Es wäre gut, wenn wir das noch in Einklang bringen könnten“, sagte der Hamburger Cheftrainer.
Innenverteidiger soll diese Woche kommen
Doch da es auf der Seite möglicher Abgänge kaum Bewegung gibt, will der HSV jetzt nicht länger warten mit der Finalisierung der Zugänge. Die wichtigste Planstelle in der Innenverteidigung soll möglichst noch in dieser Woche besetzt werden, damit Gisdol für das zweite Trainingslager vom kommenden Sonnabend bis zum 1. August im österreichischen Leogang mit dem Neuzugang planen kann. „Wir haben den Kreis der Kandidaten deutlich eingegrenzt und versuchen das jetzt umzusetzen. Wir konzentrieren uns dabei total auf die Innenverteidigung“, sagte Todt.
Einer der Kandidaten ist Stefano Denswil vom FC Brügge. Der 24-jährige Niederländer, der bei Ajax Amsterdam ausgebildet wurde und für alle U-Nationalteams seines Landes spielte, ist beim belgischen Erstligisten noch bis 2020 unter Vertrag und wäre entsprechend teuer. „Es kommt letztlich auch darauf an, wen wir uns leisten können“, sagte Todt und deutete damit an, dass Investor Klaus-Michael Kühne bei einem möglichen Transfer helfen müsste.
Die Besetzung des vierten Innenverteidigers hat für den HSV derzeit Priorität vor einem neuen Linksverteidiger, der ebenfalls noch kommen soll. Seit dem Wochenende hat Trainer Gisdol zumindest wieder einen deutlich größeren Kader im Trainingsbetrieb. Die Nationalspieler Gotoku Sakai, Albin Ekdal, Bobby Wood, Filip Kostic, Mergim Mavraj, Gideon Jung und Julian Pollersbeck sind aus dem Urlaub zurück und absolvierten am Sonntag ihre erste Einheit. Gisdol ließ in zwei Gruppen trainieren. „Wir müssen jetzt alle auf einen Stand bringen. Das wird noch etwas dauern“, sagte der Coach.
Gisdol testet Behounek als Santos-Backup
Vier Wochen bis zum Pokal und fünf Wochen bis zum Ligastart gegen den FC Augsburg bleiben Gisdol noch, seine Formation zu finden. In Buchholz kristallisierte sich erneut heraus, dass der HSV in der kommenden Saison vermutlich in einem System mit zwei Stürmern spielen wird. Neuzugang André Hahn und Luca Waldschmidt durften wie schon im ersten Test gegen Rotenburg zunächst beginnen. Lewis Holtby, der im Vorjahr unter Gisdol fast immer als Zehner spielte, übernahm eine defensivere Rolle. „Jetzt ist die Zeit, die Mannschaft sauber auszubilden und zu formen“, sagte Gisdol.
Vor allem auf den Außenverteidiger-Positionen experimentierte der Trainer. Youngster Vasilije Janjicic (18), eine der Entdeckungen der Vorsaison im defensiven Mittelfeld, durfte sich rechts hinten ausprobieren. Jonas Behounek (18), einer der Gewinner der bisherigen Vorbereitung, wurde links in der Viererkette getestet. Der Jungprofi ist gelernter Rechtsverteidiger und probt jetzt den Seitenwechsel als Alternative zu Douglas Santos.
Sakai will außen verteidigen
Dass sich der HSV bei der Suche nach einem weiteren Linksverteidiger Zeit lässt, hat auch mit der Vielseitigkeit von Kapitän Sakai zu tun. Der Japaner, der in der Vorsaison häufig im defensiven Mittelfeld aushelfen musste, will wieder als Außenverteidiger spielen – ob rechts oder links. „Wir haben genug Sechser im Team, deswegen muss ich mir wohl keine Sorge machen, dass ich wieder zentral spiele“, sagte Sakai.
Die Rolle als Kapitän würde der 26-Jährige erneut ausfüllen. „Wenn es weitergeht, mache ich meinen Job zu 100 Prozent. Und wenn nicht, dann auch zu 100 Prozent“, sagte Sakai, der wegen seiner vorbildlichen Einstellung im vergangenen Herbst von Gisdol zum Kapitän ernannt wurde. Gegen Buchholz war der vom VfL Wolfsburg umworbene Nicolai Müller erstmals Spielführer.
Papa: Bin ein Soldat fürs Team
Mit Kyriakos Papadopoulos hat der HSV einen weiteren Spieler, der die Rolle ausfüllen könnte. Der Grieche, der aus dem Urlaub mit Wadenproblemen zurückgekehrt war, konnte das Testspiel schmerzfrei absolvieren. Die Kapitänsfrage hat sich der 25-Jährige bislang nicht gestellt. „Ich bin immer da, wenn ich gebraucht werde. Ich bin ein Soldat für die Mannschaft. Wer Kapitän ist, spielt keine Rolle“, sagte Papadopoulos, der im Abwehrzentrum an der Seite von Mavraj gesetzt ist.
In Kürze bekommen die beiden nach Bjarne Thoelke einen weiteren Herausforderer. „Wir wollen taktisch einen Schritt vorankommen, deshalb ist es wichtig, Konkurrenzkampf zu haben“, sagte Gisdol. „Gerade im Abwehrverbund ist es wichtig, ein eingespieltes Team auf den Platz schicken zu können. Wir haben noch einiges vor uns.“ Anders gesagt: Sportchef Jens Todt hat in den nächsten Tagen einiges vor sich.