Hamburg. Der Direktor Sport ist als Einziger aus der HSV-Führung nach der Ausgliederung noch da. Dafür gibt es gute Gründe.

Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer? Nicht mehr da. Manager Peter Knäbel? Weg. Marketing-Vorstand Joachim Hilke? Vergangenheit. Finanzchef Frank Wettstein? Kam erst später dazu. Aufsichtsratsvorsitzender Karl Gernandt? Zurückgetreten. Mediendirektor Jörn Wolf? In China. Trainer Mirko Slomka? Ach, Trainer ...

Und Direktor Sport Bernhard Peters? Der ist als Einziger von denen, die bei der Gründung der HSV Fußball AG vor drei Jahren in Amt und Würden kamen, noch im Club. Dabei gehörte sein Name stets zu den meistgenannten, wenn es darum ging, Schuldige für die sportliche Misere der vergangenen Jahre zu benennen. Hatte er mal Angst um seinen Job? „Ich arbeite sehr gern hier, bin da aber auch recht gelassen und selbstbewusst. Ich habe um mich oder meine Familie nie Sorge. Wenn der HSV mich eines Tages nicht mehr möchte, ist das eben die Entscheidung. Dann geht woanders eine neue Tür auf.“

Peters: HSV-Entwicklung schneller als in Hoffenheim

Aber das scheint eben nicht nötig. Peters hat sich etabliert. „Ich bin mit der Entwicklung in vielen Bereichen zufrieden“, sagt der 57-Jährige fast auf den Tag genau drei Jahre nach seinem Wechsel nach Hamburg: „Wir haben mit einem guten Team in den drei Jahren vieles in die richtige Richtung bewegt. Das ging hier schneller, als in den ersten Jahren in Hoffenheim.“

Alle Leistungsmannschaften im Nachwuchs haben tabellarisch besser abgeschnitten als im Jahr davor – „aber das interessiert mich nicht“. Stattdessen geht es Peters um Übergabezahlen, Talententwicklung der Topperformer und individuelle Entwicklung der ersten fünf Spieler pro Jahrgang. 80 Prozent der U-19-Spieler laufen in der neuen Saison in der Regionalligatruppe auf, im Jahr davor waren es 72 Prozent. „Wir haben einige Jungprofis näher an den Profikader herangeführt. Vasilije Janjicic, Bakery Jatta, Finn Porath und Jonas Behounek sind Beispiele, die zeigen, dass es anfängt zu funktionieren.“

Talente wie Fiete Arp scharren mit den Hufen

Auch Mats Köhlert und Fiete Arp, Christian Stark und Törles Knöll scharren schon mit den Hufen. Toptalente, die immer enger an die Bundesliga ranrücken. „Es geht darum, dass man die individuell und mit einem klaren Plan ständig begleitet“, erklärt Peters. „Da denke ich, werden wir jetzt den nächsten Schritt machen können.“

Bei der TSG Hoffenheim, woher er 2014 nach acht Jahren zum HSV kam, habe es fünf Jahre gedauert, „dann ging es richtig ab. Die TSG hat heute acht klasse Spieler im Profikader aus der eigenen Akademie. Ich weiß, dass es beim HSV genauso sein wird, wenn wir hier den Verstand behalten und ruhig weiterarbeiten“, sagt der ehemalige Hockey-Bundestrainer. Das Scouting internationaler Toptalente für die Spitze der Leistungskader müsse jedoch besser werden, meint Peters. „Wenn du Toptalente von der U15 an gut ausbilden kannst, ist die Wahrscheinlichkeit, dass man sie mit guter Wertsteigerung entwickeln kann, noch wesentlich größer.“

Die Entwicklung geht zum Kunstrasenplatz

Finanziell geht es dem Club eben nicht so gut wie der Konkurrenz, Leipzig und Wolfsburg können im Jugendbereich Nationalspieler mit viel Geld locken. „Da gibt es bei uns Grenzen, so ist es eben. Unser Plus ist ein anderes: Wir entwickeln für jeden Spieler einen individuellen Plan mit dem wir überzeugen können.“ Auf dem Campus seien die Rahmenbedingungen top. Dazu gehören die zwei neuen Kunstrasenplätze. Da werde die Entwicklung im Fußball ohnehin immer mehr hingehen, meint Peters. Die Spieleigenschaften seien besser, Technik effektiver zu vermitteln und die Plätze immer zu nutzen: „Gerade wenn man sieht, dass wir hier acht Monate lang schlechtes Wetter haben. Die neue Generation von Kunstrasen ist die Zukunft und nicht aufzuhalten.“

Für Aufsehen im Nachwuchs hatte der Trainerwechsel bei der U21 gesorgt. Dirk Kunert verließ den Club, obwohl das junge Team mit Platz fünf in der Regionaliga Nord eine starke Saison spielte. Für ihn rückte Christian Titz aus der U17 nach oben. „Wir wollen unsere Trainer fördern“, begründet Peters die Entscheidung: „Dazu gehört, dass man ihnen individuelle Motivationsziele gibt. Christian Titz hat gezeigt, dass er Spieler entwickeln und auf dem Weg zum Profifußballer entscheidend weiterbringen kann.“

Eine neue HSV-Identität?

Die Jugendtrainer werden von Peters und Nachwuchskoordinator Sebastian Harms und dem technischen Leiter Fußball, Matthias Kreuzer, intensiv gecoacht. Analysen, Videos, Workshops – alles mit dem Ziel, die Trainer in den Bereichen Vermittlungskompetenz, Fachkompetenz und Persönlichkeitskompetenz weiterzubilden. „Es gibt klare Spielprinzipien, die wir festgelegt haben und nun gemeinsam fortschreiben“, sagt Peters: „Dadurch fühlen sich alle beteiligten Personen gut mitgenommen, identifizieren sich noch mehr mit unserem Verein somit entsteht auch eine Identität des HSV.“

Mit all dem hat Peters den Aufsichtsrat überzeugt. Und auch Alexander Otto, ohne dessen Millionen-Spende der HSV-Campus nicht möglich gewesen wäre. Peters ist also noch immer da und sieht langsam die Früchte seiner Arbeit reifen. „Mir wurde auch vom Aufsichtsrat bestätigt, dass der Bereich Nachwuchs funktioniert. Das ist es, was mich in erster Linie interessiert“, sagt er. „Ich bin für nicht viel anderes im Leben zu gebrauchen, aber das kann ich. Das habe ich beim Deutschen Hockey-Bund und in Hoffenheim bewiesen und mache das auch hier beim HSV. Aber es braucht seine Zeit."