Gelsenkirchen/Hamburg. Lasogga trifft, wird an alter Wirkungsstätte zum Helden des Tages und muss gehen. Am Sonntag schaute er am Millerntor vorbei.
Ein kurzes Nicken am frühen Morgen danach muss an Emotion reichen. „Pierre, danke für dein Tor“, ruft ein noch immer enthusiastischer HSV-Fan Pierre-Michel Lasogga kurz vor dem Auslaufen am Volkspark zu. Doch der Held des Vortags, dessen Last-Minute-Treffer zum 1:1 auf Schalke den HSV wieder einmal am Leben erhalten hatte, bewegt den Kopf nur leicht zum Gruß und joggt gemütlich auf den Trainingsplatz.
Fast auf die Minute 17 Stunden zuvor wirkte dieser sonst immer so gemütliche Sturmbär wie verwandelt. Lasogga breitete die Arme aus, als ob er jeden einzelnen der rund 7000 mitgereisten Hamburger umarmen wollte, und sprintete. 20, 40, 60 Meter, einmal über den ganzen Platz.
„Das klingt zwar blöd – aber vor dem Anpfiff habe ich schon gedacht: Oh, in der zweiten Halbzeit spielen wir auf die Nordkurve. Das ist dann ein ganz schön weiter Weg, wenn man ein Tor schießt“, berichtete Lasogga einige Minuten später, als er sich von seinem Jubellauf erholt hatte. „Ich bin so bekloppt und will das dann auch mit den Leuten teilen.“
Das, was Pierre-Michel Lasogga mit den Leuten teilen wollte, war eine von diesen typischen „Ausgerechnet“-Geschichten. Ausgerechnet an alter Wirkungsstätte, ausgerechnet der in dieser Saison bis dahin torlose Angreifer. „Ich hatte kein einfaches Jahr und habe viel zurückgesteckt“, gab Lasogga einen seltenen Einblick in sein Seelenleben. „Jetzt bin ich überglücklich.“
Lasogga wird den HSV verlassen
Weil es in der Heimat ja am Schönsten ist, tat dem sensiblen Torjäger, der zuletzt am 22. April vor einem Jahr getroffen hatte, sein Treffer doppelt gut. „Ich bin zwölf Kilometer vom Stadion entfernt aufgewachsen, habe sieben Jahre für Schalke gespielt“, berichtete der Vielgefragte, der sich am Sonntagnachmittag St. Pauli gegen Fürth anschaute. „Man weiß ja vorher nie, ob man ein Tor schießt. Ein bisschen habe ich es mir aber gewünscht.“
Nur noch kurz den HSV retten – das hatte sich Lasogga bereits 2014 in seinem ersten Jahr an der Elbe vorgenommen – und Wort gehalten. Nach zwölf Saisontoren und dem Treffer in der Relegation gegen Fürth wurde dem Berliner Leihprofi der rote Teppich ausgerollt: 8,5 Millionen Ablöse, 3,4 Millionen Euro Gehalt – Geld spielte keine Rolle.
Kommentar: HSV muss sich von Lasogga trennen
Drei Jahre später ist alles anders. Trotz seines Überlebens-Treffers auf Schalke gilt der Garant für die Immer-wieder-Rettung als Protagonist des Niedergangs. Fußball ist ein Geschäft, für Sentimentalitäten bleibt da kein Raum. Und trotzdem sagt Lasogga: „Ich freue mich jeden Tag, Fußballer sein zu können.“ Doch bevor „Lasso“, wie er beim HSV gerufen wird, im Sommer tatsächlich gehen muss, hat er noch ein Ziel: nur noch kurz den HSV retten.