Hamburg. Verein verhängt Materialverbot und droht mit Regressforderungen, wenn die Täter ermittelt sind. Wie kamen die Rauchbomben ins Stadion?
Der HSV hat sich am Montagabend mit einem Statement zum Pyrotechnik-Eklat im Volksparkstadion geäußert. Fans in der Nordkurve hatten bei der 1:2-Niederlage gegen Darmstadt am Sonnabend unmittelbar nach Spielbeginn Rauchbomben entzündet, damit eine dreiminütige Unterbrechung erzwungen. Offenbar handelte es sich um eine Gesamtchoreografie, Rauch und Banner waren farblich aufeinander abgestimmt.
Kommentar: Wasserwerfer für die HSV-Fans?
Der Vereinsvorstand verurteilt "es aufs Schärfste, dass mit dieser Aktion Gesundheit und Sicherheit von vielen tausend Fans auf den Tribünen riskiert wurden" und kündigt an, Polizei und Ermittlungsbehörden uneingeschränkt bei der Suche nach den Tätern zu unterstützen.
Regressforderungen angekündigt
Dem HSV haben die Zündler damit einen Bärendienst erwiesen. Nicht nur steht dem Club eine Klage ins Haus, ein Fan kündigte dies jedenfalls beim Radiosender NDR 90,3 an. Zudem kühlte der Zwischenfall die Stimmung im Stadion merklich ab und brachte die Spieler aus der Konzentration, was zu der überraschenden Niederlage beigetragen haben dürfte. Den Tätern wiederum drohen laut Mitteilung des Vereins Regressforderungen und Stadionverbote von Seiten des Vereins, "insbesondere wird der HSV gegenüber den ermittelten Verursachern für eventuelle Strafen durch die DFB-Sportgerichtsbarkeit Ersatzansprüche geltend machen".
Des weiteren kündigte der HSV-Vorstand an, "die beteiligten Gruppen ein Materialverbot" zu verhängen. Außerdem würden ihnen "bis auf Weiteres" keine Choreografien oder Spruchbänder mehr genehmigt.
Kommentar: Unter Ultras regiert Stumpfsinn
Mit den üblichen sportrechtlichen Konsequenzen muss der HSV in jedem Fall rechnen. Der Deutsche Fußball-Bund hat am Montagvormittag die Ermittlungen aufgenommen. Da es sich um eine Wiederholungstat handelt – es war bereits der dritte Pyrotechnik-Vorfall beim HSV in dieser Saison –, könnten diese schmerzlich ausfallen.
Nach Abendblatt-Informationen ist das wahrscheinlichste Szenario eine Geldstrafe. Ein Teilausschluss der Zuschauer gilt hingegen als unwahrscheinlich. Vorstellbar ist aber auch, dass der DFB einen Teilausschluss zur Bewährung verhängt, der bei einer weiteren Wiederholung in Kraft treten würde.
Wie kamen die Rauchbomben ins Stadion?
Wie aber kann es sein, dass es Fans immer wieder gelingt, ihren Zündstoff ins Stadion zu schmuggeln, wo doch nach dem Anschlag von Dortmund erhöhte Wachsamkeit herrschen sollte? „Die Sicherheitsmaßnahmen sind schon verdammt gut“, versichert Carsten Klauer, Geschäftsführer des zuständigen Dienstleisters Power. Es sei aber nicht zu verhindern, dass Rauchpulver in kleinen Gebinden ins Stadion gebracht und dort zusammengeführt werde. „Da hat man wenig Möglichkeiten, es zu finden.“
HSV-Vorstandschef Heribert Bruchhagen kündigte trotzdem an, die Kontrollen zu verstärken: „Es darf uns nicht passieren, dass diese Rauchtöpfe ins Stadion kommen.“ Wobei durchaus wahrscheinlich ist, dass die Rauchtöpfe nicht erst am Spieltag, sondern schon vorher ins Stadion gelangt sind – in der Ultraszene wohl eine gängige Methode.
Rauchbomben auf der Nordtribüne beim HSV-Spiel
Im konkreten Fall gilt ein interner Machtkampf als möglicher Hintergrund der Tat. Demnach wollten die Anhänger – als Urheber gilt die Gruppierung „Poptown“ – mit der Aktion gegen einzelne Stadionverbote aufbegehren, die der HSV verhängt hatte.
Beim HSV wird noch einer weiteren Theorie nachgegangen. Demnach könnten 50 Ultras des FC Kopenhagen an der Aktion im Volksparkstadion beteiligt gewesen sein. Den HSV und den dänischen Meister verbindet seit 2005 eine Fanfreundschaft. Auch die Kopenhagener Anhänger sind wiederholt durch Pyrotechnik-Vorfälle aufgefallen, zuletzt etwa im Oktober vor dem Champions-League-Spiel beim englischen Meister Leicester City.