Hamburg. Ex-HSV-Kapitän entschuldigt sich für Trainerkritik. Durch Mavrajs Rückkehr spielt der Routinier keine Rolle mehr.

Johan Djourou und Mergim Mavraj hatten noch einiges zu besprechen. Das Training des HSV am Montagnachmittag war bereits vorbei, als die beiden noch einige Minuten zusammen auf dem Rasen saßen und sich austauschten. Während Djourou nach seiner Länderspielreise wieder bei der Mannschaft war, hatte Mavraj zum ersten Mal nach seiner fast vierwöchigen Verletzungspause wieder mit dem Team trainiert. „Das war ganz schön anstrengend“, sagte Mavraj, der sich im Pokalspiel gegen Borussia Mönchengladbach Anfang des Monats einen Sehnenanriss im Knie zugezogen hatte.

Die Rückkehr des Innenverteidigers war an diesem Nachmittag aber nicht das große Thema – auch nicht in seinem Gespräch mit Djourou. Vielmehr ging es um die Rückkehr des Schweizer Innenverteidigers zum Team. Unmittelbar nach dem Training hatte Djourou zur versammelten Mannschaft gesprochen. Es ging um sein Interview in der „Aargauer Zeitung“, das am vergangenen Freitag erschienen war. Darin hatte der 30-Jährige seinen Trainer Markus Gisdol und dessen Maßnahme, ihn im November als Kapitän abzusetzen, kritisiert. „Es war in einer Zeit, in der die Debatten begannen, ob der Trainer weg muss. Es machte den Eindruck, dass der Trainer das Problem an einen anderen Ort zu verschieben versuchte“, hatte Djourou dem Schweizer Blatt gesagt.

Djourou erhält wohl eine Geldstrafe

Nun hat sich der HSV-Verteidiger entschuldigt. „Joe hat eingeräumt, dass bestimmte Aussagen in dem Interview ein Fehler waren“, sagte Sportchef Jens Todt, der sich bereits am Mittag zunächst unter vier Augen mit Djourou zusammengesetzt hatte, ehe auch Trainer Gisdol an dem Gespräch teilnahm. Es gab deutliche Worte für Djourou. „Er wollte der Mannschaft damit nicht schaden, aber er hat uns geschadet“, sagte Todt. „Wir gehen davon aus, dass sich das nicht mehr wiederholen wird.“

Eine Suspendierung hat Djourou nicht zu befürchten. Im Raum steht eine Geldstrafe. „Wir klären das intern“, sagte Gisdol nach dem Training. Es wurde in jedem Fall deutlich, dass das Interview den sportlichen Verantwortlichen deutlich aufgestoßen hatte. „Andere Spieler sind auch frustriert, aber wir wollen hier ausschließlich über Fußball sprechen und nicht über solche Sachen. Wir brauchen Ruhe im Abstiegskampf und werden keine Störfeuer dulden“, machte Todt unmissverständlich klar.

Sogar Mavraj muss um Platz kämpfen

Bei Trainer Gisdol hatte Djourou, dessen Vertrag nach dieser Saison ausläuft, zuletzt ohnehin keinen großen Stellenwert mehr. Obwohl der ehemalige Kapitän gesund war, wurde ihm zuletzt in der Innenverteidigung Gideon Jung vorgezogen. Der 22-Jährige hat sich an der Seite von Kyriakos Papadopoulos in der Abwehrzentrale festgespielt. An diesem Dienstag (18 Uhr/Eurosport) macht Jung in Stuttgart gegen Portugal sein zweites Länderspiel für die deutsche U21-Nationalmannschaft. Am Freitag hatte er beim 1:0-Sieg gegen England sein Debüt gegeben. „Für Gideon ist das eine tolle Belohnung seiner Leistungen“, sagte Todt, der sich das Spiel in Stuttgart anschauen wird.

In der Hierarchie der Innenverteidiger hat Jung derzeit Position zwei erobert, während Djourou nur noch die Nummer vier ist. Selbst Mavraj, der bis zu seiner Verletzung als Abwehrchef gesetzt war, muss nun um seinen Platz kämpfen. Am Sonnabend geht es gegen den 1. FC Köln, den Club, den er im Winter für den HSV verlassen hatte. Mavraj hofft dann wieder im Kader zu stehen. „Bis zum Wochenende kann noch viel passieren“, sagte der Albaner, der nun mit Jung um die zweite Position in der Innenverteidigung streitet.

Gisdols Taktikspielchen mit Jung

Gisdol schätzt sowohl Jung als auch Mavraj. Will er künftig wieder mit beiden spielen, blieben ihm zwei Möglichkeiten. Er könnte zum einen Jung wieder im defensiven Mittelfeld aufstellen. Eine nicht unwahrscheinliche Variante, da Kapitän Gotoku Sakai noch an diesem Dienstag in der WM-Qualifikation mit Japan gegen Thailand spielt und erst am Donnerstag wieder in Hamburg mit der Mannschaft trainieren wird.

Die zweite Variante wäre eine Umstellung auf die Dreierkette in der Abwehr. Dann könnte Gisdol hinten mit Papadopoulos, Mavraj UND Jung spielen. Gegen England spielte Jung in dieser Formation und voraussichtlich auch heute gegen Portugal. Auch Mavraj kennt die Dreierkette gut. In Köln spielte er in dieser Variante fast ein Jahr lang. So wie im Hinspiel, als er beim 3:0-Sieg des FC gegen den HSV überzeugte.

„Ich finde die Dreierkette sehr spannend“, sagt HSV-Trainer Gisdol. „Mich reizt das, mit einer Mannschaft so flexibel zu sein, dass man beides in einem Spiel umsetzen kannst. Das eröffnet dir ganz andere Möglichkeiten. So etwas bedarf einer guten Vorbereitung, damit du das über vier bis sechs Wochen einstudieren kannst“, so Gisdol.

In der Hinrunde probierte Gisdol das Modell aus. Beim 2:5 gegen Borussia Dortmund – nach nur wenigen Tagen Vorbereitung. Es war der Auslöser des Kapitänswechsels. Johan Djourou hatte nach dem Spiel die geringe Vorbereitungszeit angesprochen. Gisdol gefiel das nicht – und machte Sakai zum Kapitän. Ein Vorgang, den Djourou nun erstmals öffentlich kritisierte. Und der nun endgültig dafür sorgen dürfte, dass der Schweizer im Duell um die Plätze in der Innenverteidigung vorerst keine Rolle mehr spielt. ​