Hamburg. Die Affäre Hilke spitzt sich rasant zu. Erst vergangene Woche hatte der Club dem früheren Marketing-Vorstand fristlos gekündigt.
Das Juristendeutsch, das der HSV am späten Montagnachmittag in der Causa Joachim Hilke gebrauchte, war so kompliziert wie das Offensivspiel der Hamburger am vergangenen Wochenende in Frankfurt: Interne Revisionsergebnisse der HSV Fußball AG hätten eine strafrechtliche Relevanz ergeben, bestätigte ein Clubsprecher auf Nachfrage. Das Ganze noch einmal auf Hochdeutsch übersetzt: Der Bundesliga-Dino erstattete Strafanzeige gegen sein früheres Vorstandsmitglied Joachim Hilke.
Überraschend kam die Anzeige gegen Hilke nicht
Wirklich überraschend kam die Anzeige nicht daher, mit der rasanten Zuspitzung der Affäre Hilke hatten allerdings die wenigsten gerechnet. Erst in der vergangenen Woche hatte der HSV dem früheren Marketingvorstand Hilke, dessen Vertrag noch bis zum 30. Juni lief, fristlos gekündigt. Zudem hatte der Club den noch anderthalb Jahre laufenden Vertrag mit dem bisherigen HSV-Dienstleister Match IQ mit sofortiger Wirkung beendet. Offiziell begründet hat der Club das Vorgehen bislang nicht. Allerdings wurde in den vergangenen Tagen inoffiziell immer wieder von Mauschelei und vom Verdacht der Veruntreuung gesprochen. Hilke, der am Montag telefonisch nicht erreichbar war, hatte dagegen eine direkte oder indirekte Beteiligung an Match IQ stets vehement bestritten.
Nun also Butter bei die Fische, wie man hierzulande sagt. Offiziell sei die Strafanzeige gegen Hilke zwar noch nicht eingegangen, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft, dies dürfte aber bereits zeitnah passieren. Welche Straftat der HSV durch die „internen Revisionsergebnisse“ festgestellt haben will, geht aus der Mitteilung des Clubs nicht hervor. „Ein Interessenkonflikt als solcher löst noch keine Strafbarkeit aus, solange er keinen wirtschaftlichen Nachteil verursacht oder den Wettbewerb behindert“, sagt Otmar Kury, Präsident der Hamburger Anwaltskammer, dem Abendblatt.
Anders als von manch einem angenommen, ist der HSV nach dem Gesetz auch nicht dazu verpflichtet, den Verdacht gegen Hilke zur Anzeige zu bringen – es sei denn, dieser hätte weitere Straftaten geplant, die durch die Strafermittler noch zu verhindern gewesen wären. Beweise hierfür liegen nicht vor.
Hilke will Freund bei der Firmengründung von Match IQ geholfen haben
Die zentrale Frage, die nun die Gerichte beantworten müssen, ist, inwiefern Hilkes Nähe zu Match-IQ-Gründer Nicholas MacGowan, der früher beim HSV als Direktor arbeitete, strafrechtlich relevant ist. Hilke selbst hat eingeräumt, seinem Freund bei der Firmengründung von Match IQ geholfen zu haben, bestreitet aber nachdrücklich, im eigenen Interesse gehandelt zu haben. „Mir sind keine Vorteile jedweder Art aus der Agenturbeziehung zugekommen“, hatte Hilke schriftlich dem Abendblatt versichert. Seinen Ursprungsplan, nach dem Aus beim HSV nun bei Match IQ zum 1. April als Geschäftsführer einzusteigen, hatte der frühere Vorstand nach den Geschehnissen der vergangenen Woche vorerst auf Eis gelegt.
Pikant: Erst vor Kurzem hat es nach Abendblatt-Informationen ein Übernahmeangebot von sieben Millionen Euro für Match IQ durch Lagardère Sports Germany (einst UFA Sports) gegeben, das die Hamburger Firma mit Sitz in Ottensen allerdings ablehnte.
Mehrheitsgesellschafter MacGowan war nach den HSV-Kündigungen unterdessen in die Gegenoffensive gegangen: „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns in keiner Weise etwas vorzuwerfen haben. Die fristlose Kündigung des HSV-Vertrages durch den HSV lassen wir zurzeit juristisch überprüfen. Eines ist jedenfalls sicher: Der HSV hat durch die Arbeit von Match IQ viel Geld verdient.“
Beim HSV wollte am Montag kein Verantwortlicher die offizielle Begründung des HSV erläutern. Zuletzt wurde HSV-Chef Heribert Bruchhagen nicht müde zu betonen, dass die Affäre Hilke Aufsichtsratssache sei. Immerhin: Mit Andreas Peters, der erst seit Kurzem im Amt ist, hat das Kontrollgremium einen echten Rechtsexperten in seinen Reihen. Der seit 2000 zugelassene Rechtsanwalt ist Partner der renommierten Kanzlei GSK Stockmann und sogar Mitglied der Deutsch-Spanischen Juristenvereinigung e.V. Dies dürfte insofern ein Vorteil sein, als die ganze Affäre Hilke Unbeteiligten auch nach der Anzeige des HSV noch immer ziemlich spanisch vorkommt.