Hamburg/Wolfsburg. Schwede fliegt früh vom Feld. HSV agiert diszipliniert, wird von Gomez aber spät ins Herz getroffen. Djourou verletzt, Fans abgestraft.

Der HSV ist mit einer ebenso unnötigen wie bitteren Niederlage ins neue Fußball-Kalenderjahr gestartet. Nach fast 60-minütiger Unterzahl kassierte die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol eine späte 0:1 (0:0)-Niederlage beim VfL Wolfsburg. Den entscheidenden Treffer erzielte Nationalspieler Mario Gomez in der 83. Minute – es war das erste Heimtor des Stürmers für die Niedersachsen überhaupt.

Der HSV musste ab der 34. Minute auf Albin Ekdal verzichten, der nach wiederholtem Foulspiel binnen fünf Minuten durch Schiedsrichter Felix Zwayer die Gelb-Rote Karte sah. Damit kassierte der HSV in fünf der letzten elf Bundesligaspiele einen Feldverweis. "Das war unnötig. Der Platzverweis war ärgerlich. Darüber müssen wir reden", kündigte Kapitän Gotoku Sakai an.

Auch Gisdol ärgerte sich über den Sünder. "Ich hätte nicht gedacht, dass sich Ekdal so eine Gelb-Rote abholt. Das geht nicht. Darüber müssen wir reden", sagte Gisdol genervt und wütend nach der 600. Bundesliga-Niederlage der Rothosen, schließlich werfen die vielen Platzverweise die Hanseaten im Existenzkampf um den Klassenerhalt immer wieder zurück. Nächste Woche beim Krimi in Ingolstadt "muss, muss mit elf Mann zu Ende gespielt werden."

Am "Sky"-Mikrofon legte Gisdol noch einmal nach: "So darf er nicht hingehen, er hat der Mannschaft extrem geschadet." Ekdal selbst kroch nach der Schelte schließlich zu Kreuze. "Das war doof von mir", sagte der 27-Jährige zu seinem ersten Platzverweis im HSV-Trikot, "es tut mir sehr leid für das Team."

Bilder der Partie:

Der HSV-Jahresauftakt in Wolfsburg

In der 83. Minute jubelte Wolfsburg über den Siegtreffer durch Mario Gomez
In der 83. Minute jubelte Wolfsburg über den Siegtreffer durch Mario Gomez © Imago/foto2press
Schiedsrichter Felix Zwayer zeigt Albin Ekdal (HSV) zunächst die Gelbe Karte
Schiedsrichter Felix Zwayer zeigt Albin Ekdal (HSV) zunächst die Gelbe Karte © WITTERS | ValeriaWitters
Der Trip nach Wolfsburg begann für den HSV mit einer Hiobsbotschaft: Johan Djourou verdrehte sich beim Aufwärmen das Knie
Der Trip nach Wolfsburg begann für den HSV mit einer Hiobsbotschaft: Johan Djourou verdrehte sich beim Aufwärmen das Knie © Witters
Für den Schweizer war ein Einsatz unmöglich
Für den Schweizer war ein Einsatz unmöglich © Witters
Für den Innenverteidiger rückte Winter-Neuzugang Kyriakos Papadopoulos (im Hintergrund) kurzfristig in die Startelf
Für den Innenverteidiger rückte Winter-Neuzugang Kyriakos Papadopoulos (im Hintergrund) kurzfristig in die Startelf © Witters
Dem Teamgeist tat die Umstellung keinen Abbruch
Dem Teamgeist tat die Umstellung keinen Abbruch © Witters
Und
Und "Papa" löste seine Aufgaben wie hier gegen Yunus Malli mit gewohnt hoher Einsatzbereitschaft © Witters
Auch der neue Abwehrchef Mergim Mavraj flog voller Leidenschaft über den Platz
Auch der neue Abwehrchef Mergim Mavraj flog voller Leidenschaft über den Platz © Witters
Auch Albin Ekdal flog – allerdings vom Platz. Der Schwede kassierte schon in der 33. Minute die Gelb-Rote Karte
Auch Albin Ekdal flog – allerdings vom Platz. Der Schwede kassierte schon in der 33. Minute die Gelb-Rote Karte © dpa
Schiedsrichter Felix Zwayer kannte keine Gnade
Schiedsrichter Felix Zwayer kannte keine Gnade © Imago/Contrast
Da nützte alles Reklamieren nichts
Da nützte alles Reklamieren nichts © Imago/foto2press
Das Kartenspiel war eindeutig
Das Kartenspiel war eindeutig © Witters
Zuvor hatte sich der HSV mit Mann und Maus gegen einen Gegentreffer gewehrt
Zuvor hatte sich der HSV mit Mann und Maus gegen einen Gegentreffer gewehrt © Witters
HSV-Trainer Markus Gisdol (l., mit Teammanager Tobias Hauke) bei der Ankunft im Wolfsburger Stadion
HSV-Trainer Markus Gisdol (l., mit Teammanager Tobias Hauke) bei der Ankunft im Wolfsburger Stadion © WITTERS | ValeriaWitters
Zum Rückrundenabschluss nominierte er erstmals Talent Vasilije Janjicic in den Bundesligakader
Zum Rückrundenabschluss nominierte er erstmals Talent Vasilije Janjicic in den Bundesligakader © WITTERS | ValeriaWitters
Der neue Abwehrchef Mergim Mavraj ist dagegen ein alter Hase
Der neue Abwehrchef Mergim Mavraj ist dagegen ein alter Hase © WITTERS | ValeriaWitters
Hier dachte Neuzugang Kyriakos Papadopoulos (r., mit Filip Kostic) noch an einen Platz auf der Bank
Hier dachte Neuzugang Kyriakos Papadopoulos (r., mit Filip Kostic) noch an einen Platz auf der Bank © WITTERS | ValeriaWitters
Die Wolfsburger Sitzgelegenheiten wurden derweil von zwei weiteren HSVern in neuen Positionen ausgetestet: Sportchef Jens Todt (l.) und Pressesprecher Till Müller
Die Wolfsburger Sitzgelegenheiten wurden derweil von zwei weiteren HSVern in neuen Positionen ausgetestet: Sportchef Jens Todt (l.) und Pressesprecher Till Müller © WITTERS | ValeriaWitters
Ansonsten hatte Todt auch in Wolfsburg stets sein Handy griffbereit – ein defensiver Mittelfeldspieler wird noch gesucht
Ansonsten hatte Todt auch in Wolfsburg stets sein Handy griffbereit – ein defensiver Mittelfeldspieler wird noch gesucht © Getty Images
Und noch ein Neuer: HSV-Vorstandsboss Heribert Bruchhagen setzte sich auf die Tribüne
Und noch ein Neuer: HSV-Vorstandsboss Heribert Bruchhagen setzte sich auf die Tribüne © Witters
Bei Wolfsburg gab Stürmer Paul-Georges Ntep sein Bundesliga-Debüt
Bei Wolfsburg gab Stürmer Paul-Georges Ntep sein Bundesliga-Debüt © Witters
Der Franzose beschäftigte HSV-Kapitän Gotoku Sakai zur Genüge
Der Franzose beschäftigte HSV-Kapitän Gotoku Sakai zur Genüge © Getty Images
Engagiert an der Seitenlinie: Wolfsburgs Trainer Valerien Ismael
Engagiert an der Seitenlinie: Wolfsburgs Trainer Valerien Ismael © dpa
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Djourou verletzt sich beim Aufwärmen

Die erste Hiobsbotschaft ereilte den Bundesliga-Dino bereits vor dem Anpfiff, als sich Ex-Kapitän Johan Djourou beim Aufwärmen das Knie verdrehte. Für den Innenverteidiger musste Winter-Neuzugang Kyriakos Papadopoulos einspringen, der seine Aufgabe wie auch der neue Abwehrchef Mergim Mavraj zuverlässig erledigte. Überhaupt agierte der HSV äußerst diszipliniert, bis zum Gegentor ließ die Defensive so gut wie nichts zu. Im Gegenteil: Nach dem Platzverweis war es sogar der Tabellen-16., der immer mehr die Offensive suchte.

Doch mehr als Halbchancen sprangen für Bobby Wood, Filip Kostic & Co. schließlich auch nicht heraus. Eine davon hätten die Hamburger gerne als noch größere Gelegenheiten gesehen, doch Zwayer verlegte ein Foul von Josuha Guilavogui an Nicolai Müller an die Strafraumgrenze. Den fälligen Freistoß setzte Kostic in die Mauer (55.).

Die Höhepunkte des Spiels

8. Minute

Erste Gelegenheit für Wolfsburg: Gomez legt ab für Malli, doch der Schuss des Neuzugangs aus Mainz landet über dem HSV-Tor.

21. Minute

Ntep narrt Sakai auf der rechten Abwehrseite und legt zurück auf Gomez. Der Versuch des Nationalspielers fliegt allerdings ebenfalls über den Kasten.

26. Minute

Erster zaghafter Vorstoß des HSV, doch weder Holtby noch Müller können an der Sechzehner-Grenze zum Abschluss kommen.

33. Minute

Platzverweis für Ekdal: Der Schwede kommt gegen Ntep zu spät und fällt den VfL-Angreifer. Nach Wolfsburger Protesten, bei denen sich Torhüter Benaglio eine Gelbe Karte einhandelt, schmeißt Schiedsrichter Zwayer den Hamburger mit Geld-Rot vom Platz.

54. Minute

Elfmeter oder nicht? Müller wird an der Strafraumgrenze gefoult, Zwayer sieht den Tatort außerhalb. Den Freistoß kann Kostic nicht ganz in Hamburgs ersten Torschuss umwandeln.

57. Minute

Erneut sind Müller und Kostic an der nächsten Offensiv-Aktion beteiligt: Der Serbe tänzelt auf links und passt quer zurück auf Müller, dem der Ball allerdings kurios verspringt.

69. Minute

Konfusion im Hamburger Strafraum nach einem Eckstoß von links, doch Bruma & Co. können den Ball nicht über die Linie drücken.

76. Minute

Wood schickt den mitgelaufenen Kostic, doch der Serbe gibt einen Schuss ab, der sich irgendwo zwischen Flanke und Torversuch bewegt. Dennoch sucht der HSV weiter sein Heil in der Offensive!

83. Minute

Tor für Wolfsburg. Ganz bitterer Nadelstich durch Gomez: Der Nationalspieler wird von Ntep bedient, der sich im Doppelpack in den Straufraum spielt. Bei der Hereingabe muss Gomez im Fünfmeterraum nur noch den Schlappen hinhalten.

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400 Fans wieder nachhause geschickt

Durch die Niederlage muss der HSV (13 Punkte) den VfL bis auf sechs Zähler ziehen lassen, bleibt aber auf dem Relegationsplatz. Denn im Parallelspiel kassierte der 17. FC Ingolstadt (12 Punkte) beim 0:1 in Schalke durch einen Treffer in der Nachspielzeit eine noch spätere Niederlage als der HSV.

Der HSV in der Einzelkritik

Dennoch hielten die Hamburger Profis nach dem Spiel die Köpfe oben. "Trotz des Platzverweises sind wir nicht auseinandergefallen und haben im Team gut gearbeitet. Das stimmt mich positiv", befand Mavraj. "Der Punkt hätte uns sicher gut getan. Wir haben wenig gegnerische Chancen zugelassen und einen guten Kampf geboten. Wir müssen das Positive rausziehen", urteilte Jens Todt über sein erstes Pflichtspiel als HSV-Sportchef.

"Es war nicht leicht, weil Hamburg sehr gut verteidigt und die Räume eng gemacht hat", analysierte Wolfsburgs Trainer Valerien Ismael. "Hamburg hat Moral gezeigt", resümierte auch Ex-HSV-Profi Marcell Jansen bei "Sky". Weniger Moral bewiesen hatten offenbar auf der Anreise einige Anhänger der Rothosen. Im Bahnhof von Hannover wurden rund 400 auffällige Fans gestoppt und nach Pyro-Aktionen von der Polizei umgehend zurück Richtung Hamburg geschickt.

HSV spielt aggressives Pressing

Vor 30.000 Zuschauern in der ausverkauften Wolfsburger Arena brachte VfL-Coach Ismael mit Yunus Malli und Paul-Georges Ntep, der das 1:0 vorbereitete, gleich zwei Wintereinkäufe. Am Spielplan der Hanseaten bei gegnerischem Ballbesitz änderte das aber zunächst nichts: Der HSV spielte von Beginn an aggressives Pressing. Allerdings ließen sich die Wölfe von dem Druck nicht beeindrucken und so sahen die Zuschauer ein temporeiches Spiel. Und die Hausherren hatten die ersten Möglichkeiten. Malli (8.) zeigte seine Fähigkeiten, verzog aus rund 15 Metern aber knapp. Auch Gomez (21.) hatte aus kurzer Distanz kein Glück. Der HSV tat sich in der Offensive hingegen ziemlich schwer.

Die Statistik

VfL Wolfsburg

Benaglio - Seguin, Bruma, R. Rodriguez , Gerhardt - Guilavogui, Luiz Gustavo - D. Caligiuri (69. Vieirinha), Malli (80. Mayoral), Ntep (89. Blaszczykowski) - Gomez. Trainer: Ismael

HSV

Mathenia - G. Sakai, Papadopoulos, Mavraj, Douglas Santos - Ekdal, Ostrzolek (84. Gregoritsch) - N. Müller, Holtby, Kostic - Wood. Trainer: Gisdol

Schiedsrichter

Felix Zwayer (Berlin)

Tore

1:0 Gomez (83.)

Zuschauer

30.000 (ausverkauft)

Gelbe Karten

Benaglio  – Ostrzolek

Gelb-Rote Karten

  – Ekdal

Torschüsse

11:11

Ecken

5:3

Ballbesitz

66:34 Prozent

Zweikämpfe

103:110

1/11

HSV igelte sich geschickt ein

Wolfsburg zeigte die reifere Spielanlage, machte aber zu wenig aus seiner Überlegenheit. Auch in Überzahl tat sich Wolfsburg gegen die defensiv gut organisierten Hamburger schwer, die Neuzugänge Mavraj und Papadopoulos ließen kaum etwas zu. Der HSV igelte sich hinten geschickt ein, versuchte nach Ballgewinnen aber auch immer wieder selber Nadelstiche in der Offensive zu setzen.

Der kleine Aufwärtstrend des Gisdol-Teams mit zuvor drei Siegen aus vier Spielen ist damit ausgerechnet im Duell mit einem direkten Konkurrenten gestoppt worden, nächste Woche ist der HSV bei Ingolstadt nun zum Siegen verdammt. Die Wölfe dagegen verhinderten durch den zweiten Heimsieg der laufenden Saison die schlechteste Hinrunde der Vereinsgeschichte (18 Punkte 2005/06).