Hamburg. Der neue HSV-Innenverteidiger bringt eine Siegermentalität mit – und den Nachweis, dass er im Zweifel sogar selbst Tore schießt.
Die kräftigen Unterarme lehnen auf dem Tisch, die Schultern sind breit zur Seite gedrückt. Dann guckt Kyriakos Papadopoulos mit einem Blick in die Runde der Kamerateams, als wolle er die zahlreichen Reporter im Bauch des Volksparkstadions am liebsten auffressen. „Ich habe keine Angst“, sind die letzten Worte des Verteidigers, während er sich am Dienstagmittag erstmals als Mitarbeiter des HSV der Öffentlichkeit präsentiert. Zuvor hatte Papadopoulos 90 Minuten mit seinen neuen Teamkollegen trainiert.
Und dabei machte der 24 Jahre alte Grieche denselben Eindruck wie bei seiner anschließenden Vorstellung. „Papa ist ein Spieler, der für seine Mannschaft durch die Wand geht“, sagte wenig später Jens Todt. Der Sportchef hatte am Tag zuvor den Vertrag mit Papadopoulos fixiert und damit seinen ersten Transfer für den HSV getätigt.
Über Risiko und Nutzen des Wechsels – Papadopoulos kommt von RB Leipzig für fünf Monate auf Leihbasis und kostet den HSV rund zwei Millionen Euro – wurde in den vergangenen Tagen viel diskutiert. 850 Tage hatte der Nationalspieler in den vergangenen fünf Jahren wegen unterschiedlicher Verletzungen gefehlt und in dieser Zeit bei Schalke 04, Bayer Leverkusen und Leipzig 113 Bundesligaspiele verpasst. Zuletzt fehlte er im Dezember für vier Wochen, weil ihm ein freier Gelenkkörper im Knie entfernt wurde.
HSV-Sportchef Jens Todt über Papadopoulos
Dennoch entschied sich der HSV, das Risiko Papadopoulos einzugehen. „Wir haben uns mit dieser Frage intensiv beschäftigt, halten das Risiko aber für vertretbar“, sagte Sportchef Todt am Dienstag. „Papa ist fit, er hat in Leipzig das volle Mannschaftstraining absolviert, es gibt da keine Schwierigkeiten.“ Am 3. Januar war Papadopoulos nach seiner Reha in Leipzig wieder ins Training eingestiegen und bestritt seitdem alle Einheiten und 15 Minuten im Testspiel gegen Ajax Amsterdam. Doch wie fit ist Papadopoulos wirklich? „Mir geht es gut. Wann ich bei 100 Prozent bin, weiß ich noch nicht“, sagte er selbst am Dienstag nach dem ersten Training.
Besondere Beziehung zu Markus Gisdol
In der 90-minütigen Einheit scheute der Neuzugang kein Risiko. Im Abschlussspiel, in dem er sich in der Innenverteidigung mit Mergim Mavraj und Johan Djourou abwechselte, warf er sich in die Zweikämpfe, wie man es aus besten Schalker Zeiten kennt. Das anfällige Knie bereitete keine Probleme. „Ab heute gebe ich alles für den HSV“, versprach Papadopoulos. „Wir brauchen Siegermentalität. Ich hoffe, die kann ich einbringen.“ Ob er schon am Sonnabend (15.30 Uhr) zum Auftakt der zweiten Saisonhälfte beim VfL Wolfsburg dabei ist? „Ich bin fit, aber das entscheidet der Trainer.“
Gisdol ließ nach der Einheit noch offen, ob der Abwehrspieler schon eine Option für Wolfsburg sei. „Das ist noch zu früh“, sagte der Trainer. „In erster Linie bin ich froh, dass ich eine Option mehr habe.“ Gisdol hatte sich schon vor Wochen mit Papadopoulos beschäftigt. Die beiden kennen sich aus ihrer gemeinsamen Schalker Zeit. Gisdol war in Gelsenkirchen zwischen 2011 und 2012 Co-Trainer unter Ralf Rangnick und Huub Stevens. „Er ist der Grund, warum ich zum HSV gekommen bin“, sagt Papadopoulos. „Wir haben immer Kontakt gehalten.“ Gisdol wollte seinen „Papa“ bereits zu 1899 Hoffenheim holen, doch ein Transfer kam nie zustande. „Ich wollte lieber bei einem großen Club spielen“, sagt Papadopoulos.
Papadopoulos köpfte das 1:0 gegen den FC Barcelona
Der 25-malige Nationalspieler, der bereits als 15-Jähriger sein Profidebüt für Olympiakos Piräus gab, kommt mit der Empfehlung von 20 Einsätzen in der Champions League zum HSV. Noch im September 2015 spielte er mit Leverkusen beim FC Barcelona – und köpfte im Camp Nou das zwischenzeitliche 1:0. „Ich mache gerne Tore“, sagte der Innenverteidiger. Seine Vorliebe für Kopfballtreffer sei auch der Grund, warum er sich die Rückennummer neun ausgesucht habe. „Ich war in der Jugend Stürmer, deswegen mag ich die Nummer.“
Am wohlsten fühlt sich Papadopoulos aber doch in der Abwehr – auch wenn er auf Schalke und in Leverkusen gelegentlich im defensiven Mittelfeld eingesetzt wurde. „Er ist ein variabler Defensivspieler. Wir haben ihn aber für die Innenverteidigung verpflichtet“, sagt Todt. Die Suche nach neuen Innenverteidigern sei mit dem Transfer nun abgeschlossen. Ursprünglich wollte der HSV im Januar noch zwei zentrale Verteidiger holen. Doch mit Mavraj, Djourou, Papadopoulos und dem wieder genesenen Gideon Jung sieht sich der Club in der Innenverteidigung offenbar gut aufgestellt.
Die Suche nach Neuzugängen konzentriert sich nun auf einen defensiven Mittelfeldspieler. Im Optimalfall könne dieser auch in der Abwehr aushelfen. „Wir lassen uns dabei nicht treiben und machen nur etwas, wenn es passt“, sagte Todt. Ähnlich hatte sich im Sommer auch sein Vorgänger Dietmar Beiersdorfer geäußert. Er fand am Ende keinen Spieler mehr für diese Position. Todt deutete an, dass ein Transfer möglicherweise erst am Ende der Transferperiode zu realisieren sei. „In der letzten Woche bis zum 31. Januar kann in der Regel noch viel passieren.“
Der Markt an Sechsern – diese Erfahrung muss Todt machen – ist aktuell überschaubar. Hoffenheims Eugen Polanski oder Dortmunds Nuri Sahin sind weiterhin im Gespräch. „Namen werde ich nicht kommentieren“, sagte Todt. Nur eines konnte er versprechen. „Wir werden für die Rückrunde eine schlagkräftige Truppe aufstellen.“
Bilder vom HSV-Training: