Hamburg/Karlsruhe. KSC-Präsident freut sich über “eine wunderbare Lösung“. Rückkehrer Jens Todt soll nach seinem Asien-Urlaub unterschreiben.
Das neueste HSV-Kapitel von Jens Todt begann am Nachmittag des 1. Januars, wo sein letztes HSV-Kapitel vor siebeneinhalb Jahren aufgehört hatte: in Asien. Seinerzeit war es der ferne Osten Japans, wo sich der damals entnervt zurückgetretene Nachwuchschef vom HSV und von seiner Enttäuschung über das frühzeitig Ende nach nur einem Jahr erholte. Diesmal tourte Todt mit seiner Familie durch Kambodscha, Thailand und Singapur, als er am späten Neujahrstag (Ortszeit) von der Einigung zwischen seinem Ex-Club Karlsruhe und seinem neuen, alten Arbeitgeber HSV erfuhr.
„Der HSV und wir haben uns geeinigt. Morgen soll der Vertrag unterschrieben werden“, bestätigte KSC-Chef Ingo Wellenreuther dem Abendblatt, was sich in den vergangenen Tagen ohnehin längst angedeutet hatte: Jens Todt wird neuer Sportdirektor des HSV, soll nach seiner Rückkehr aus Südostasien einen bereits ausgehandelten Vertrag unterschreiben. „Das ist für alle Beteiligten eine wunderbare Lösung“, sagte Wellenreuther, der mit Oliver Kreuzer bereits 2013 einen Sportchef für 650.000 Euro zum HSV verkaufte. „Der HSV darf sich über Jens Todt freuen – wir freuen uns über einen sechsstelligen Betrag.“
Bruchhagen dementiert Ablösesumme
Ganz so hoch soll das Schmerzensgeld für Todt, der nach Meinungsverschiedenheiten mit Wellenreuther ohnehin freigestellt war und dessen Vertrag im Sommer ausgelaufen wäre, diesmal aber nicht ausfallen. Laut Wellenreuther erhält der KSC eine Ablöse, zudem die Einnahmen aus einem Freundschaftsspiel, das im Sommer stattfinden soll. Beim HSV sieht man das ein wenig anders: „Über mögliche Ablösemodalitäten kann ich natürlich nichts verraten, außer so viel, dass die von einigen Medien kolportierten Vereinbarungen über Ablösesummen im sechsstelligen Bereich vollkommen absurd sind“, sagte Heribert Bruchhagen. Nach Abendblatt-Informationen erhält der KSC eine Garantiesumme von 100.000 Euro, die möglichst aus dem Freundschaftsspiel finanziert werden soll. Zudem dürfte der KSC Einnahmen aus dem Spiel, die über die 100.000 Euro hinausgehen, behalten.
Kommentar: Ein guter Start ins HSV-Jahr 2017
Ganz unabhängig von den Finanzen ließ Dietmar Beiersdorfers Nachfolger Heribert Bruchhagen keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Verpflichtung Todts für ihn die Königspersonalie des Winters ist. So machte der HSV-Vorstandschef den Wechsel Todts, den der frühere Frankfurter seit langer Zeit kennt und schätzt, nach einer kurzen Silvesternacht am frühen Neujahrsmorgen in einem Telefonat mit KSC-Chef Wellenreuther perfekt, auch wenn er öffentlich noch mauerte: „Es gibt noch keine Einigung.“
Diese soll aber auch offiziell sehr bald folgen. Und es gehört zu den Kuriositäten des Fußballs, dass mit dem früheren Hamburger Todt nun ausgerechnet der Nachfolger des früheren HSV-Sportchefs Kreuzer in Karlsruhe verpflichtet wurde, auf den wiederum Kreuzer folgte. Noch mal langsam: Der Ex-HSV-Nachwuchschef Todt beerbte Kreuzer – inklusive Diensthandy und Handynummer – in Karlsruhe als Sportchef, als dieser 2013 zum HSV wechselte. Nachdem Todt nun Ende November nach schwachem Saisonstart in Karlsruhe freigestellt wurde, war es wiederum Kreuzer, der seinen Vorgänger – diesmal aber ohne Diensthandy und Nummer – beerbte.
Todt und die Kuriositäten
Ein wenig kurios durfte es bei Todt schon immer zugehen. Der frühere Nationalspieler volontierte nach seiner aktiven Karriere (Freiburg, Bremen, Stuttgart) zunächst beim „Spiegel“ und bei „Spiegel Online“, schrieb über Kriminalfälle und Justizthemen, ehe es ihn nach vier Jahren zurück zum Fußball als HSV-Nachwuchschef zog. Es folgten Engagements in Wolfsburg, Bochum und Karlsruhe, wo es steil aufwärts ging, bis – die nächste Kuriosität – der KSC 2015 die Relegation gegen – natürlich – den HSV verlor.
Trotz der verpassten Aufstiegssensation wollte Todt mit dem damaligen KSC-Trainer Markus Kauczinski verlängern, hatte einen Vertrag bereits ausverhandelt, ehe Wellenreuther sein Veto einlegte. Es war der Anfang vom Ende der Karlsruher Zweckgemeinschaft. Immer häufiger war der etwas andere Fußballmanager Todt fortan bei seiner Familie in Potsdam anzutreffen, immer seltener in seiner kleinen Wohnung in der Karlsruher Südweststadt am Gutenbergplatz.
Beiersdorfer zögerte bei seinem Freund
Es folgte, was folgen musste: die Freistellung – und die nächste HSV-Kuriosität. Denn bereits Bruchhagen-Vorgänger Beiersdorfer, der Todt auch schon in seiner ersten HSV-Amtszeit 2008 zum HSV lotste, wollte den 46-Jährigen als Sportchef zum HSV holen, zögerte allerdings, weil er und Todt seit vielen Jahren befreundet sind. „Jens ist jemand, der sehr analytisch und strukturiert vorgeht. Er kann sehr gute Ideen entwickeln und seine Vorhaben auch umsetzen“, lobte Beiersdorfer im Abendblatt-Blog „Matz ab“. Doch das Ende der Geschichte ist bekannt: Beiersdorfer wurde wenig später durch Bruchhagen ersetzt, verzichtete anschließend nach einer Hängepartie auf die Position des Sportchefs, die nun ausgerechnet durch seinen hochgelobten Freund ausgefüllt werden soll.
Ende gut, alles gut? Als die Einigung zwischen dem HSV und Karlsruhe bekannt wurde, beeilte sich Bruchhagen am Sonntag zu versichern, dass er mit weiteren Kandidaten spreche. Doch nach Informationen des Abendblatts ist eine HSV-Entscheidung gefallen – und die heißt Todt. Mal wieder.