Hamburg. Nach den Chaostagen soll sich der HSV am Trainer ausrichten. Beiersdorfers Zukunft bleibt ungewiss.

Der HSV ist seit vier Spielen ungeschlagen – erstmals seit zehn Monaten. Die Mannschaft von Markus Gisdol hat sogar zweimal in Folge gewonnen – erstmals seit etwas mehr als einem Jahr. Sie hat ein Heimspiel gewonnen – erstmals seit acht Monaten. Und man kann einen unzweifelhaften Aufwärtstrend erkennen – gefühlt erstmals seit einer halben Ewigkeit. Das einzige Pro­blem an all dem Rosarot: Vor dem Auswärtsspiel von Blau-Weiß-Schwarz in Mainz (Sa., 15.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) scheint das alles kaum jemanden zu interessieren.

Sportplatz: Warum Beiersdorfer kein Sportchef bleiben kann

„Gibt es vielleicht auch noch sportliche Themen?“, fragte Till Müller, HSV-Pressesprecher, am Donnerstagmittag auf der turnusmäßigen Spieltagspressekonferenz, als Trainer Markus Gisdol zu allem und jedem befragt wurde. Nur nicht zum Spiel seiner Mannschaft gegen Mainz 05.

Ganz normaler HSV-Wahnsinn?

Der ganz normale HSV-Wahnsinn der vergangenen Tage? „In Sachen Geschlossenheit ist unsere Mannschaft zuletzt im Club vorangegangen.“ Der neue HSV-Chef? „Ich habe große Achtung und großen Respekt vor Heribert Bruchhagen.“ Der alte HSV-Chef? „Didi Beiersdorfer ist ein Klasse-Mensch.“ Gisdol dribbelte sich gekonnt durch den Fragenparcours, lächelte über die eine oder andere Nachfrage hinweg und musste nur einmal ein paar Sekunden zum Nachdenken schinden, als er sich nach der x-ten Beiersdorfer-Nachfrage eine kurze Trinkpause gönnte.

„Die Zusammenarbeit mit Didi ist sehr gut“, sagte Gisdol. Ist. Gegenwart. Kein war. Keine Vergangenheit. „In der aktuellen Situation ist es die sinnvollste Lösung, Didi erst einmal weiterarbeiten zu lassen.“ Gisdol erinnerte daran, dass Beiersdorfer und er bereits seit acht Wochen intensiv an mehreren Transfers arbeiten. „Das alles hat Didi federführend angefangen. Da halte ich es jetzt nicht für sinnvoll, das kurzfristig in andere Hände zu geben.“

Doch sinnvoll oder nicht sinnvoll – das waren beim HSV schon häufiger zwei unterschiedliche Paar Schuhe.

Die Aufgaben sind klar

Genau einen Tag ist es her, dass Bruchhagen bei seiner Präsentation als neuer Vorstandsvorsitzender an gleicher Stelle auch schon erschöpfend Auskunft über die kurzfristige Zukunft Beiersdorfers geben musste. Lediglich bis zum 30. Dezember würde sein Vorgänger noch beim HSV bleiben, stellte Bruchhagen auf mehrfache Nachfrage klar. „So lange bleibt er Sportchef. Wir haben festgelegt, welche Aufgaben wir bis dahin bearbeiten wollen.“

Zumindest die Aufgaben sind also klar. Nach dem Verkauf Clébers sollen noch mindestens zwei Innenverteidiger und ein defensiver Mittelfeldspieler kommen. Alles andere als klar bleibt dagegen, wer diese Aufgaben denn nun zu erledigen hat. „Ich finde es wichtig, dass es eine klare Aufgabenverteilung gibt“, sagte Gisdol, der eine klare Präferenz hat: „Ich würde mir wünschen, dass Didi die Dinge abschließen kann. Ich will vor allem ein guter Trainer sein.“

Mehr als nur ein Trainer

Doch beim HSV war ein Trainer zuletzt immer schon mehr als nur ein Trainer. Auch Gisdol-Vorgänger Bruno Labbadia musste täglich zu allem und jedem Auskunft erteilen, rieb sich als Sportchef-Pressesprecher-Trainer auf. Und dass auch Gisdol trotz seines auslaufenden Einjahresvertrags („Dafür habe ich nicht einmal im Ansatz den Kopf frei“) in den mittelfristigen HSV-Planungen eine exponierte Rolle einnehmen soll, machte Bruchhagen am Mittwoch deutlich.

„Es ist ein ganz großer Faktor bei der Auswahl und eine Selbstverständlichkeit, dass der Sportdirektor zu 100 Prozent mit Herrn Gisdol kompatibel ist, um hier ein Vertrauensverhältnis zu entwickeln“, sagte der frühere Eintracht-Frankfurt-Chef, der auch mehrfach betonte, dass auch Gisdols Transferforderungen unter allen Umständen umgesetzt werden sollen: „Wir wollen die Wünsche von Herrn Gisdol erfüllen.“

Gisdols Wunschliste längst besprochen

Bei den Neuzugängen ist Gisdols Wunschliste längst besprochen. Zwei Neue sollen bereits ins Trainingslager (5. bis 14. Januar) nach Dubai mitreisen. Beim Thema Sportchef bleibt der tatsächliche Gisdol-Wunsch dagegen unklar. Soll Beiersdorfer bleiben? Oder nach getaner Arbeit doch lieber gehen? Noch unklarer ist nur noch, was Beiersdorfer selbst eigentlich will.

Der Noch-Irgendwie-Sportchef ist abgetaucht. Nichts Genaues weiß man nicht. Nur eines: Am Sonnabend spielt Gisdols und Beiersdorfers Mannschaft um 15.30 Uhr in Mainz. Das werde wohl ein „sehr, sehr intensives Spiel“, sagt Gisdol. Mainz sei eine „hohe Hürde“. Eine Hürde, die nur kaum einer wahrnimmt.