Hamburg. Der 68-Jährige wird in Hamburg Nachfolger von Clubchef Dietmar Beiersdorfer, der bereits am Donnerstag von seiner Demission erfuhr.
Der Parkplatz mit der Nummer eins vor dem Volksparkstadion wird an diesem Montag frei bleiben. Am Sonntagabend bestätigte der Club, was sich in der vergangenen Woche angedeutet hatte. Dietmar Beiersdorfer muss seinen Platz als Vorstandsvorsitzender der HSV Fußball AG räumen. Sein Nachfolger wird ab Mittwoch Heribert Bruchhagen. „Die HSV Fußball AG hat leider nicht in genügendem Maße Erfolg und Stabilität im sportlichen Kerngeschäft entwicklen können“, sagte Aufsichtsratschef Karl Gernandt.
Beiersdorfer wurde die einstimmige Entscheidung des Kontrollgremims am Dienstag mündlich und am Donnerstag schriftlich mitgeteilt. In der vergangenen Woche waren die Gespräche mit Bruchhagen erstmals bekannt geworden. Dabei signalisierte der 68-Jährige seine Bereitschaft, in das operative Geschäft zurückzukehren. Erst im Mai hatte Bruchhagen seine Tätigkeit als Vorstandschef bei Eintracht Frankfurt nach 13 Jahren beendet und sich in den Ruhestand verabschiedet. Nun also die Kehrtwende. „Dieser Schritt war bei meinem Abschied in Frankfurt sicherlich nicht vorgesehen“, sagte Bruchhagen. „Aber wenn der HSV anfragt, dann stellt sich für jeden, der im Bundesliga-Management tätig war, die Frage einer Zu- oder Absage gar nicht. Da ist eine Zusage Pflicht.“
Entlassung nach Streit mit dem Präsidenten
Bruchhagen kehrt damit nach 21 Jahren zum HSV zurück. Zwischen 1992 und 1995 war er in Hamburg bereits als Manager tätig, wurde aber nach einem Streit mit dem damaligen Präsidenten Ronald Wulff entlassen. Eine Trennung, die Bruchhagen lange beschäftigt hat. Dass er nun zum HSV zurückkehrt und einen Vertrag bis 2019 unterschreibt, hätte er sich Anfang des Jahres wohl selbst nicht vorstellen können.
Kommentar: Die Beiersdorfer-Trennung ist der Tiefpunkt
Doch der Reiz, bei seiner alten Liebe HSV wieder der starke Mann zu werden, war offenbar größer als seine Amtsmüdigkeit. Nachdem die Gespräche zwischen ihm und dem Aufsichtsrat bekannt wurden, hatte Bruchhagen der Führungsebene von Sky am Freitag mitgeteilt, dass er seine Tätigkeit einstellen werde. Bei dme Sender arbeitet Bruchhagen seit diesem Sommer als TV-Experte. Während er sich noch am Sonnabend nicht äußern wollte, preschte Reiner Calmund, Freund von HSV-Investor Klaus-Michael Kühne und Vertrauter von Beiersdorfer, bei „Sky90“ vor und verkündete noch vor dem HSV den Wechsel an der Clubspitze.
Beiersdorfer "sehr enttäuscht"
Am späten Sonntagabend zog der HSV dann nach und veröffentlichte auf seiner Homepage die Abberufung Beiersdorfers. „Wir bedanken uns bei Dietmar Beiersdorfer für seine unermüdliche Arbeit, die in vielen Bereichen, aber eben nicht im Kerngeschäft Bundesliga, erfolgreich war“, sagte Gernandt. Beiersdorfer wird bis Jahresende die Übergabe seiner Bereiche vornehmen. „Ich muss die Entscheidung akzeptieren, bin darüber natürlich sehr enttäuscht“, sagte Beiersdorfer.
Noch Ende Juli hatte sich Beiersdorfer in Harsewinkel am Rande des Trainingslagers des HSV lange mit Bruchhagen in dessen Heimatort unterhalten. Ein halbes Jahr später übernimmt Bruchhagen nun Beiersdorfers Aufgaben. Er wird sich als Vorstandsvorsitzender um die Fachbereiche Sport, Kommunikation und um die Vertretung des HSV in der Liga kümmern und gemeinsam mit Finanzvorstand Frank Wettstein die operative Führung des Clubs übernehmen.
Für Bruchhagen schließt sich ein Kreis
Bereits vor Beiersdorfers Amtsantritt beim HSV nach der Ausgliederung im Sommer 2014 war Bruchhagen ein Kandidat für das Amt des Vorstandsvorsitzenden der HSV Fußball AG. „Es gab eine Anfrage des Aufsichtsratsvorsitzenden zu einem Gespräch. Das habe ich aber sofort abgelehnt“, sagte Bruchhagen im Abendblatt-Interview Anfang des Jahres. Nun startete Kontrollchef Gernandt einen neuen Versuch.
Für Bruchhagen schließt sich beim HSV ein Kreis. 1992 hatte ihn der damalige Präsident Jürgen Hunke zum Manager gemacht. Noch heute verbindet die beiden ein enges Verhältnis. Hunke hält Bruchhagen für den richtigen Mann beim HSV. „Ich traue ihm das Amt absolut zu. Wenn ein 70-jähriger Präsident der USA werden kann, wird Heribert ja wohl mit seinen 68 Jahren den kleinen HSV hinkriegen, ich bin da sehr optimistisch“, sagte Hunke dem Abendblatt.
Wer wird neuer Sportchef?
Unklar ist, wen Bruchhagen als neuen Sportchef mitbringt. Dass Beiersdorfer dem HSV in dieser Funktion erhalten bleibt, hatte er selbst ausgeschlossen. Ein heißer Kandidat ist Horst Heldt, mit dem der Aufsichtsrat vor Wochen bereits ein Gespräch bei Investor Kühne führte. Doch Beiersdorfer und Heldt konnten sich nicht über eine Zusammenarbeit verständigen.
In den vergangenen Wochen war Beiersdorfer nach der gescheiterten Sportchef-Suche näher an die Mannschaft und Trainer Markus Gisdol gerückt. „Unsere Zusammenarbeit ist unverändert gut“, sagte Gisdol noch am Sonnabend. Nun bekommt er nicht nur einen neuen Sportchef, sondern gleich einen neuen Clubboss an seine Seite.