Bremen. Vor dem Nordderby verrät der Werder-Trainer, wie ihn Thomas Schaaf abwarb. Im Fall Drobny muss Nouri die HSV-Fans enttäuschen.
Die Anspannung ist Alexander Nouri (37) in jeder Muskelfaser anzumerken. Der junge Trainer von Werder Bremen sitzt in der Schiedsrichterkabine des Weser-Stadions und spricht über sein erstes Nordderby als Chefcoach (Sa., 15.30 Uhr). Dabei wippt der in Buxtehude geborene Sohn einer Deutschen und eines Iraners durchgehend mit seinem Oberschenkel.
Herr Nouri, wissen Sie noch, was Sie Ende April 2009 gemacht haben?
Alexander Nouri: Ich kann mir denken, worauf Sie hinauswollen ...
... die berühmten Derbywochen zwischen dem HSV und Werder ...
Nouri: Da erinnert sich natürlich jeder dran. Ich habe damals bei Holstein Kiel gespielt. Die Derbys habe ich alle verfolgt. Das sind Momente, die sich bei mir eingebrannt haben. Das Halbfinale im Uefa Cup, die Papierkugel, das Tor von Frank Baumann. Da erinnern wir uns als Bremer natürlich gerne zurück.
Damals war das Derby ein Spitzenspiel. Am Sonnabend trifft der 18. auf den 16. Tut es Ihnen weh, dass es für beide Clubs nur noch um den Klassenerhalt geht?
Nouri: Natürlich war das damals aufgrund der Tabellensituation ein hochklassigeres Duell. Allerdings ist die Brisanz in keiner Weise verloren gegangen. Im Gegenteil. Es ist nach wie vor ein hochemotionales Spiel. Die Geschichte des Derbys dokumentiert die Bedeutung. Wir wissen alle, wie wichtig das Spiel für die Stadt und die Fans ist. Das gilt sowohl für Bremen als auch für Hamburg.
Sie sind vor den Toren Hamburgs aufgewachsen. Wie kamen Sie nach Bremen?
Nouri: Als Buxtehuder war ich häufig in Hamburg. Ich habe in der C-Jugend bei Vorwärts Wacker gespielt. Der HSV ist auf mich aufmerksam geworden, ich wäre dort fast gelandet. Als ich dann 1994 mit der Hamburger Auswahl auf einem Sichtungslehrgang in Malente war, hat mich Thomas Schaaf beobachtet. Wenig später habe ich bei Werder gespielt.
Thomas Schaaf ist schuld, dass Sie nicht zum HSV gegangen sind?
Nouri: Ich stand an einem Scheideweg und hatte mich eigentlich Richtung HSV orientiert. Thomas Schaaf war damals schon als Spieler auch Trainer im Werder-Nachwuchs. Er hat mich und meine Eltern angesprochen und uns überzeugt.
Nun stehen Sie mit 37 vor Ihrem ersten Nordderby als Cheftrainer von Werder. Müssen Sie sich noch manchmal kneifen?
Nouri: Dafür habe ich keine Zeit. Für mich und mein Trainerteam gilt es, alle Energie und Arbeit in die Vorbereitung auf das Nordderby zu legen, um unsere positive Entwicklung wieder in Zählbares umzumünzen.
Sie sprechen nach vier Niederlagen in Folge von einer positiven Entwicklung?
Nouri: Wir spüren eine positive Entwicklung. Ergebnisse sind nicht immer ein Indikator für die Arbeit. Die Rückschläge ärgern uns, wir müssen sie in Kauf nehmen, aber sie sind auch Erkenntnisgewinn. Wir müssen nur die richtigen Schlüsse ziehen.
Sie sind erst seit acht Wochen Cheftrainer. Nach vier Wochen wurden Sie gefeiert, nun wird Ihre Arbeit schon infrage gestellt. Wie geht man als junger Trainer damit um?
Nouri: So ist das Geschäft. Ich weiß, wie undifferenziert vieles betrachtet wird. Es gibt nur schwarz oder weiß. Darüber wundere ich mich nicht.
Müssen Sie sich selbst schützen?
Nouri: Die Balance zwischen An- und Entspannung zu finden, ist eine permanente innere Auseinandersetzung. Ich finde viel Ablenkung bei meinen Kindern oder in Büchern. Ich genieße die Zeit, wenn ich Zuhause bin. Meine Familie hilft mir, solange sie mir nicht alle Zeitungsartikel vorliest (lacht).
Müssen Trainer, vor allem junge Trainer, in der Branche besser geschützt werden?
Nouri: Jeder Trainer muss seinen eigenen Weg finden. Ich kann für mich sagen, dass ich ein unheimliches Vertrauen und Rückendeckung vom Verein spüre. Natürlich nehme ich die Geräusche im Umfeld wahr. An meiner positiven Grundhaltung kann das aber nicht rütteln.
Auch Markus Gisdol muss sich bereits nach acht Wochen gegen Kritiker wehren. Solidarisieren Sie sich unter den Trainern?
Nouri: Es herrscht sehr großer gegenseitiger Respekt unter den Bundesliga-Trainer. Aber Mitgefühl ist sicher nicht nötig. Man muss sich über die Mechanismen des Geschäfts im Klaren sein, wenn man sich dieser Sache verschreibt.
Sind Sie froh, dass Sie in einem ruhigeren Umfeld arbeiten können als beim HSV?
Nouri: Das kann ich nicht bewerten, es steht mir auch nicht zu, über andere Vereine zu urteilen. Natürlich spüre ich als Trainer den großen Druck, auch in Bremen. Ich muss den Spagat schaffen zwischen einer mittelfristigen Entwicklung und kurzfristigen Erfolgserlebnissen.
HSV erkämpft einen Punkt in Sinsheim:
HSV schießt zwei Tore und sendet ein Lebenszeichen
Können Sie sich vorstellen was passiert, sollten Sie auch das Derby verlieren?
Nouri: Mit so einem Szenario beschäftige ich mich nicht. Ich freue mich auf das Spiel. Und meine Spieler sollen das auch. Sie sollen sich der Verantwortung bewusst sein, wenn sie dieses Nordderby spielen, aber wir brauchen keine verkrampfte Mannschaft.
Die HSV-Fans sind etwas in Sorge, dass ihr Torhüter Jaroslav Drobny diesmal für Bremen zum Derbyhelden werden könnte. Können Sie ihnen die Sorge nehmen?
Nouri: Da muss ich die HSV-Fans enttäuschen. Drobo ist nach seinem Handgelenksbruch wieder voll ins Training eingestiegen. Wir werden genau hinschauen. Er tut uns als Persönlichkeit gut. Er ist hochanerkannt in der Mannschaft.
Das bedeutet, er wird spielen?
Nouri: Er ist auf jeden Fall eine Option.