Hamburg. Pfiffe bei der peinlichen Vorstellung zu Markus Gisdols Heim-Premiere. HSV ist zehn Stunden ohne Tor. Kuriose Papierkugel-Szene.
HSV-Trainer Markus Gisdol fand harte Worte, und sie klangen so, als rede er über eine fremde Mannschaft. „Die Mannschaft hat zurzeit keine Stabilität, keine Sicherheit." Das 0:3 gegen Eintracht Frankfurt war wie eine Bilanz der vergangenen Jahre. In dieser Verfassung schafft der HSV nicht mal mehr die Relegation, sondern steigt erstmals direkt in die zweite Liga ab. „Wir sind sehr enttäuscht, das ist ein Ergebnis, das uns wehtut“, sagte Gisdol.
Es war das erwartet clevere Spiel der starken Mannschaft von Trainer Niko Kovac: Der HSV hat sich von Eintracht Frankfurt überrollen lassen. Die Heimpremiere von Trainer Markus Gisdol ist damit gründlich in die Hose gegangen. Seit rund 600 Minuten hat der HSV kein Tor mehr geschossen. Dennis Diekmeier wurde mit Gelb-Rot vom Platz gestellt (57.).
René Adler mit drastischer Kritik
„Wir lassen uns da abschlachten und ergeben uns – und das geht nicht“, sagte René Adler dem TV-Sender Sky. „Das kann man einfach als Bundesliga-Mannschaft nicht machen.“ In der Mixed-Zone sagte Adler noch zu Journalisten: "Ich bin immer das Arschloch, das alles erklären muss..."
HSV: Für diese Einzelkritik besser nicht hier klicken
Durch das Debakel bleibt der HSV auch nach acht Bundesliga-Partien sieglos und seit sechs Spielen ohne eigenes Tor. Mittelfeldspieler Lewis Holtby (35. Minute) traf lediglich ins eigene Netz und leitete den bitteren Abend für den HSV ein. Nach der Gelb-Roten Karte für Dennis Diekmeier (57.) sorgten Shani Tarashaj (60.) und Haris Seferovic (69.) vor 52.258 Zuschauern mit ihren Treffern für den Hamburger K.o.
HSV gegen Eintracht Frankfurt
HSV: Pfiffe von den Fans schon zur Halbzeit
Die sportliche Krise des Tabellenvorletzten wird damit immer schlimmer, die Eintracht verbesserte dagegen ihren ohnehin guten Saisonstart und rückte zumindest bis zum Sonnabend auf den vierten Tabellenplatz vor. Der HSV wurde dagegen schon in der zweiten Halbzeit ständig mit Pfiffen von den eigenen Fans begleitet.
Anstatt seines Teams schien vor allem Gisdol selbst von Beginn an besonders motiviert. Bei seinem ersten Spiel im Volksparkstadion als HSV-Coach wirkte der 47-Jährige über weite Strecken wie aufgedreht, gestikulierte am Spielfeldrand und versuchte, seine Mannschaft zu unterstützen.
HSV – Eintracht Frankfurt: Liveticker und Statistik
Seine Bemühungen übertrugen sich aber kaum auf seine Spieler. Der HSV agierte ideenlos und und forderte die Eintracht kaum. Die Gäste standen in der Defensive kompakt und hatten mit den zaghaften Angriffsversuchen der Hamburger keinerlei Probleme.
Offensiv entfaltete die Eintracht selbst aber zunächst auch keine Gefahr. Trainer Niko Kovac hatte Torjäger Alex Meier überraschend auf die Bank gesetzt, wo auch Marco Russ Platz nahm. Doch die Anfeuerungsversuche des von einer Krebserkrankung geheilten Innenverteidigers hatten auf die schwache Partie zunächst auch keinen Einfluss. „Ich find's einfach nur klasse, dass Marco so zurückkommt“, sagte Frankfurts Sportdirektor Bruno Hübner in der Halbzeit dem TV-Sender Sky.
Holtby-Eigentor vor der Pause
Erst nach über einer halben Stunde kam die Eintracht zur ersten Chance des Spiels. Ein Distanzschuss des Mexikaners Marco Fabian (32.) ging allerdings knapp über die Querlatte. Noch vor der Pause bescherte Holtby den HSV-Fans dann einen negativen Höhepunkt. Nach einem Ballverlust im Mittelfeld grätschte der Mittelfeldspieler in eine flache Flanke von Branimir Hrgota und drückte den Ball vor Torwart René Adler ins eigene Netz.
Auch im zweiten Durchgang wurde nichts besser. Nach einem klaren Foulspiel an Bastian Oczipka wurde Diekmeier vom Platz geschickt, drei Minuten später sorgte die Eintracht für die Vorentscheidung. Nach schöner Vorarbeit von Fabian schoss der Schweizer Tarashaj den Ball aus kurzer Distanz ins Netz. Der kurz zuvor eingewechselte Seferovic legte nur wenige Minuten später nach – was zahlreiche HSV-Fans zum Gehen veranlasste.
„Wir haben natürlich die Hoffnung, dass wir die Kurve kriegen, dass wir unser Herz in die Hand nehmen und wieder besser Fußball spielen“, sagte Torwart Adler.
Papierkugel: Da war doch was, HSV...
Zu einer kuriosen Begebenheit kam es in der 9. Minute. Dennis Diekmeier konnte auf der rechten Seite fast an der Grundlinie eigentlich unbedrängt flanken. Doch der HSV-Profi schoss eine auf dem Platz liegende Papierkugel weg und verfehlte oder verstolperte so den Ball, der ins Aus ging. Er nahm die Kugel zum Beweis seiner Unschuld in die Hand und zeigte sie.
Am 7. Mai 2009 war eine Papierkugel im Volksparkstadion im Halbfinale des HSV gegen Werder Bremen (2:3) auf dem Platz. Der Eckball, der zum entscheidenden Tor führte, wurde durch die Kugel mitausgelöst, die den Ball zur Ecke lenkte. Die Ecke brachte Werder damals die vorentscheidende 3:1-Führung.
HSV: Adler - Diekmeier, Ekdal, Spahic (55. Waldschmidt), Santos - Gideon Jung, Holtby - Kostic (72. Gotoku Sakai), Halilovic (46. Wood), Nicolai Müller - Lasogga
Eintracht Frankfurt: Hradecky - Chandler, Abraham, Vallejo, Oczipka (82. Tawatha) - Mascarell, Hasebe - Fabian, Gacinovic, Tarashaj (61. Seferovic) - Hrgota (76. Meier)
Schiedsrichter: Günter Perl (Pullach)
Tore: 0:1 Holtby (35., Eigentor), 0:2 Tarashaj (60.), 0:3 Seferovic (69.)
Zuschauer: 52.258
Gelb-Rote Karte: Diekmeier wegen wiederholten Foulspiels (57.)
Gelbe Karten: Gacinovic (2), Oczipka (2), Chandler (3), Fabian (3)
Erweiterte Statistik (Quelle: deltatre):
Torschüsse: 3:13
Ecken: 0:2
Ballbesitz: 44:56 Prozent
Zweikämpfe: 94:113