Hamburg. Während sich die Abwehr von selbst aufstellt, streiten davor 13 Spieler um sechs freie Stellen. Wood droht die Bank, Hunt wird spielen.

Er traf aus nahezu allen Lagen. Mit links, mit rechts, per Kopf. Pierre-Michel Lasogga hätte am liebsten gar nicht mehr aufgehört mit dem Toreschießen. Doch nach rund 70 Minuten hatte Markus Gisdol genug gesehen. Und was ihm insbesondere Lasogga im Training am Donnerstagnachmittag angeboten hatte, dürfte ihn bestätigt haben. Der HSV greift wieder an. Genauer gesagt: Gisdol lässt wieder angreifen.

Auch in seinem zweiten Spiel als Trainer der Hamburger am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) bei Borussia Mönchengladbach will Gisdol alles auf die Offensivkarte setzen. Während sich die Abwehrzentrale nach dem erneuten Rückschlag bei Kapitän Johan Djourou, der mit einem Muskelfaserriss im Oberschenkel zwei bis drei Wochen ausfällt, von selbst aufstellt, hat der Trainer im Mittelfeld sowie im Angriff eine große Auswahl. Gleich 13 Spieler streiten sich um die sechs offenen Positionen vor der Viererabwehrkette. Eine Konkurrenzsituation, die es in dieser Form lange nicht gab beim HSV. „Das ist gut“, sagt Gisdol. „Wir brauchen den Konkurrenzkampf.“

Torjäger Wood droht die Bank

Während dem Trainer die Besetzung des defensiven Mittelfelds noch etwas leichter fallen dürfte, hat er im Offensivbereich eine bemerkenswerte Kadergröße zur Verfügung. Schon jetzt ist klar, dass er am Sonnabend Härtefallentscheidungen treffen muss. „Noch ist alles offen“, sagt Gisdol, ließ aber im Training durchblicken, dass einige Nationalspieler, die in der Länderspielwoche unterwegs waren, am Sonnabend eine Pause bekommen könnten. So wie Bobby Wood, der vom Testspiel der USA auf Kuba mit Oberschenkelproblemen zurückkehrte. Oder Rechtsverteidiger Gotoku Sakai, der nach einer halben Weltreise über Japan und Australien erst am Mittwochabend wieder in Hamburg landete.

Gegen Mönchengladbach, sagte Gisdol am Donnerstag, werde die „Frische“ der Spieler eine große Rolle spielen. Ein Vorteil also für Lasogga, Luca Waldschmidt oder Aaron Hunt, die in Hamburg trainierten. „Die Spieler, die hier waren, haben ein gutes Zeugnis abgelegt“, sagte der Coach. Insbesondere Hunt, der vor zwei Wochen bei Gisdols Premiere in Berlin wegen eines privaten Trauerfalls fehlte, konnte die zwei Wochen für sich nutzen. „Aaron hat sehr gut trainiert, er gefällt mir.“

Gisdol prescht verbal vor

Gisdol geht die Aufgabe bei einem Champions-League-Teilnehmer, der die vergangenen zehn Heimspiele in der Bundesliga alle gewonnen hat, auch verbal erstaunlich angriffslustig an. „Warum sollen wir dort keine Chance haben? Wir sind nicht dazu da, etwas zu verschenken.“ Gisdol fordert trotz des letzten Tabellenplatzes ein Umdenken im Umgang mit der eigenen Qualität. „Es bringt nichts, wenn jeder sagt, Gladbach ist eine tolle Mannschaft. Dann können wir den Busfahrer auch alleine da hinschicken. Wir haben auch eine tolle Mannschaft, wir können richtig was.“

Gisdol spricht so selbstbewusst, wie es schon lange kein Trainer beim HSV mehr gemacht hat. Vorbei sein soll die Zeit des Understatements. „Ich erwarte, dass wir die Chance nutzen, Gladbach richtig wehzutun, um da etwas mitzunehmen. Mit dieser Haltung möchte ich da hinfahren.“

HSV droht schlechtester Start aller Zeiten

Und auch fußballerisch wird Gisdol wie schon beim 0:2 in Berlin den Fokus auf den Angriff legen. In seinen ersten drei Wochen in Hamburg hat der 47-Jährige daran gearbeitet, der Mannschaft seine Spielidee zu vermitteln. Und diese scheint Gisdol unabhängig vom Gegner durchziehen zu wollen. „Der Schwerpunkt liegt in der gezielten Balleroberung, um Überraschungsangriffe zu starten“, betonte Gisdol am Donnerstag. „Es geht darum, den Moment zu nutzen, wenn der Gegner nicht organisiert ist, um dann zuzuschlagen.“

Gisdol probiert es angesichts der Negativstatistik mit Positivismus. Die Zahlen sprechen allerdings für sich. Die Hamburger haben in den vergangenen vier Spielen kein Tor mehr geschossen. Mit fünf Niederlagen in Serie ohne Treffer würde der HSV einen Negativrekord einstellen. Sollte der HSV bei der Borussia verlieren, wäre es zudem mit nur einem Punkt aus sieben Spielen der schlechteste Start in der Bundesligageschichte des Dinos.

Gisdol will von all diesen Zahlen nichts hören. Der Trainer hält nichts von Momentaufnahmen. Denn eines ist angesichts der Tabellenlage in jedem Fall klar: Es kann nur aufwärts gehen.