Horst Hrubesch erhält Applaus für Verbal-Schuss gegen Profis. HSV bleibt lange Letzter. Stevens gibt Gisdol einen Rat.
Gisdol strotzt vor Optimismus
Trotz des ausgebliebenen Trainereffekts glaubt Markus Gisdol nach wie vor an die Mannschaft. "Wenn wir so auftreten wie in Berlin, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir punkten und den Bock umstoßen", sagte der neue HSV-Coach. „Wir packen das, ganz sicher.“ Gisdol strotzt vor Optimismus und will sich auch von den anstehenden Hammer-Aufgaben gegen Gladbach (A), Frankfurt (H), Köln (A) und Dortmund (H) nicht die Laune verderben lassen. „Ich gucke mehr auf uns. Wir müssen anfangen, in Lösungen zu denken.“
Lösungen bedarf es vor allem in der Offensive. Mit zwei Treffern ist der HSV die harmloseste Mannschaft der Liga, das letzte Tor schoss Bobby Wood vor 392 Minuten in Leverkusen. Doch auch hierfür meint Gisdol ein Rezept parat zu haben, um die Torflaute zu beenden. "Wir müssen häufiger aufs Tor schießen, dann werden wir auch wieder treffen." Das sei aber nur durch harte Arbeit möglich und gehe nicht von heute auf morgen. Dass durch eine offensive Spielweise auch der Gegner eine größere Chance hat, Tore zu schießen, sieht Gisdol nicht so. "Wir hatten mehr Chancen als der Gegner."
Hrubesch greift die Mannschaft an
Die Frage war natürlich knifflig. "Wenn Sie gefragt worden wären, hätten Sie zugesagt beim HSV unter den momentanen Voraussetzungen und Bedingungen?", wollte Moderator Alexander Bommes am Sonntagabend im NDR-"Sportclub" von Studiogast Horst Hrubesch wissen. Da musste die Vereinslegende doch etwas zögern, um sich dann folgende Antwort zurechtzulegen: "Ich bin nicht gefragt worden, deswegen spielt das für mich keine Rolle. Ich habe nie darüber nachgedacht." Und dann wiederholte Hrubesch das, was bereits Neu-Trainer Markus Gisdol auf seiner Antritts-Pressekonferenz in anderen Worten dargelegt hatte: "Eines ist doch klar: Der HSV ist eine Hausnummer, das muss man einfach wissen." Dadurch sei es für einen Trainer eben nicht einfach. Auch damit lasse sich der hohe Verschleiß auf diesem Posten beim HSV erklären.
Zum Auftritt von Hrubesch im "Sportclub"
"Für mich geht es darum, dass diese Mannschaft endlich in die Verantwortung kommt." Es sei zwar schön, dass sich die Spieler wie im Fall Bruno Labbadia für ihre Trainer aussprechen würden, aber "irgendwann muss ich auch einmal selber aus dem Loch kommen. Es sind nicht immer die Trainer". Bei der Vielzahl an Übungsleitern der vergangenen Jahre könnten nicht alle schlecht gewesen sein. "Ich glaube einfach: Viele sollte mal ein bisschen weniger erzählen und ein bisschen mehr laufen, ein bisschen mehr arbeiten und als Mannschaft auf dem Platz auftreten." Für diese Forderung erhielt "Hotte" schließlich den mit Abstand größten Applaus des Studiopublikums. Als er später nach einem Zitat von Pierre-Michel Lasogga nach dem Hertha-Spiel ("Wir haben gesehen, dass die Mannschaft wieder wollte") in die gleiche Kerbe schlug, brandete erneut Beifall auf.
Aber auch der Vorstand blieb von Hrubesch nicht verschont: "Da müssen sich die Leute da oben hinterfragen", sagte der 65-Jährige vor dem Hintergrund der andauernden Trainerwechsel. "Wenn ich einen Manager habe, wenn ich einen Präsidenten habe, wenn ich einen Trainer habe und wenn ich eine Mannschaft habe, dann muss ich eine Einheit haben. Wenn ich in der ersten Liga bestehen will, dann kann das nur gemeinsam gehen." Als entscheidenden Faktor dafür nannte Hrubesch den "richtigen Charakter, Einstellung und Mentalität". Diese Mentalität müsse vorgelebt werden. Gemeinsam mit Kühne müsse nun endlich ein Weg vorgegeben werden, der zeige, "was man eigentlich will".
Als Bommes wissen wollte, was Dietmar Beierdorfer angesichts der schwierigen Abhängigkeit zu Investor Klaus-Michael Kühne überhaupt tun könne, um nicht als Verliere dazustehen, sagte Hrubesch über den Vorstandsvorsitzenden: "Diese Frage hätte er sich vorher stellen müssen: Gehe ich da hin oder gehe ich nicht da hin, kann ich es oder kann ich es nicht."
Kein schöner Anblick der Tabelle
So. Durch den 4:0-Sieg der Schalker ist der HSV am Sonntag auf Platz 18 abgerutscht. Und durch die Länderspielpause wird dies auch mindestens bis zum nächsten Spiel am 15. Oktober so bleiben. Dass die Rothosen dann bei Borussia Mönchengladbach antreten müssen, macht die Aufgabe, vom Tabellenende schnell wieder wegzukommen, nicht leichter. Denn Gladbach wird gerade nach der gestrigen Klatsche von Gelsenkirchen darauf bedacht sein, durch den vierten Heimsieg in Folge zurück in die Spur zu kommen. Schwacher Trost kommt vom Stadtrivalen: Auch St. Pauli hält in der zweiten Liga die rote Laterne, kann diese aber immerhin einen Tag früher als der HSV wieder abgeben.
Bilder vom Spiel in Berlin:
Gisdols HSV-Debüt bei Hertha BSC
Stevens gibt Gisdol einen Rat
Auch ein anderer Trainer macht sich so seine Gedanken über seinen Ex-Club - und einen seiner zahlreichen Nachfolger. "Markus ist taktisch stark. Ich hoffe, dass er das an die Mannschaft vermitteln kann", sagte Huub Stevens in der Sendung "Sky90" über Markus Gisdol, dem er noch einen Rat gab: "In Hamburg muss er auf die Medien zugehen und ein Spiel spielen."
Díaz ringt Barcelona nieder
Großer Erfolg für Marcelo Díaz in der Primera Division: Der HSV-Retter durfte am Sonntagabend mithelfen, Celta Vigos Sensationssieg gegen den FC Barcelona über die Runden zu bringen. Díaz wurde nach 63 Minuten beim Stand von 3:1 eingewechselt, am Ende stand ein 4:3-Sieg des Außenseiters über den Top-Favoriten, beim dem der deutsche Nationaltorhüter Marc-André ter Stegen vor dem 2:4 folgenschwer patzte.