Hamburg. Barcelona behält den Kroaten genau im Auge. Labbadia bleibt jedoch hart - und Halilovic selbst will nun seine Brüder beschenken.
Es war schon relativ spät am Dienstagabend, als Jens Meiers Handy vibrierte. Der HSV hatte sein Erstrundenspiel im DFB-Pokal gerade 1:0 gegen den FSV Zwickau gewonnen, und Meier hatte schon einige SMS- und WhatsApp-Nachrichten von Freuden erhalten. Doch über eine Glückwunsch-Nachricht aus Spanien freute sich der HSV-Präsident ganz besonders. Der Absender: Josep Maria Bartomeu, ein guter Freund Meiers – und ganz nebenbei der Clubpräsident des FC Barcelona. Ein perfekter Saisonstart sei das ja für den HSV gewesen, so Bartomeu, der sich im fernen Katalonien vor allem über Alen Halilovics Tor des Tages gefreut haben soll: „So ein Tor ist wichtig für das Selbstvertrauen“, schrieb Bartomeu.
Halilovic also. „Natürlich schaut auch der FC Barcelona genau hin“, sagte Meier am Morgen danach. Knapp einen Monat ist es her, dass eben jener Halilovic für fünf Millionen Euro vom großen FC Barcelona ins beschauliche Hamburg gewechselt ist – selbstverständlich nicht ohne eine zuvor vertraglich festgeschriebene Rückkaufklausel. Für 10 Millionen Euro könnte der amtierende Meister der Primera División den kleinen Kroaten im kommenden Sommer zurückholen, 12,5 Millionen Euro wären im Sommer 2018 fällig. „In Barcelona hält man noch immer sehr viel von Halilovic“, sagte Meier, der den ersten Kontakt zwischen den Katalanen und HSV-Clubchef Dietmar Beiersdorfer bereits vor einem Jahr initiiert hatte.
Halilovic wurde „Man of the Match“
„Halleluja Halilovic“, titelte die „Bild“-Zeitung am Mittwoch. Auch die Überschriften „Halli, Hallo, Halilovic“ und „Hammer-Halilovic“ wurden bereits dankbar verwendet. Doch dass dieser Halilovic nicht nur für jede Menge Alliterationen gut ist, das zeigte der 20 Jahre alte Mittelfeldmann bei seinem gerade mal 30-minütigen Pflichtspieldebüt für den HSV am Montag in Zwickau. „Alen ist ein kleiner Magier mit dem Ball. Er ist unglaublich“, lobte Kumpel Kostic, nachdem Hammer-Halleluja-Halli-Hallo-Halilovic das Spiel nur acht Minuten nach seiner Einwechslung mit einem regelrechten Traumtor entschieden hatte.
Der Lohn für seinen herrlichen Dribbel-Dribbel-Kopf-hoch-Dribbel-Abschluss-Treffer: eine eher unschöne „Man of the Match“-Trophäe des DFB, die Halilovics Brüder in der Heimat bald per Post bekommen sollen, und einige sehr viel schönere Komplimente von nahezu allen HSV-Kollegen und Verantwortlichen.
„Schon im Training sieht man, dass Alen ein wahnsinniges Talent hat“, sagte am Mittag nach dem Pokalabend Trainer Bruno Labbadia. „Das sieht man vor allem dann, wenn Alen von außen mit Geschwindigkeit nach innen zieht.“
Halilovic gibt sich bescheiden
Labbadia kennt das Geschäft. Ein Tor und 30 Minuten gegen einen Drittligisten reichen aus, um einen durchaus vorzeigbaren Hype auszulösen. Und wer sich einer Welle entgegenstellt, der wird nass. Doch sich nur treiben lassen ist Labbadias Sache auch nicht. „Alen hat klasse Anlagen“, sagte der Coach, um im gleichen Atemzug zu relativieren: „Er muss aber noch viel tun. Das Gute ist, dass auch der Alen das weiß.“
HSV-Fans zündeln im Block bei Pokalsieg in Zwickau
Direkt nach dem Auslaufen am Dienstag schrieb dieser Alen zunächst brav Autogramme. Bereits am Vorabend hatte er in den Katakomben der gerade eingeweihten FSV-Arena höflich alle Fragen zu seinem gelungenen Einstand beantwortet. Selbstverständlich sei er glücklich, sagte der Alen. Nicht nur wegen seines Tores, sondern vor allem für die Mannschaft. Halilovic dribbelte sich von einer Phrase zur nächsten und umkurvte alle drohenden Fallen genauso geschickt wie zuvor seine Gegenspieler. Ob er nicht lieber von Anfang an gespielt hätte, fragte einer. „Ach, ich bin ja erst ein paar Wochen hier. Und die anderen sind ja schon ein paar Jahre hier. Ich bin einfach froh, dass wir gewonnen haben“, antwortete Halilovic, der sich auch kein zweites Mal in die „Ich will im zentralen Mittelfeld spielen“-Falle locken ließ. „Ich denke gar nicht an Positionen. Ich kann überall spielen, wo ich aufgestellt werde“, gab der Youngster diplomatisch zu Protokoll.
Barça hat Reservist Halilovic im Blick
Derartige Bescheidenheit kommt an. Nicht nur bei Labbadia, sondern auch im fernen Barcelona. Auf Abendblatt-Nachfrage bestätigte ein Clubverantwortlicher am Mittwoch, dass man selbstverständlich Halilovic ganz genau im Auge behalten werde. Öffentlich werde man sich ungern über den Neu-Hamburger äußern, aber natürlich werde jedes Spiel beobachtet werden.
„Halilovic wurde in Barcelona ja schon vor seinem ersten Spiel als kleiner Kroaten-Messi gefeiert“, sagt Meier, der froh ist, dass dieser Kroaten-Messi vorerst in Hamburg gefeiert wird. „Das machte schon Lust auf mehr“, sagt er. Nun liegt es an Trainer Labbadia, für dieses „mehr“ zu sorgen. „Nachdem der Alen relativ spät ins Training eingestiegen ist und so eine Pause von fast zwei Monaten hatte, habe ich ihm gesagt, dass er uns zum Anfang gut über die Jokerrolle helfen kann. Genau das hat er auch in Zwickau getan“, sagte Labbadia, der das kleine Zauberfüßchen wohl auch gegen Ingolstadt zunächst von der Bank aus bringen wird. „Da freut man sich als Trainer, dass er so gut zugehört hat.“
Halilovic ist jüngster kroatischer Nationalspieler (16 Jahre, elf Monate, 23 Tage), er ist jüngster Spieler in der kroatischen Liga (16 Jahre, drei Monate, elf Tage), jüngster Torschütze in Kroatien (16 Jahre, drei Monate, 19 Tage) und zweitjüngster Spieler der Champions-League-Geschichte (16 Jahre, vier Monate, sechs Tage). Und beim HSV ist der Frühreife das jüngste Versprechen auf eine bessere Spielzeit. „Der Trainer sagte mir, dass ich ruhig bleiben und auf meine Chance warten soll“, sagt Halilovic, der nach eigener Aussage warten kann. Genauso wie übrigens auch der FC Barcelona.