Verein reagiert auf leere Plätze im Volksparkstadion. Eine ähnliche Regelung gibt es in der Bundesliga nur bei Bayern und Wolfsburg.

Normalerweise ist der Erhalt der Dauerkarte ein Grund zur Freude für jeden HSV-Fan. Doch das Schreiben, das die Anhänger diesmal parallel mit der Jahreskarte erhalten haben, löste bei manchem Fan Unmut aus. Erstmals in seiner Clubgeschichte führt der HSV eine Mindestnutzung für Dauerkarten ein. So müssen die vermeintlich treusten Anhänger bei mindestens zwölf der 17 Heimspiele anwesend sein. Bei geringerer Nutzung behalte sich der Verein vor, das Vorkaufsrecht für die Folgesaison zu entziehen.

„Anhand der Auswertung der vergangenen Spielzeiten ist uns aufgefallen, dass es häufiger dazu kommt, dass Dauerkarten von ihren Besitzern leider wenig oder sogar gar nicht genutzt werden“, begründete der HSV diesen Schritt. Dies widerstrebe dem Ziel, möglichst vielen Fans einen Zugang zu den Heimspielen zu ermöglichen.

Supporters unterstützen HSV bei Einführung der Mindestnutzung

Das Konzept haben die Hanseaten gemeinsam mit dem „Ständigen Arbeitskreis Fandialog“ (SAF) sowie dem Supporters Club entwickelt. HSV-Fan und Dauerkarten-Inhaber Carsten Gutjahr kann die Beweggründe durchaus nachvollziehen. Die Pflicht, zwölf Partien besuchen zu müssen, hält er jedoch für zu hoch angesetzt. „Ich bin Polizist und daher nicht jedes Wochenende zeitlich in der Lage, die Heimspiele im Stadion zu verfolgen“, kritisiert er. „Die neu eingeführten Montagsspiele, die ab der Saison 2017/18 eingeführt werden, bringen zusätzliche Brisanz – vor allem für die vielen Fans aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen.“

Gutjahr berichtet außerdem von einem Kollegen, der letzte Saison ebenfalls eine Dauerkarte für den HSV besaß, aufgrund eines Bandscheibensvorfalls aber zwei Monate ausfiel und somit nicht auf die erforderliche Mindestnutzung gekommen wäre. Der HSV teilte zwar in seinem Schreiben an die Fans mit, dass der Verkauf eines Einzelspiels über die Ticketbörse nicht als Nutzung der Dauerkarte gelte, dennoch werde man in so einem besonderen Fall eine Lösung finden. „In so einer Angelegenheit sind wir flexibel, sodass der Fan nicht sein Recht auf eine Jahreskarte verlieren würde“, sagte Mediendirektor Jörn Wolf. Außerdem könne die Jahreskarte an Freunde oder Bekannte weitergegeben werden.

Solche Einzelfälle sind auch nicht der Grund für die eingeführte Mindestnutzung. Vergangene Saison sind knapp 20 Prozent aller Dauerkartenbesitzer im Stehplatzbereich (2000) weniger als zwölfmal ins Volksparkstadion gegangen, teilte der HSV mit. Rund 950 seien sogar auf weniger als sechs Besuche gekommen.

1500 Mitglieder warten auf Stehplatz-Dauerkarte

225,70 Euro kostet eine Dauerkarte für den begehrten Stehplatzbereich auf der Nordtribüne, teurer ist es ligaweit nur im Fanblock von Darmstadt 98 (240 Euro). Am günstigsten steht man wie schon seit Jahren beim VfL Wolfsburg (130 Euro). Bei einem konstanten Ticketpreis von 17 Euro in der Fankurve rechnet sich eine Jahreskarte für den HSV bereits nach 14 Heimspielen, für die der Fan beim Kauf von Einzelkarten insgesamt 238 Euro ausgeben würde. Für zahlreiche Dauerkarten-Inhaber schien dennoch die Attraktivität des Gegners ausschlaggebend für einen Stadionbesuch gewesen zu sein.

Die häufig frei bleibenden Plätze verärgern nicht nur den HSV, sondern auch die Anhänger, die leer ausgehen. So harren rund 1500 Mitglieder aus, um eine Dauerkarte für den begehrten Stehplatzbereich auf der Nordtribüne zu ergattern – und diesen womöglich auch häufiger nutzen würden.

Auch Bayern und Wolfsburg etablierten Mindestnutzung

Die neu eingeführte Mindestnutzung für Dauerkarten ist keinesfalls ein Einzelfall in der Bundesliga. Auch beim FC Bayern München und in Wolfsburg greift eine ähnliche Regelung. Alle weiteren 15 Bundesligisten überlassen die Entscheidung ihren Fans, wie viele Spiele sie besuchen wollen. Clubs wie Dortmund und Schalke haben traditionell eine hohe Nutzungsquote. Gladbach und Bremen hätten nach eigenen Angaben eine ähnliche Problematik wie beim HSV erkannt. Dagegen vorgegangen ist aber bislang keiner der beiden Ligakonkurrenten. Auch in Darmstadt werde man die Entwicklung weiter beobachten, mit der Nutzungsquote im Aufstiegsjahr sei man aber sehr zufrieden gewesen, so ein Vereinssprecher.

Wie der HSV entwickelten auch Bayern und Wolfsburg ihr Dauerkartenkonzept gemeinsam mit den Fans. Anders als in Hamburg wird beim VfL allerdings bereits der Versuch des Verkaufs eines Einzelspiels über die Tickettauschbörse als Stadionbesuch gewertet. Beim Rekordmeister wurde die Mindestnutzung vor der abgelaufenen Saison von acht auf zehn Partien erhöht, nachdem 220 Fans wegen Nichteinhaltung das Vorkaufsrecht entzogen worden war. Seitdem verzeichneten die Münchner eine positive Entwicklung. Vor der Saison wurden gerade mal 20 Dauerkarten nicht verlängert. Ein ähnlicher Wert würde auch den HSV zufriedenstellen.